E-Business-Forum der COMPUTERWOCHE

Wann der CRM-Einsatz etwas bringt

05.04.2002
HANNOVER (qua) - Einer Studie der Meta Group zufolge scheitert jedes zweite CRM-Projekt. Doch die Umsätze in diesem Markt steigen kontinuierlich. Also glauben die Anwender wohl an den Nutzen eines softwaregestützten Kundenbeziehungs-Managements. Mit welcher Berechtigung, sollte eine Podiumsdiskussion im "E-Business-Zentrum" der COMPUTERWOCHE auf der CeBIT klären.

"Ein CRM-Projekt lässt sich nicht aufsetzen wie ein beliebiges anderes Vorhaben", konstatierte Wolfgang Pauli, Leiter E-CRM bei O2 (ehemals Viag Interkom). Vielmehr sei es notwendig, zunächst das Thema Kundenorientierung im Unternehmen zu verankern. Der Wandel von der produkt- zur kundenorientierten Organisation lasse sich im Übrigen nicht mit einem einzigen Projekt bewerkstelligen. Bei O2 laufen derzeit vier CRM-Projekte parallel. Sie sollen beispielsweise helfen, eine Masse von 3,9 Millionen Einzelkunden zu segmentieren und einen Teil der Kundenkontakte auf das Web umzulenken.

Damit solche Vorhaben ein Erfolg werden, müssen jedoch zunächst die Prozesse neu definiert werden, betonte der Berater Wolfgang Schwetz. Nach der Einführung stelle sich oft heraus, dass außer der Implementierung einer Software nichts passiert und lediglich der Ist-Zustand "elektrifiziert" worden sei.

"Generell wird versucht, zu früh in die Softwareauswahl einzusteigen", fuhr Schwetz fort. Solange das Anwenderunternehmen nicht wisse, was es tatsächlich wolle, sollte es auch nicht in Verhandlungen mit den Softwareunternehmen einsteigen: "Sonst wird es von dem Anbieter in die eine oder andere Ecke gezogen - je nachdem, wo dieser gerade seine Stärken hat."

Alcatel E-Business Distribution hat offenbar seine Hausaufgaben gemacht. Das Unternehmen analysierte zunächst ein knappes halbes Jahr lang die Prozesse, berichtete CRM-Spezialist Axel Schnell. Anschließend sei das auf diese Weise entstandene "Prozesspapier" von allen Bereichsleitern abgezeichnet worden. Und erst, nachdem für jeden betroffenen Prozess ein "Owner" benannt worden war, kam der Kontakt zu den Softwareanbietern zustande.

O2 hingegen wählte für seine Bereiche unterschiedliche Herangehensweisen: Im Marketing sei ein regelrechtes Pflichtenheft "nicht zielführend", stellte Pauli in den Raum. Im Vergleich zur Dauer der Projekte würden sich die Prozesse dort zu schnell verändern. Deshalb sei das Unternehmen hier "pragmatischer" vorgegangen; es habe über Teststellungen untersucht, welche Prozesse sich mit welchen Werkzeugen abbilden ließen.

Schwetz empfahl, die Zahl der infrage kommenden Anbieter zunächst nicht allzu stark einzuschränken. Als Faustregel gelte: Mit zwölf Softwareunternehmen in die zweite Evaluierungsphase gehen, K.-o.-Kriterien klären und nach Referenzkunden fragen, dann mit der "besseren Hälfte" weiterarbeiten. Ein Teil des Projektteams sollte dann eine intensive Schulung beim Anbieter absolvieren, ein anderer die Referenzkunden besuchen. Ist die Entscheidung für ein Tool gefallen, stehen die Implementierung und der zeitraubende Einbau in die IT-Landschaft an. "Ein Drittel der Gesamtkosten geht zu Lasten der Integration", so Schwetz'' Schätzung. Dabei spiele keine Rolle, für welchen Anbieter sich das Unternehmen entschieden habe. Auch bei SAP seien CRM und ERP "zwei Welten, die zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind".

Der Einsatz des CRM-Systems wartet mit weiteren Stolpersteinen auf. So taugt das beste Kundenbeziehungs-Management nur so viel wie die Daten, mit denen es arbeitet. Ob die Mitarbeiter im Außendienst die ganze Wahrheit und nichts als sie ins System einspeisen, lasse sich, so Schwetz, kaum überprüfen. Man müsse ihnen deshalb einen konkreten Nutzen anbieten: "Für jede Information, die ein Außendienstler gibt, will er drei zurückbekommen."

Schnell vertrat eine ähnliche Ansicht: Von einer Politik der kleinen Belohnungen halte er wenig; mehr Erfolg verspreche es, den Anwendern den Mehrwert zu vermitteln, den sie mit ihren Bemühungen erwirtschafteten. Im Übrigen müsse sich jedes Unternehmen genau überlegen, welche Informationen es seinen Mitarbeitern abverlangen wolle. Wer zu viel abfrage, bekomme oft nur "Informations-Dummies". Bei Alcatel E-Business Distribution sei der Umfang des neuen, unternehmensweiten CRM-Werkzeugs tatsächlich geringer als der des abzulösenden Vorgängersystems.