SAP-Landschaft im Wandel

Warum SAP S/4 HANA nicht das Business Warehouse ersetzt

23.08.2016
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Gregor Stöckler ist geschäftsführender Gesellschafter von DataVard. Davor war er 15 Jahre lang in Führungs- und Linienfunktionen bei der SAP beschäftigt. Er ist Mitglied der Schmalenbachgesellschaft und Referent auf Fach- und Führungstagungen zu Business Intelligence und Datenmanagement.
Macht SAP S/4 HANA das Business Warehouse überflüssig? Diese Frage beschäftigt seit einiger Zeit die SAP-Community. Gerade wer ein komplexes Daten-Ökosystem zu handeln hat, wird auf das BW kaum verzichten wollen.

Mit der Business Suite SAP S/4 HANA hat SAP eine vielversprechende Unternehmenssoftware entwickelt, welche die Geschäftsabläufe deutlich vereinfachen und erhebliche Kostensenkungen ermöglichen soll. Insbesondere SAP S/4HANA embedded analytics findet großen Anklang in der SAP-Welt. Immer häufiger wurden bereits Stimmen laut, die das Business Warehouse aufgrund der Analysemöglichkeiten in SAP S/4 HANA bereits für obsolet erklärten. Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass dem nicht so ist. Standard-Berichte wie Lagerbestandslisten, unkonsolidierte Gewinn- und Verlustrechnungen, Ergebnis- und Marktsegmentrechnungen, Beschaffungseffizienzberichte und ABAP-Abfragen mögen in SAP S/4 HANA schneller laufen als in jeder anderen Datenbank, dennoch ersetzt embedded analytics nicht das Business Warehouse. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

Vielfältige Systemlandschaft, inhomogene Daten

Die Aufgabe eines Business Warehouse ist nicht nur das Reporting, sondern auch ETL (Extraction, Transformation, Loading) und Data Warehousing. Mehrere ERP-, CRM-, SRM- und andere Systeme, darunter auch Non-SAP-Anwendungen, übermitteln Daten in ein Business-Warehouse-Umfeld. Diese Daten haben heterogene Strukturen und enthalten Master- beziehungsweise Metadaten. In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach Analysen dieser inhomogenen Daten immer stärker gestiegen, um unternehmerische Entscheidungen zu untermauern. Ein SAP S/4 HANA-System kann diese Analyse heterogener Daten nicht leisten, hierfür braucht es nach wie vor ein Business Warehouse.

Aufwand und Kosten rechnen sich nicht

SAP Anwenderunternehmen haben viel in ihre BW-Implementierungen investiert. Eine Menge Implementierungsaufwand und Business Know-How ist in existierende Lösungen geflossen. Das Reporting ist oftmals stark abhängig von Prozessen und Szenarien. Selbst wenn S/4 HANA all das einfach ersetzen könnte, was es nicht kann, hätte es einen enormen Implementierungsaufwand und hohe Kosten zur Folge, Reporting-Lösungen zu entwickeln, welche das Business Warehouse ablösen könnten. Die Behauptung, dass S/4 HANA einfach die existierende SAP-BW-Implementierung ersetzen könnte, ist daher meiner Meinung nach respektlos gegenüber dem Aufwand und den Kosten, die Anwenderunternehmen in existierende Implementierungen gesteckt haben.

SAP BW aus S/4 heraus nutzen

Man könnte argumentieren, dass SAP BW aus S/4 HANA heraus genutzt werden kann. SAP BW ist ein Teil von SAP NetWeaver und kann theoretisch aus jeder SAP-Installation heraus verwendet werden. Dennoch ersetzt dies noch nicht das Business Warehouse. Der Betrieb einer kombinierten Installation aus BW und ERP funktionierte in der Vergangenheit aus vielen Gründen (wie Softwarelogistik, Flexibilität, Upgrade und EHP-Zyklen, etc.) nur bei wenigen und kleinen SAP-Anwenderunternehmen. Wir sind überzeugt, dass S/4 HANA im Hinblick auf das ERP der Zukunft der richtige Weg ist. ERP-zentrische Berichte wie Cost Center oder Profit Center lassen sich einfach über die S/4-Umgebung ausführen. Als zentrale Reporting-Plattform (inklusive Data Warehouse) ist unserer Ansicht nach SAP BW on HANA der richtige Weg.

Agilität und Digitalisierung

Unternehmenskritische Systeme wie ein ERP oder S/4 HANA, welche Kernprozesse eines Unternehmens steuern und kontrollieren, müssen gewisse Regularien erfüllen: Datensicherheit, Compliance und Security Richtlinien zum Beispiel. Aber auch Entwicklungsprozesse der IT und Änderungen am System unterliegen strengen Kontrollen. Daher ist es kaum möglich, agil und flexibel mit neuen Anforderungen und Änderungen am Geschäftsprozess umzugehen. Mit der Digitalisierung und Industrie 4.0 sowie Big Data kommen zudem jede Menge weiterer Änderungen auf uns zu: diverse neue Datenquellen, schneller wachsende Datenberge, geänderte Geschäftsprozesse, Cloud und jede Menge neuer Technologie.

Wie soll ein Kernsystem, wie S/4 HANA, welches per Definition unternehmenskritisch ist und somit vielen Regularien unterliegt, hierauf reagieren? Kunden treiben mit modernen Technologien die Digitalisierung voran und SAP ist mit der Kombination aus HANA und Hadoop auf einem guten Weg, in diesem Markt eine führende Position zu besetzen. Doch genau dann ist S/4 HANA nicht mehr wie eine weitere Datenquelle die genutzt werden kann. Die Zukunft liegt nicht in monolithischen Systemen sondern in der agilen Nutzung aller Technologien und aller Daten um daraus die bestmöglichen Simulationen, Prädiktionen und Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Hadoop wird eine größere Rolle spielen

Im SAP Ökosystem wird Hadoop eine immer größere Rolle spielen. Es ist davon auszugehen, dass die SAP-Landschaft in Zukunft aus den drei Komponenten ERP (S/4 HANA), BW (BW on HANA) und Hadoop bestehen wird. Von den aktuell verfügbaren Optionen zur Verknüpfung von SAP HANA und Hadoop werden nur wenige den aktuellen Evolutions-Rausch überleben, während andere verschwinden oder in andere Lösungen integriert werden. Das Business Warehouse wird jedoch auch in Zukunft unverzichtbar sein.

Siehe auch: SAP BW/4 HANA vorgestellt