Warum Outsourcing-Projekte scheitern

19.01.2006
Von Eberhard Groetschel

Kosten genießen Priorität

Die Mitarbeiter werden durch die unklare Situation verunsichert und die Leistungsträger wandern ab, der Handlungsdruck steigt. Die Ist-Aufnahme der zu übergebenden IT wird unter Zeitdruck zumeist noch einigermaßen erledigt. Doch welche Teile der IT ausgelagert werden und wo die Schnitte zwischen internem und künftigem externen Betrieb verlaufen sollen, wird weitgehend unter Kostengesichtspunkten und leider häufig ohne Rücksicht auf die strategischen Ziele geklärt. Steht der abzugebende IT-Ausschnitt dann fest, werden im Anschluss die IT-Schnittstellen unter technischen und organisatorischen Gesichtspunkten definiert. Oft überrascht die auslagernden Unternehmen dann der Aufwand, der zur Steuerung des Dienstleisters betrieben werden muss. Das liegt weniger am externen Partner als an den Schnittstellen, die im Vorfeld nicht sauber geplant wurden. Auch dies ist eine Quelle der Unzufriedenheit mit dem Outsourcing.

Für den Erfolg eines Outsourcing-Projekts ist neben der strategischen Vorbereitung die Verhandlung des Vertrags entscheidend. In den Gesprächen kommt es zum Kräftemessen zwischen Auftraggeber und Dienstleister. Kann das auslagernde Unternehmen eine genau definierte und standardisierte Hard- und Softwarelandschaft mehreren Outsourcern zum Betrieb anbieten und lassen sich vergleichbare Offerten einholen, dann tritt das Anwenderunternehmen gestärkt in die Vertragsverhandlungen ein. Klärt sich hingegen erst im Gesprächsverlauf, etwa aufgrund der Nachfragen eines Outsourcers, der gesamte Projektumfang, gerät der Auftraggeber unter Zeitdruck und damit in die Defensive, wenn Preise und Service Level Agreements (SLAs) verschiedener Anbieter verglichen und verhandelt werden sollen.

Dumping-Angebote meiden

Zudem hat sich gezeigt, dass nur faire Verträge beiden Parteien langfristig zugute kommen. Allzu günstige Abschlüsse bringen oftmals ungeahnte Probleme, wie der Verfasser in einem Application-Management-Outsourcing-Projekt selbst feststellen musste. Erweiterungswünsche verzögerte der Outsourcer immer wieder wegen "technischer" Klärungen, und zwar so lange, bis die aus Kostengründen für mehrere Outsourcing-Kunden eingesetzten Programmierer wieder frei waren. Die Reduzierung der Leistungen ist zumeist ein schleichender Prozess und nur mit einer gewissen Zeitverzögerung zu erkennen. Durch kritische Preisvergleiche unter den Anbietern einer Größenklasse und eine Offenlegung der Faktorkosten (Flächen-, spezifische Personal-, Overhead-Kosten etc.) lassen sich zu niedrig kalkulierte Angebote aufdecken. Bei Verdacht auf ein Dumping-Angebot sollte ein anderer Partner gewählt werden.