Guter Chef, böser Chef

Warum sich Freundlichkeit auszahlt

08.11.2007
Von Anja Dilk und Heike Littger

Missmut ist Gift für Projekte

Ulrich Renger, IT-Senior-Projekt-Manager, war im Sommer dabei und hat sich einen Satz besonders eingeprägt: Auf der menschlichen Ebene allein kann man ein Projekt nicht zum Erfolg führen. Auf der menschlichen Ebene allein kann man es jedoch in den Misserfolg führen. Der Besuch hat sich für ihn gelohnt. "Es tut gut, in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem die meisten Mitarbeiter und Führungskräfte wissen, dass der direkte Weg nicht immer der richtige ist. Und Mitarbeiter nicht auf ihren Zweck reduziert werden dürfen." Natürlich gerät auch er in Stress, wenn in einem Projekt nicht alles richtig läuft. Dennoch heißt seine oberste Devise: Freundlich und souverän bleiben. "Es sind nicht immer die Mitarbeiter, die versagen. Sondern in der Regel das System, die Vorgaben, die Prozesse, in denen sich die Mitarbeiter behaupten müssen." Renger bezeichnet sich selbst als Multiplikator: "Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus das merke ich immer wieder. Deswegen ist es so wichtig, dass man an dem Thema dranbleibt und sich die Grundregeln des wertschöpfenden Miteinanders immer wieder vergegenwärtigt: Menschen anschauen, wahrnehmen, beachten; fair bleiben, angemessen reagieren; keine vorschnellen Urteile fällen; auch gegenüber kratzbürstigen Zeitgenossen freundlich bleiben."

Wottawa weiß: Nicht alle Manager halten sich daran. Oft begegnet er Führungskräften mit mürrischen Gesichtern und monotoner, aggressiver Artikulation. "Im persönlichen Gespräch merkt man schnell, dass dort eigentlich eine ganz angenehme Person sitzt - die sich nur durch den ganzen Stress üble Angewohnheiten zugelegt hat. Und sich gar nicht bewusst ist, wie das auf die Mitabeiter wirkt."

Den Menschen im Blick haben

Tanja Baum, Agentur für Freundlichkeit: "Den Führungskräften bleibt gar keine Zeit, ihre Mitarbeiter zu führen."
Tanja Baum, Agentur für Freundlichkeit: "Den Führungskräften bleibt gar keine Zeit, ihre Mitarbeiter zu führen."

Das bestätigt auch Tanja Baum von der Kölner Agentur für Freundlichkeit. "Immer weniger Menschen müssen dieselbe Arbeit in höherer Qualität schaffen. Da bleibt Führungskräften gar keine Zeit, sich um ihre Kernaufgabe zu kümmern: das Führen ihrer Mitarbeiter, das wertschätzende Aufeinanderzugehen." Chefs sollten sich eigentlich fragen: Wie geht es meinen Mitarbeitern? Können sie auf ihrer Position all ihr Wissen und all ihre Kraft auch wirklich einbringen? Wie oft komme es vor, so die Trainerin, dass Mitarbeiter wie auf einem Schachbrett von einem Feld auf ein anderes geschoben werden. "Organisationen entwickeln sich, das ist gut und richtig", so Baum, "doch man darf nicht nur die zu besetzenden Positionen im Blick haben, sondern auch die Menschen."

Sonst ergeht es einem womöglich wie einem Unternehmen in Düsseldorf: Die Mitarbeiter des User Helpdesks wurden neu eingeteilt. Für zehn war das kein Problem, doch drei waren mit den neuen Aufgaben überfordert. Sie kannten die Produkte nicht, für die sie von nun an zuständig waren, und konnten somit Kundenanfragen nicht in der vorgegebenen Zeit bearbeiten. Sie zogen sich zurück, blafften die Anwender an, wurden krank. Anstatt der Ursache auf den Grund zu gehen, sah der Chef nur die Folgen des Mitarbeiterverdrusses. "Mit denen macht es keinen Sinn zu reden", lautete sein Kommentar. Eineinhalb Jahre hat es gedauert, bis Baum alle Beteiligten wieder an Bord hatte. "Sie hatten durch all den Stress schlichtweg verlernt, freundschaftlich miteinander umzugehen."