Vorteile von User-Interface-Management-Systemen Die GUI-Programmierung ist nur mit Objekttechnik zu bewaeltigen

26.08.1994

Grafische Benutzeroberflaechen oder GUIs haben sich in der Praxis als Standards durchgesetzt und bestimmen massgeblich den effizienten Einsatz von Kommunikations- und Informationstechnologien. Ausschlaggebend dafuer waren, so Ulrich Dietz*, nicht zuletzt die Vorteile objektorientierter Design- und Programmiertechniken.

Erst die Objekttechnologie und deren Entwurfs- und Implementierungsmethoden eroeffneten die Moeglichkeiten, den Aufwand zur Programmierung grafischer Praesentationen und Dialoge auf ein ertraegliches Mass zu reduzieren. Es ist daher auch kein Zufall, dass die Entwicklung grafischer Benutzeroberflaechen und die Objekttechnologie im gleichen Forschungsinstitut ihre Wurzeln haben: dem Xerox Palo Alto Research Center (Parc).

Auf einem User-Interface-Management-System (UIMS) basierende Entwicklungsumgebungen bieten vereinzelt bereits eine Objektunterstuetzung, die deutlich ueber Standardobjekte hinausgeht und auch allgemeine grafische Anzeigeinstrumente, Tabellen, Objektgrafik und Rastergrafik einbezieht. Einer umfassenden Objektunterstuetzung steht allerdings die begrenzte Erweiterbarkeit vieler UIMS-Produkte entgegen.

Die GUI-Entwicklungswerkzeuge bringen nicht nur bei der Neuentwicklung, sondern auch bei der Wartung der Softwareprodukte mehr Produktivitaet. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die Anwender momentan etwa 60 Prozent ihrer Software-Aktivitaeten auf die Wartung und Modifikation bestehender Applikationen verwenden. Besonders der Einsatz eines umfassenden UIMS anstelle reiner Oberflaechen-Editoren, Oberflaechenbibliotheken oder Programmiersprachen verspricht dem Anwender Vorteile.

Die Voraussetzung fuer eine volle Integration aller UIMS- Anwendungen in bestehende Strukturen kann durch die Datenbankintegration geschaffen werden. Da es sich bei den UIMS- Produkten um offene Systeme handelt, koennen sie beliebig ausgebaut werden. Die benoetigten Ablaeufe und Datenbankzugriffe werden objektorientiert in Masken auf dem Bildschirm erstellt und lassen sich leicht mit grafischen Benutzeroberflaechen versehen.

Der Einsatz eines UIMS in der Software-Entwicklung sollte dem Anwender alle Vorteile einer objektorientierten Entwicklungsumgebung sowie Flexibilitaet, Styleguide-gerechte Bedienoberflaeche, Effektivitaet und Zeitersparnis bieten. Ein objektorientierter Aufbau und die stringente Orientierung an Standards garantiert den Softwarewerkzeugen Erweiterbarkeit - vorausgesetzt, die aktuellste und am weitesten verbreitete Entwicklungssprache C++ wird als Basis verwendet.

Zu den Vorzuegen einer objektorientierten Entwicklungsumgebung zaehlen die vielfaeltige Erweiterbarkeit der Softwareloesung sowie die leichte Wartbarkeit und Pflege der Applikationen. Flexibilitaet bedeutet in diesem Zusammenhang die Entwicklung Hardware- unabhaengiger Softwaresysteme sowie die Funktionalitaetserweiterung durch Zusatzmodule. Eine Styleguide-gerechte Bedienoberflaeche umfasst sowohl ein einheitliches Look and feel auf allen Window- Managern und die Unterstuetzung von CUA-Dialogobjekten als auch eine gute Bedienerergonomie fertiger Applikationen. Die Aspekte Effektivitaet und Zeitersparnis schliessen einen konfortablem Masken-Editor, die einfache Erlernbarkeit, kurze Einarbeitungs- und Entwicklungszeiten sowie einfache Pflege und Wartung der Applikationen ein.

Fuer den Benutzer stellt die grafische Oberflaeche eine Vielzahl von Objekten dar, die erzeugt, eingesehen, geaendert oder geloescht werden koennen. Mit diesen Objekten ist der Anwender in der Lage, ueber die Ein- und Ausgabesysteme zu interagieren. Folglich besteht die primaere Aufgabe einer Benutzeroberflaeche in der Abbildung interner Objektdarstellungen auf einer Ausgabeeinheit und in der Abbildung von Benutzereingaben auf interne Daten und Operationen.

Drei Schichten zwischen Benutzer und System

Dabei werden die Benutzeraktionen oft von den eigentlichen Anwendungsdaten separiert. Im Idealfall ist der Anwendung die Repraesentation ihrer Objekte und Operationen gaenzlich unbekannt. Die Applikation interagiert mit dieser Repraesentation ueber eine sehr schmale Schnittstelle, in der die entsprechenden Uebersetzungen hergestellt werden.

Auf diesen besonderen Anforderungen aufbauend, wurde das Seeheim- Modell entwickelt, das inzwischen ein Bestandteil der X/Open- Richtlinien geworden ist. Demzufolge laesst sich die Architektur eines UIMS in drei zwischen Benutzer und System liegende Schichten einteilen: Praesentationsschicht, Dialog-Kontrollschicht und Anwendungs-Schnittstelle.

Die Vorteile dieses Modells bestehen beispielsweise darin, dass jeder Teil einer Applikation individuell konzipiert, implementiert, erstellt und gepflegt werden kann. Dadurch laesst sich die Portabilitaet vereinfachen und die Einheitlichkeit der Bedienoberflaeche erhoehen.

Zusammen mit den Struktur-Editoren fuer die Oberflaeche bildet die Dialogbeschreibungssprache die Voraussetzung fuer einen reduzierten Entwicklungsaufwand. Damit unterstuetzt sie zugleich das Rapid Prototyping. Nach einer 1992 von Myers und Rosson durchgefuehrten Studie betraegt der Anteil des Entwicklungsaufwands fuer das Erstellen einer Benutzer-Schnittstelle zwischen 40 und 60 Prozent des Gesamtaufwands. Ein Grossteil dieser Arbeit kann durch den Einsatz eines UIMS eingespart werden.

Mit Hilfe des objektorientierten Ansatzes ermoeglichen UIMS- Produkte eine schnellere und kostenguenstigere Entwicklung von Applikationen. Ferner lassen sich durch den Einsatz objektorientierter Entwicklungswerkzeuge beispielsweise CAD-CAM- Systeme mit hoher Leistungsfaehigkeit in einem Bruchteil der Zeit entwerfen, die fuer traditionelle Programmierung notwendig ist.

Hauptvorteile der objektorientierten Umgebung sind die Unterstuetzung von Rapid Prototyping, die kurze Entwicklungszeit zur Erstellung produktiver Applikationen mit grafischer Benutzeroberflaeche, die Ausrichtung an marktgaengigen Standards sowie die leichte Portierbarkeit und Wartbarkeit der Anwendungen.