Was CIOs 2008 von Mitarbeitern erwarten

17.01.2008
Technisches Know-how ist die Pflicht, Methoden- und Prozesswissen die Kür. CIOs brauchen IT-Profis, die Prozesse gestalten und neue Themen vorantreiben, statt wie früher nur vorgegebene Abläufe auszuführen.

Der Umbau in den IT-Abteilungen der Anwenderunternehmen geht weiter. Als interne Dienstleister sollen sie zum Unternehmenserfolg beitragen und konkurrieren darin mit externen Anbietern. Kundenorientierung ist tägliche Projektpflicht. Dabei hilft rein technisches Fachwissen nicht weiter. Dazu kommen müssen eine klare Sprache, das Verständnis von Arbeitsabläufen und die Fähigkeit, mit anderen die beste Lösung zu erarbeiten. 2008 wollen darum viele CIOs das Prozesswissen und die sozialen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter fördern, wie die Umfrage der computerwoche zur Weiterbildung ergab.

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"Wir setzen auf Mitarbeiter, die mitdenken"

CW: Als CIO für den Bereich Personal & Corporate Banking sind Sie für über 4000 Mitarbeiter verantwortlich. Was ändert sich für diese, wenn Sie das so genannte Service Delivery Framework einführen?

GAERTNER: Bisher haben die IT-Mitarbeiter mehrere Rollen innegehabt, das heißt vielfältige Funktionen ausgeübt. In der modernen IT-Organisation sind Anforderungs-Management und die Bereitstellung von IT-Services klarer getrennt und unsere IT-Professionals stärker auf die Haupttätigkeiten spezialisiert. Das hat zur Folge, dass die Mehrzahl der Mitarbeiter neue Rollen übernehmen. Für jede Rolle beschreiben wir das Arbeitsportfolio und die notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen. Dieser "Kompetenz-Management-Ansatz" ist Grundlage für die mittel- bis langfristigen Entwicklungsziele der Mitarbeiter und definiert den Rahmen für entsprechende Trainingsmaßnahmen.

CW: Was heißt das konkret für die Mitarbeiter?

GAERTNER: Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen. Die Einführung von Service Delivery Frameworks erfordert ein standardisiertes IT-Prozessmodell. Dessen Ziel ist, die IT-Profis flexibel und schnell in neuen Projekten einzusetzen. Um den Mitarbeitern diese Möglichkeit zu geben, ihr Wissen und ihre Erfahrungen in möglichst vielen unterschiedlichen Projekten anwenden zu können, müssen sie Capability-Maturity-Model-Integration- (CMMI-)Trainings durchlaufen. Ein anderes Beispiel ist das Feld der Service-orientierten Architektur (SOA). Wir erstellen derzeit einen Trainingslehrplan für IT-Architekten, der diesen einen "Werkzeugkasten" an die Hand geben wird. Damit können sie ihre IT-Kollegen in den Projekten unterstützen und SOA zur Realität machen.

CW: Welche IT-Rollen sind in der neuen IT-Organisation wichtig?

GAERTNER: Wir brauchen verstärkt Mitarbeiter mit fundiertem Geschäftsverständnis rund um unsere Produkte und Prozesse. Besonders wichtige IT Rollen sind hier: Business-Analysten, Process Engineers, Projekt-Manager, IT- Architekten, Service-Manager und Relationship-Manager.

CW: Auf welche Fähigkeiten legen Sie bei Ihren IT-Professionals besonderen Wert?

GAERTNER: Für diese Rollen ist es wichtig, zwischen IT und Business zu "übersetzen", in globalen Teams zu arbeiten und die Vielfalt der Kulturen als Chance zu sehen. Wir setzen auf Mitarbeiter, die mitdenken und den Nutzen von Investitionen kommerziell bewerten und die im aktiven Dialog die Strategie der Geschäftsbereiche mit beeinflussen.

CW: Wie wirken sich diese Anforderungen auf die Weiterbildung aus?

