Mindestens 100 Millionen Umsatz in der Bundesrepublik erwartet:

Wang peilt Großanwender an

13.03.1981

FRANKFURT- Die Wang Laboratories Inc., chinesisch benamtes amerikanisches Unternehmen der Daten- als auch Textverarbeitung, will sich verstärkt dem Großkundengeschäft zuwenden. Auf einer Pressekonferenz in Frankfurt prognostizierte Vice President Johannes Spanjaard bald einen Anteil von 50 bis 60 Prozent am Gesamtumsatz. Prominente Kunden der deutschen Wang-Tochter sind bereits Ford Deutschland, Thyssen, Unilever, das Bayerische Staatsministerium, British Petroleum, Agfa Gevaert und BMW. Richard Connaughton, der die deutschsprachigen Länder unter seine Fittiche genommen hat, versicherte, daß man auch weiterhin an Erstanwender verkaufen und hierfür den Support ausbauen werde.

Wang, die im Fiskaljahr zum 30. 6. 80 weltweit 544 Millionen Dollar umsetzte und im laufenden für eine Million Dollar neue Aufträge hereinholen will, beabsichtigt, wie aus Vice-Presidentenmunde zu vernehmen wer, seine Märkte auf breit angelegter Basis weiter auszubauen mit den drei Säulen Datenverarbeitung, Textverarbeitung und Integrierte Informationsverarbeitung. Letztere sei für des vielberedete Büro der Zukunft bestimmt, in dem nach Ansicht von Wang Produkte für die folgenden sechs Schlüsseltechnologien angeboten werden müssen: Textverarbeitung, Datenverarbeitung, Image Processing, Auto Processing, Netzwerke und Human Factors.

Wang ist seit 1972 in der Textverarbeitung tätig und hat seit 1976 nach eigenen Angaben insgesamt rund 60 000 bildschirmorientierte Textsysteme verkauft. Gegenwärtig liefere man 3 200 Bildschirme pro Monat aus. Das neue Einzelplatzsystem "Wangschreiber" (siehe auch CW Nr. 51/52/ 80), das für 18 500 Mark zu haben ist und bald telekommunikationsfähig wird, soll Wang im "Low-End"-Bereich größere Marktanteile sichern.

In der Datenverarbeitung setzt man weiterhin auf die 2200 und die VS-Serie. Mit letztgenannter will man im laufenden Geschäftsjahr für 300 Millionen Mark Aufträge hereinholen. Die 2200er Familie wird bald mit Cobol (Ansi), einem erweiterten Basic-Ill, einem Datei-Management-System sowie mit Textverarbeitungssoftware ausgestattet. Die VS-100, an die bis zu 128 Bildschirmarbeitsplätze angeschlossen werden können, sei jetzt auch in Europa lieferbar. Für die gesamte VS-Serie gebe es ein erweitertes File-Management-System namens ADMS.

Image in Kinderschuhen

Unter Image Processing versteht Wang die einfarbige bis mehrfarbige graphische Darstellung, die Hochgeschwindigkeits-Faksimileübertragung, nichtmechanisches Drucken sowie Videokonferenzen. Die Technologie stecke noch in den Kinderschuhen. Man werde aber demnächst einen intelligenten Kopierer für dieses Marktsegment vorstellen.

Als Schlüsselelement innerhalb der Bürotechnologie von morgen sieht Wang Netzwerke. Zur Zeit sei man dabei, ein digitalisiertes Breitband-Netzwerk für den lokalen Einsatz mit nur einem einzigen Kabel als Datenträger zu entwickeln. Mit einem Breitbandkabel sollen bis zu 5000 Stationen simultan miteinander kommunizieren können. Im kommenden Jahr wollen die Amerikaner "weitere Einzelheiten" bekanntgeben.

Für die Remote-Verbindung von Wang-Produkten kündigte Wang einen Cluster Controller an, mit dessen Hilfe bis zu sechs Bildschirme der OIS-Familie remote an ein VS-System für die Datenfernverarbeitung angenabelt werden. An einen VS-Kanal des Ein- und Ausgabe-Prozessors können bis zu sechs Cluster Controller angeschlossen werden.

Im Bereich heterogener Netze wird die VS-Serie künftig in der Lage sein 3274/76 Cluster Control-Enheiten von IBM zu emulieren und damit 32 lokale Bildschirmeinheiten im transparenten Modus zu unterstützen. Den ersten Schritt einer möglichen vollständigen SNA-Unterstützung der 2200er Serie hat Wang durch Emulation der 3271 Control-Einheit gemacht. Ein neuer Telekommunikations-Controller werde "möglicherweise" SNA X.21 und X.25 unterstützen. Noch in diesem Jahr will man sich um die FTZ-Zulassung für X.21- und X.25-Anschlüsse bemühen.

Wang wird Umsatzmilliardär

Der Wang-Konzern, der 1979 noch 322 Millionen Dollar weltweit umgesetzt hatte, steuert, wie VWD von dieser Pressekonferenz berichtet, auf die erste Umsatzmilliarde zu. Nachdem die ersten sechs Monate des laufenden Geschäftsjahres 1980/81 (30. 6.) eine Erlössteigerung um 62 Prozent auf 358,2 Millionen Dollar brachten, wird für das Rechnungsjahr mit einem Zuwachs um etwa 40 Prozent auf gut 750 (79/80: 544) Millionen Dollar und einem Auftragseingang von über einer Milliarde Dollar gerechnet, erklärte Johannes Spanjaard, Senior Vice President in Frankfurt. Nach der langfristigen Unternehmungsplanung, die bis 1990 einen Weltumsatz von mindestens fünf Milliarden Dollar vorsieht, müßte dann im nächsten Jahr die erste Milliarden-Hürde genommen werden.

Der EDV-Konzern Wang Laboratories, Inc. (Lowell/Mass.) betrachtet die Textverarbeitung als enorme Wachstumsbranche. In Europa, wo in diesem Jahr nach der jüngsten Macintosh-Studie mit einem um gut drei Milliarden auf 18,5 Milliarden Dollar erweiterten EDV-Markt zu rechnen ist, setzt Wang vor allem auf den deutschen Markt. 1981 soll dieser Bereich auf 5,6 Milliarden Dollar von 3,97 Milliarden Dollar zunehmen. Deshalb wurde verstärkt in den deutschen Markt investiert und die Belegschaft der Wang Deutschland GmbH, Frankfurt, im laufenden Geschäftsjahr bereits um 33 auf 419 Personen aufgestockt.

Erstmals Überschuß erhofft

In der ersten Hälfte dieser Rechnungsperiode schloß Wang Deutschland mit 43 Millionen Mark Umsatz, nachdem im Geschäftsjahr 1979/80 rund 65 Millionen Mark erwirtschaftet worden waren. Für das Gesamtgeschäftsjahr 1980/81 erwartet die deutsche Wang-Tochter mindestens 100 Millionen Mark Umsatz. Nachdem Wang Deutschland wie die übrigen europäischen Töchter in der starken Expansion der letzten Jahre keinen Gewinn brachte, hofft man erstmals auf einen Überschuß. Bei der Konzernmutter liest sich das Ergebnis dagegen besser: Dort wurde der Reingewinn im letzten Geschäftsjahr um 70 Prozent auf 30 Millionen Dollar gesteigert.