Warten auf Daytona Anwender beurteilen NT als stabil - wenn auch zu langsam

19.08.1994

MUENCHEN (CW) - Ein Jahr nach dem ersten Windows-NT-Release hat das MS-Betriebssystem viel vom Glanz aus Ankuendigungszeiten verloren. Trotzdem verspricht die Hartnaeckigkeit Microsofts auf lange Sicht Erfolg, sagen amerikanische Analysten. So sind erste Anwender zwar nicht unzufrieden, doch fuer einen universelleren Einsatz warten sie die "Daytona"-Ausfuehrung ab.

Im einzelnen beurteilen NT-User das erste MS-Multiprozessor- Betriebssystem als "ziemlich stabil, aber relativ langsam" und mit hohem Verbrauch an Ressourcen behaftet, berichtet die CW- Schwesterpublikation "Computerworld". Bestaetigt Thomas Baumgaertner, Pressereferent bei der Microsoft GmbH, Unterschleissheim: "Es braucht schon 16 MB RAM, damit die Kiste fliegt." Als Konkurrenz zu Unix-Systemen sei NT jedoch nie als Massenbetriebssstem fuer den PC positioniert gewesen, so Baumgaertner. Die Beschwerden ueber Performance-Probleme kaemen zumeist von Intel-Anwendern, die erwarteten, ihre Applikationssoftware laufe besser auf NT. Bei Microsoft heisst es offiziell, die Anwender hielten sich im Kauf von NT aufgrund eines ".0-Syndroms" zurueck, aus Angst vor zu vielen Fehlern in einem Haupt-Release. Doch mussten Unternehmenssprecher einraeumen, dass Anwender moeglicherweise auf eine hoehere Leistungsfaehigkeit bei Daytona hofften. Daytona ist der Codename fuer Windows NT 3.5, eine Version, die eleganter, schneller und netzwerkfaehig sein soll. Die Freigabe ist fuer den kommenden Monat geplant.

Trotzdem ist das Ergebnis im Vergleich zu den Verkaufszahlen von Unix-Systemen, etwa 800 000 im Jahr 1993, gar nicht schlecht, schreibt die "Computerworld". Paine-Webber-Analyst Michael Kwatinetz schaetzt die verkauften NT-Einheiten im ersten Jahr auf 600 000. Bill Gates wollte urspruenglich eine Million Kopien an den Mann bringen.

Allerdings laesst sich der bisherige Erfolg nicht auf das Downsizing-Geschaeft zurueckfuehren. Neue Anwendungen auf Abteilungsebenen oder darunter bedingen einen hohen Prozentsatz der NT-Installationen, gab Microsoft zu. Trotzdem hat Baumgaertner in Deutschland eine "Betonung des Server-Geschaefts" ausgemacht. In der Bundesrepublik seien bislang 25 000 NT-Kopien an den Mann gebracht worden - mit 3000 bis 5000 Server-Lizenzen. Das Betriebssystem diene hauptsaechlich als Plattform fuer Back-office- Anwendungen.