GAERTNER: Wir haben in den vergangenen Jahren unsere Trainingskonzepte stark an modernen Sourcing-Strategien und Delivery-Modellen für IT ausgerichtet. Im Mittelpunkt unserer Trainings stehen darum Produkte und Prozesse der Geschäftsfelder, Business-Prozess-Modellierung, Business-Analyse, IT-Architektenentwicklung, SOA, Prozess-Standardisierung (CMMI) sowie Projekt-Management-Zertifizierungen. Daneben gilt es, Soft Skills wie Kommunikationstechniken, Change-Management und Führungsfähigkeiten zu trainieren.

Klaus Straub kommt es vor allem darauf an, dass seine Mitarbeiter fit in den Themen Methoden- und Prozesswissen sind. Der CIO von Audi ist sich aber bewusst, dass er auf dem Arbeitsmarkt keine Bewerber finden wird, die die Prozesse des Autobauers und die dort angewandten Methoden beherrschen. "Daher werden wir uns 2008 verstärkt auf die Qualifizierung zum Thema Prozess-Know-how und auf die professionelle Anwendung unserer Methoden konzentrieren", sagt Straub.

Technisches Detailwissen und Programmierkenntnisse verlieren bei Audi dagegen an Bedeutung. "Sie unterliegen einer immer kürzer werdenden Halbwertszeit und sind oft projektabhängig. Daher wird Wissen dieser Art oft auch bedarfsorientiert hinzugekauft", sagt der CIO. Wichtiger für die IT-Mitarbeiter von Audi werden dagegen fachliche Kompetenzen im Bereich SAP und Architektur-Management sowie soziale und Projekt-Management-Fähigkeiten, um Projektteams steuern zu können. Da die IT Prozesse gestalten und Arbeitsabläufe erneuern soll, müssen IT-Profis in Straubs Augen komplexe Zusammenhänge gut analysieren sowie integrativ in crossfunktionalen Teams arbeiten können.

Manfred Klunk setzt ein solides technisches Grundwissen als Basis voraus und sieht es als Aufgabe der Mitarbeiter an, dieses auszubauen und so die eigene Marktfähigkeit zu erhalten. Nachdem er den IT-Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) restrukturiert hatte, hat Klunk auch die Weiterbildung seiner IT-Mitarbeiter angepasst. Technische Trainings haben schon im vergangenen Jahr zugunsten des methodischen Handwerkszeugs, insbesondere im Bereich der Soft Skills, an Bedeutung verloren. Dazu der Geschäftsführer IT: "Wir haben deutlich größere Personalkosten als etwa Anbieter im Nearshore-Umfeld. Darum müssen unsere IT-Profis einen stärkeren Wertbeitrag erbringen und höherwertige Funktionen als Seniorentwickler, Architekten, Projektleiter oder Business-Analysten erfüllen." In diesen Funktionen will die KVB ein möglichst gutes und einheitliches Qualitätsniveau erzielen und lässt die betreffenden Mitarbeiter extern zertifizieren.

Die idealen IT-Profis sollen laut Klunk ferner umfassend über die Geschäftsprozesse der Kunden Bescheid wissen, und zwar auch in kundenfernen Bereichen wie dem IT-Betrieb: "Sie sollen diese Prozesse intellektuell durchdringen und Optimierungsansätze identifizieren. Dann wird eine für das Unternehmen größere Wertschöpfung erzielt."

Jens Siebenhaar, Geschäftsführer des Bereichs Corporate Organization & IT von OBI, muss ausholen: "Ein IT-Profi sollte über sehr gutes fachliches Know-how im jeweiligen Fachbereich verfügen." Dieser Satz hätte früher gereicht, um das nötige Können zu beschreiben - heute nicht mehr. Zwar werden sich Siebenhaars 300 Mitarbeiter auch 2008 regelmäßig technisch weiterbilden und sich auf Themen wie Java, SQL oder Web-Services vorbereiten: "Java ist die Programmiersprache für alle neuen Entwicklungen." Daneben sollen die Mitarbeiter aber "aufgeschlossen und flexibel auf neue Themen reagieren, innovativ sein und neue Technologien zulassen, eine hohe soziale Kompetenz, gut ausgeprägte Soft Skills wie Team-, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit mitbringen."

