Der heilsame Zwang des sauberen Denkens in Folge, Auswahl und Wiederholung:

Warnung vor "subjektiven" Struktogrammen

05.12.1980

FRIEDBERG (je) - Eine Programmstruktur läßt sich eben doch mit unterschiedlichen Darstellungsmethoden abbilden, meint CW-Leser Johannes J. Bock aus Friedberg (Bayern) und bezieht damit Stellung gegen eine Aussage von CW-Leser Ulrich-Christian Desbarats (CW-Nr. 45, Seite 8), der wiederum eine ähnliche Aussage von Jürgen Junger (CW-Nr. 41, Seite 9) kritisiert hatte. Bock ist aber auch mit der "Alternativen-Freudigkeit" nicht einverstanden, die CW-Leser Dieter Ballin in Sachen Darstellungstechnik zu erkennen gibt (CW-Nr. 45. Seite 9).

Zu Desbarats Beitrag merkt Bock an: Sinn der Strukturierung ist das Finden der Funktionen und eine übersichtliche Darstellung derselben. Es ist schon verwunderlich, wenn Desbarats es als "unrichtig" bezeichnet, daß Struktogramme und andere Darstellungsformen (etwa Ablaufpläne) nur unterschiedliche Darstellungsformen sind.

Eine Programmstruktur läßt sich natürlich mit unterschiedlichen Darstellungsmethoden abbilden. Wichtig ist nur, daß dann auch bei der Darstellung mit einem Ablaufplan mit den drei "Bausteinen" Folge, Auswahl, Schleife gearbeitet wird. Hier darf nicht vergessen werden, daß auch Jackson-Diagramme verwendet werden können.

Engagiert und mit einem Schuß Ironie wendet Bock sich sodann dem Thema "Darstellungstechnik" zu, mit dem Ballin sich befaßt hatte: In Ballins Beitrag zeigt sich wunderschön, wie jeder Programmierer unter Strukturierung etwas anderes versteht. Wenn dann zusätzlich noch "Alternativen für Schleifendarstellung", wahrscheinlich auch für Auswahlvarianten, erfunden werden, ist das sicher auch eine Art der Darstellung, aber eben nur eine "subjektive".

Kein engagierter EDV-Mann hat Probleme, noch andere Möglichkeiten zu finden. Fällt eigentlich jemandem auf, daß auf der einen Seite derzeit sehr viele Veröffentlichungen zu Software-Entwicklungstechniken erscheinen und über die Software-Krise in den Führungsebenen viel diskutiert wird, auf der anderen Seite aber bei den fundamentalen Darstellungstechniken noch keine gemeinsame Sprache gefunden wurde?

Dies erschreckt natürlich vor allem dann, wenn diese "subjektiven" Struktogrammdarstellungen von DV-Bildungsexperten - wie Ballin (d. Red.) - gelehrt werden. Man sollte noch einmal klar sagen:

Bock greift das von Volker Elstermann in CW-Nr. 30 konstruierte und später von Junger, Ballin und Desbarats übernommene Beispiel einer Auftragserfassung per Bildschirm auf und stellt es grafisch in den drei von ihm behandelten Techniken dar. Bei den bisher veröffentlichten Lösungen, meint er, liegt das Problem möglicherweise darin, daß nicht deutlich genug zwischen der Iteration und anderen Abfragen unterschieden wurde. Wir brauchen, sagt er, keine neuen "Bausteine", um die Struktur darstellen zu können, sondern müssen uns einfach mehr sauberes Denken - in Folge, Auswahl, Wiederholung - angeswöhnen.

Bock weiter: Dies fällt am Anfang etwas schwer und man vermißt die Möglichkeit, durch einen Pfeil oder einen Konnektpunkt "zürückzuverzweigen". Doch wenn man an so einem Punkt ist, weiß man ganz genau, daß die Programmstruktur mit den verwendeten Strukturelementen nicht übereinstimmt. Diese "harte" Methode kommt besonders bei den Nassi-Stukturen zum Ausdruck.

Zwingen wir uns - so Bocks Schlußappell - zu mehr Programmphilosophie, und suchen wir nicht nach anderen Elementen, nur weil uns die heilsamen Zwänge der drei Darstellungsbausteine nicht passen; nach zwei oder drei so erstellten Programmen stellen sich die Erfolge dann ein.