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"Warnung vor Communitys ist Aufruf zur Selbstzensur"

30.03.2009
Von pte pte

Gefahren in Social Networks

Zeger: Den Community-Mitgliedern droht von drei Seiten Gefahr. Zum einen von den Betreibern selbst, die die preisgegebenen User-Daten zu kommerziellen Zwecken auswerten. Weiters von Außenstehenden, etwa Personalabteilungen, die private Community-Äußerungen zur Bewertung beruflicher Qualifikationen heranziehen und drittens von Zeitgenossen, die im Schutz einer relativen Anonymität andere Personen anprangern, denunzieren und verleumden. Gegen diese "drei Feinde" muss die Gesellschaft die Community-Teilnehmer schützen.

Wie gefährlich ist die Datenspur, die User dort hinterlassen, wirklich?

Zeger: Community-Portale werden heute meist mit dem erhobenen Zeigefinger abgehandelt. Die Diskussion erinnert dabei aber eher an die alten Debatten zur Schädlichkeit von Comics, Fernsehen oder Filmen als an eine angemessene Analyse des Web-2.0-Phänomens. Sogenannte "Datenschützer", die vor einer Teilnahme warnen, rufen in Wirklichkeit zur Selbstzensur und Beschränkung der eigenen Meinungsäußerung auf. Das ist nicht hilfreich. Es geht nicht darum Daten zu schützen, sondern die Grundrechte der Menschen zu sichern. Eine aufgeklärte, an Grund- und Freiheitswerten orientierte Gesellschaft muss die Menschen ermutigen, mit neuen Mitteln ihre Meinungen zu äußern und ihr Leben zu gestalten.

Sicherheitsbehörden und Datenschützer warnen Eltern und Kinder unermüdlich vor den Gefahren, die im Web auf sie lauern. Besonders die Communitys sind in diesem Zusammenhang bereits des Öfteren in die Kritik geraten. Was halten Sie von dem zunehmend lauter werdenden Ruf nach einer stärkeren Kontrolle derartiger Plattformen?

Zeger: Der Ruf der Sicherheitsbehörden und Datenschützer ist nicht ganz uneigennützig und entspringt einem umfassenden Kontroll- und Überwachungsverständnis. Heute wird über Web-2.0-Plattformen täglich eine unglaubliche Fülle von Inhalten produziert. Diese gigantische Content-Produktion ist unkontrollierbar und macht allen Kontrolleinrichtungen Angst. Der Versuch eine strengere Präventivkontrolle einzuführen, würde uns aber nur eine Art Nordkorea-Netz bescheren. Wir müssen genau entgegengesetzt handeln und die Meinungsfreiheit fördern. Blödsinn zu reden, falsche Meinungen zu haben, Peinlichkeiten über sich selbst zu verbreiten - das alles ist ebenfalls ein Teil der Meinungsfreiheit. Für die Eltern ist es wichtig, sich mit den Communitys ihrer Kinder auseinanderzusetzen. War es früher üblich die Freunde der Kinder kennen zu lernen, um sich ein Bild über sie zu machen, dann hat das heute im Web 2.0 auch weiterhin Geltung.

Was halten Sie von technischen Sperr- und Filterlösungen?