Da Entwicklung, Organisation und Fachbereich bei OBI nicht mehr im klassischen Sinne getrennt sind, müssen die IT-Mitarbeiter mit dem Kunden beziehungsweise den Kollegen im Business kommunizieren und werden darin gefördert. Schwerpunkte der Weiterbildung 2008 legt Siebenhaar auch auf Englischkurse, da der Baumarkt im Ausland stark expandiert, und auf Projekt-Management, da die Projektarbeit großen Raum einnimmt. Für den OBI-CIO ist die Weiterentwicklung der Mitarbeiter ein wichtiges Instrument, um ihnen langfristige Perspektiven zu geben und zu verhindern, dass sich wichtige Wissensträger einen neuen Job suchen.

Rudolf Schwarz nimmt die Kundenorientierung sehr ernst. Für ihn ist sie mehr als nur ein Schlagwort. Der CIO des Schweizer Handelsunternehmens Migros schickt seine 270 Mitarbeiter schon mal in die verschiedenen Fachbereiche oder zu den Auftraggebern, damit sie vor Ort lernen, was der Kunde will. Kundenorientierung ist für Schwarz unbedingt nötig, da die IT-Abteilung des Migros-Genossenschaftsbundes als Profit-Center organisiert ist und mit externen Dienstleistern konkurriert.

Weitere Schwerpunkte legt er auf Projekt-Management- und Führungsfähigkeiten. Aber auch die Spezialistenausbildung bleibt wichtig, so der CIO: " Dazu zähle ich Konvergenzthemen im Telekommunikationsbereich, über die viel geredet und geschrieben wurde und die jetzt endlich zu greifen beginnen. Weiter gehören breite SAP-Kenntnisse und das Wissen rund um Web-Services dazu." Da die IT-Welt immer globaler wird, sieht Schwarz den idealen IT-Mitarbeiter als "Bauführer", der gut vernetzt ist und Kompetenzen bündeln kann.

Rudolf Geile, CIO der Göttinger Sartorius AG, fragt vor jeder Einführung einer neuen Technik, welchen Nutzen die IT für das Geschäft bringt. Er richtet daran auch die Weiterbildung seiner 65 Mitarbeiter aus. Sie sollen sich ein umfassendes betriebswirtschaftliches Wissen aneignen und die Prozesse der eigenen Firma "perfekt beherrschen". Ist das der Fall, können die IT-Profis Prozessveränderungen nicht nur begleiten, sondern auch anstoßen und als Projektleiter gestalten.

Folgerichtig stehen in diesem Jahr vor allem Trainings in der Prozessanalyse, -entwicklung und -gestaltung, im Change-Management und im methodischen Bereich an. Dazu kommen situative Schulungen für internationale Projekte. Zudem sollen Kenntnisse in Betriebswirtschaft und Projekt-Management vermittelt werden. Technische Themen sind für Geile wie für viele seiner CIO-Kollegen die Basis. Um aber das Unternehmen im Markt und die IT innerhalb der Firma besser zu positionieren, braucht es seiner Ansicht nach wirtschaftliches und Prozesswissen.

Goy-Hinrich Korn geht es beruflich gut. Sein Arbeitgeber, die Maschinenfabrik Bernard Krone, wächst rasant. Zuletzt stieg die Produktion innerhalb eines Jahres um 50 Prozent. Diese Dynamik muss die IT aushalten können. Goy-Hinrich Korn führte deshalb in zwei Werken bereits flächendeckend SAP-Software ein. Der CIO legt Wert darauf, dass seine 25 Mitarbeiter die Werkzeuge, die sie bedienen, beherrschen: " Für die IT bedeutet dies, dass wir uns insbesondere rund um SAP (SCM, ICH, Programmierwerkzeuge, XI) weiterbilden." Darüber hinaus schätzt er ein bestimmtes persönliches Profil: Auch beim Mittelständler brauchen IT-Profis soziale Kompetenz und Teamfähigkeit, sollen engagiert und bereit sein, sich zu verändern und vor allem immer wieder zu lernen. Denn, so Korns Fazit: "Techniken kann man erlernen."