Business-Process-Management

Was BPM-Pakete wirklich leisten

09.04.2008
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Als CEO von Camunda, einem Anbieter von Software zur Prozessautomatisierung, ist Jakob Freund verantwortlich für die Vision und Strategie des Unternehmens. Neben einem MSc in Informatik ist er Co-Autor des Buches „Real-Life BPMN“ und ein gefragter Referent auf Technologie- und Branchenveranstaltungen.

Nutzen der Prozessautomatisierung

Der mögliche Nutzen der Prozessautomatisierung reicht über den reinen Abbau von Medienbrüchen und manuellen Aufwänden weit hinaus. Sie könnte die vielbeschworene prozessorientierte Unternehmenskultur in kleinen wie in größeren Unternehmen maßgeblich fördern. Um diese Potenziale zu erkennen, muss man das Kernprinzip der Prozessautomatisierung verstanden haben (siehe Grafik "Prozessautomatisierung").

Prozessautomatisierung bedeutet, dass eine Process Engine die Prozesse steuert.
Prozessautomatisierung bedeutet, dass eine Process Engine die Prozesse steuert.
Foto: Camunda GmbH

Prozesse automatisieren bedeutet nicht, dass hinterher alles automatisch abläuft. Es bedeutet lediglich, dass die Steuerung des Prozesses durch einen Teil der BPM-Software, die Process Engine, vorgenommen wird. Diese Engine entscheidet, wann welche Akteure (Mitarbeiter, Partner, Manager, aber auch IT-Systeme) welche Aufgaben zu erledigen haben, um das Prozessziel zu erreichen. Die Zuweisung dieser Aufgaben an menschliche Akteure erfolgt beispielsweise über Web-basierende Aufgabenlisten, virtuelle Eingangskörbe oder auch einfach per Mail. Die Zuweisung von Aufgaben an IT-Systeme sind schlicht und ergreifend Service-Calls, womit wir schon beim "Popstar" Service-orientierte Architekturen (SOA) wären, ohne dieses komplexe Thema an dieser Stelle vertiefen zu wollen. Die Process Engine "schwebt" also über allen übrigen am Prozess beteiligten Personen und IT-Systemen, und das in bestimmten Fällen sogar unternehmensübergreifend. Ein Paradebeispiel wäre hier die Bonitätsauskunft der Schufa, eine Leistung, die schon seit Jahren auch als Service auf Basis von http und XML via Internet angeboten wird. Prozesskennzahlen wie etwa Durchlaufzeiten, werden aufgrund dieser zentralisierten Steuerung zu einem Abfallprodukt, das die Engine im Rahmen der Ausführung "nach oben durchreichen" kann, wo es von Reporting-Systemen oder Business-Intelligence-Lösungen ausgewertet wird.

Natürlich sind in dieser vereinfachten Darstellung wichtige Aspekte ausgeklammert, zwei davon sollen exemplarisch skizziert werden: Die Reihenfolge der Aufgabenzuweisung orientiert sich an der definierten Prozesslogik, bestehend aus Kontrollstrukturen mit Sequenzen, Parallelisierungen, Verzweigungen, Schleifen etc.. Gerade die Verzweigungen nehmen eine zentrale Rolle ein, da diese inhaltlich häufig auf Geschäftsregeln basieren - das Business-Rules-Management (BRM) lässt grüßen. Weiterhin finden die Service Calls mitnichten immer in Form von Web-Service-Calls statt. Die Mehrheit der heute anzutreffenden IT-Landschaften besteht aus Systemen, die lediglich über proprietäre Schnittstellen verfügen, seien das BAPIs, Edifact-Formate oder auch ganz individuelle Textdateien auf Segmentbasis (Flatfiles). Selbst der Eintrag in einer Datenbanktabelle durch die Engine oder einen angeschlossenen Enterprise Service Bus (ESB) kann aus Sicht der Prozessautomatisierung ein Service Call sein, wenn dieser erfolgt, um ein IT-System, das auf der Tabelle arbeitet, dadurch zur Ausführung einer Aufgabe zu bewegen. Auch wenn diese großzügige Auslegung des Servicebegriffes so manchem SOA-Evangelisten die Zornesröte ins Gesicht steigen lässt, ändert das nichts daran, welchen Herausforderungen Unternehmen bei der Prozessautomatisierung begegnen, und wie sich diese - auf pragmatische Weise - bewältigen lassen.