IT im Anlagenbau/ Kommentar

Warten auf IT

21.02.1997

Der deutsche Anlagenbau war verwöhnt durch langjährige Erfolge im In- und Ausland. Genauigkeit, Pünktlichkeit, Fleiß oder kürzer: deutsche Mentalität war gefragt als Voraussetzung für Qualität und Langlebigkeit. Die harte Mark, abgesicherte Kredite, der Handshake des Bundeskanzlers in China oder Brasilien, und schon stiegen die Kurse des Großanlagenbauers X wieder. Das Kraftwerk, die Fertigungsstraße, das Bergwerk etc. beschäftigte Tausende vor Ort und viele Mitarbeiter hierzulande.

Das Szenario hat sich entscheidend verändert: Zwar lockt mittlerweile die etwas schwächere Mark, doch hat der Ruf deutscher Pünktlichkeit in den letzten Jahren erheblich gelitten. Deutsche Mentalität beinhaltete bislang eben auch eine gewisse Entscheidungsschwäche in Sachen IT-Einsatz und damit Schwerfälligkeit im Time-to-market-Wettlauf, verglichen mit den bienenfleißigen Japanern, den ungehemmt flexiblen Amerikanern oder den technologieverliebten Franzosen, für die sich diese Liebe inzwischen auszahlt.

So wurden Konventionalstrafen häufiger, die Gewinnmargen niedriger, die Auftragslage teilweise beunruhigend. Bei der Ursachenforschung kam der Blick aufs eigene, ramponierte Image erst ganz zum Schluß, als man so recht keinen anderen Schuldigen mehr finden konnte.

Verdeutlicht sei dies an einem prominenten Beispiel aus einem einstigen deutschen Musterländle: Selbstgefällig räkelt sich der Erfahrungsträger im Chefsessel; er ruht sich auf Produkt- und Software-Designer-Lorbeeren aus. Sein Serienprodukt ist in dessen Marktsegment das schönste und beste der Welt; Ölmagnaten, Bundesminister, neurussische Businessmen und Tausende von erfolgreichen kleinen und großen deutschen Geschäfts- und Privatleuten können nicht irren. Doch Neukunden kommen erst mal in die Warteschleife: Bitte warten ... bitte warten... viele Monate lang: bitte warten!bi