Empfehlung für eine Datenbank statt Entwicklung auf VSAM-Basis:

VSAM fehlte der gesamte Systemkomfort

27.05.1983

Vor der Entwicklung ihres neuen Kundeninformationssytems "KIS" gab die Bausparkasse Heimbau in Köln eine Untersuchung in Auftrag. Dabei wurde auch gefragt, ob VSAM durch ein Datenbanksystem abgelöst werden sollte. Das Fazit: Die Entwicklung auf VSAM-Basis sei technisch grundsätzlich möglich, erforderte aber organisatorisch wie Programmtechnisch erhebliche "Klimmzüge".

Ziel der gründlichen Durchleuchtung aller Fachabteilungen war es auf der Basis einer aktenarmen Sachbearbeitung eine Senkung der innerbetrieblichen Kosten zu erreichen und den Servicegrad zu verbessern. Als Folgeprojekte resultierten aus der Untersuchung die Neugliederung der Sachbearbeiterfunktionen die Automatisierung von Archiv und Registratur, die Einführung von Textverarbeitung am Sachbearbeiterplatz und die Computerunterstützung für die Darlehensbearbeitung.

In diesem Zusammenhang mußten dann auch die Kunden- und Vertragsdaten neu strukturiert werden. Dazu ergab die Untersuchung, daß der Umstellungsaufwand "altes VSAM auf neues DBMS" signifikant kleiner sein werde als eine Umstellung "altes VSAM auf neues VSAM".

Hinsichtlich der Funktionalität würde VSAM ausreichen bei einfachen Datenstrukturen und geringen Anforderungen an die Auswertung und Verarbeitung des Datenbestands. Dagegen fehle bei VSAM der gesamte Systemkomfort, den ein DBMS bietet.

Funktionen für Datensicherheit und Datenschutz bei Parallelverarbeitung durch mehrere Benutzer sind nur rudimentär vorhanden. Es gibt keine Daten- und Programmunabhängigkeit im Sinne von User-Views, Änderungen in der Datenbasis schlagen voll auf die Anwendungen durch. Für die Sicherheit einer transaktionsorientierten Verarbeitung fehlen die entsprechenden Restart-/Recocery-Funktionen. Und auch die Palette der Statistik- und Tuningmaßnahmen ist bei einem DBMS größer.

Jede organisatorische und programmtechnische Maßnahme, um solchen DBMS-Komfort in einer VSAM-Umgebung zu erreichen, würde indes einen potentiellen Gefahrenpunkt für die Stabilität des Systems ausmachen.

Insgesamt wurden 53 Kriterien mit Heimbau-spezifischer Gewichtung definiert, um unter DL/1, IDMS, DATACOM und ADABAS das für die Bausparkasse Heimbau am ehesten geeignete DBMS zu ermitteln. Die zusammenfassende Tabelle zeigt, welche Werte sich in den vier Hauptgruppen Flexibilität, Benutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Ressourcenbedarf ergaben.

Im ersten Quartal 1982 wurde schließlich ADABAS installiert; seine relativ einfache Handhabung und seine Zuverlässigkeit haben sich seitdem bestätigt. Der Preis von ADABAS freilich ist hoch, aber er entspricht sicherlich den diversen Detailfunktionen des Systems bis hin zur automatischen Datenkompression und der Technik mit multiplen Feldern und Periodengruppenfeldern.

Nach der DB-Entscheidung stand die Frage im Raum, wie nun die anstehende Menge der für "KIS" erforderlichen Online-Programme realisiert werden könne. Von den Anwendungsprogrammierern (außer Systemprogrammierer) der Bausparkasse Heimbau verfügen nur zwei über CICS-Kenntnisse. Hier half NATURAL weiter, das alle erforderlichen Programmierungsfunktionen beinhaltet, keine speziellen TP-Kenntnisse voraussetzt und deshalb von jedem Anwendungsprogrammierer benutzt werden kann.

Mit einer Bilanzsumme Von über 1,6 Mrd. DM und einem Bestand von mehr als 380000 Verträgen steht die Bausparkasse Heimbau AG im vorderen Feld der 17 privaten Bausparkassen in der BRD. Installiert ist eine IBM 4341 Modell 2 mit 4 MB unter VM/SP, DOS/VSE mit CICS. Von den heute installierten 64 Bildschirmen stehen 50 den Fachabteilungen zur Verfügung.

* Werner Herkenrath ist Leiter Organisation und Datenverarbeitung bei der Bausparkasse Heimbau AG in Köln.