Motivation durch Dienstwagen

Warum die Deutschen den Dienstwagen so lieben

19.09.2013
Von  und Rebecca Eisert
Thomas Joos ist freiberuflicher IT-Consultant und seit 20 Jahren in der IT tätig. Er schreibt praxisnahe Fachbücher und veröffentlicht in zahlreichen IT-Publikationen wie TecChannel.de und PC Welt.
Die Deutschen sind ein Volk von Dienstwagenfahrern. Nirgends ist der Wunsch nach einem eigenen Dienstwagen größer, und nirgends fallen sie so groß aus wie hierzulande. Warum will der deutsche Arbeitnehmer Streicheleinheiten auf Rädern?
Foto: Mikhail Bakunovich/Shutterstock

Dass die Bürger eines Landes, deren geistige Väter nicht nur Goethe und Schiller sondern auch Carl und Bertha Benz heißen, ein Faible für Autos haben, ist schon sprichwörtlich. "Das Auto ist der Deutschen liebstes Kind", sagt der Volksmund. Wie sehr die Deutschen an ihrem fahrbaren Untersatz hängen, und was sie alles darauf projizieren, zeigt sich daran, wie Arbeitgeber den Dienstwagen als Motivationsinstrument einsetzen. Dabei darf es gerne etwas mehr sein. Michael Velte, der Vorstandsvorsitzende des Verbandes markenunabhängiger Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF): "Grundsätzlich kann man sagen, dass die deutschen Dienstwagen um eine Klasse besser sind als in den meisten anderen Ländern - wer zum Beispiel hier eine Mercedes-E-Klasse fährt, hätte im Ausland vielleicht eine C-Klasse."

Dienstwagen machen hierzulande auf der Wunschliste der betrieblichen Extras immer noch das Rennen. Noch begehrter ist nur die betriebliche Altersvorsorge. Als Emnid vor gut zwei Jahren einige tausend Deutsche fragte, ob sie sich einen Dienstwagen wünschen, antworteten mehr als die Hälfte der Befragten mit "Ja". Bei den unter 30-Jährigen waren es sogar 70 Prozent.

Ein Dienstwagen, der auch privat genutzt werden darf, gilt nach der Umfrage als einer der größten Motivationshebel bei den Angestellten überhaupt. Das hat vor allem zwei Gründe: Das Auto ist in Deutschland immer noch Statussymbol. Smartphones haben sich zwar ebenfalls in die Liga der begehrtesten Besitztümer hochgearbeitet, doch das Auto und vor allem die Modelle der deutschen Premiumhersteller BMW, Audi und Mercedes haben hierzulande immer noch große Strahlkraft - gegenüber Geschäftspartnern, Familie und Nachbarn.

Detlev Mohr, Leiter der europäischen Automobilberatung bei McKinsey über die Ergebnisse einer Studie zur gesellschaftlichen Bedeutung des Autos: "Knapp 80 Prozent aller Befragten sind überzeugt, dass ihnen das Auto im Vergleich zu anderen Luxusgütern auch in Zukunft die größte Wertschätzung einbringt." Dienstwagen sind in den meisten Unternehmen das Privileg von Vorstand, Geschäftsführung und der ersten Managementebene darunter. Wer ein hübsches Modell vor der heimischen Garage stehen hat, der hofft auf die Interpretation seiner Mitmenschen: "Der fährt einen dicken Schlitten, der hat auch was zu sagen."

Auto all inclusive

Neben dem Prestigefaktor, gibt es aber auch einen ganz handfesten Grund für die große Sehnsucht der Deutschen nach einem Firmenwagen. Dank verschiedener Bezuschussungsmodelle der Arbeitgeber können sich die Angestellten meist ein besseres Auto leisten als sie es alleine könnten. Außerdem profitieren sie von einem regelmäßigen Austausch des alten in ein neues Modell. Ganz zu schweigen von praktischen Zusatzleistungen wie Reifenwechsel, Haupt- und Abgasuntersuchung, die bei vielen Fullservice-Leasing-Angeboten in den großen Firmenfuhrparks vom Arbeitgeber für die komplette Flotte eingekauft werden.

Wie der Mitarbeiter zum Wunschauto kommt

Das verbreitetste Modell, mit dem Chefs ihre Mitarbeiter locken, ist die Auswahl des Fahrzeugs und seiner Ausstattung binnen einer vorgegebenen Klasse. Innerhalb des Rahmens kann der Mitarbeiter seine Wünsche frei äußern. Für Leasing-Gesellschaften bedeutet das einen immensen Aufwand. Bis zu 40 Einzelangebote pro Mitarbeiter sind nötig, bis sich ein Kandidat für ein Modell und das passende Ausstattungspaket entscheidet, das belegen Zahlen von Lease Plan.

Wer mehr möchte als ihm laut Car Policy zusteht, kann in vielen Firmen über ein Zuzahlungsmodell zu einem besseren Wagen kommen. Der Mitarbeiter kann ein höherwertiges Fahrzeug bestellen - bezahlt das Upgrade aber selbst. Der dritte Weg führt über den Gehaltsverzicht oder die Gehaltsumwandlung. Ein Teil des Lohnes wird mit den Leasingkosten für einen Firmenwagen verrechnet. Das Modell rechnet sich für beide Seiten. Da das Bruttogehalt sinkt, sinkt auch das zu versteuernde Einkommen und damit die Steuerlast für den Arbeitnehmer.

Dafür muss er allerdings monatlich ein Prozent des Brutto-Listenpreises des Neuwagens als Dienstwagensteuer abführen. In den meisten Fällen kosten die Anschaffung und der Unterhalt des Privatfahrzeugs mehr als der Gehaltsverzicht und Steuer, so dass der Mitarbeiter vom Angebot des Arbeitgebers profitiert. Der wiederrum spart Lohnnebenkosten und kann die Anschaffung den Unterhalt des Wagens steuerlich als Betriebsausgaben geltend machen.