Vorstoß in Service-Neuland:

20.03.1981

Rechner-Verbund über RZ mit Viewdata

Man hat sich längst daran gewöhnt, daß Computer mehr können als nur rechnen. Ungewöhnlicher ist schon, daß dies auch für Rechenzentren gilt. Die Computer Management Gruppe (CMG), die seit Jahren Rechenzentren in Amsterdam (mit Terminal in Frankfurt) und London (mit Terminal in Glasgow) betreibt, hat sich jetzt in Neuland vorgewagt.

Im Februar 1981 präsentierten die CMG-Tüftler nach zweijähriger Vorbereitungszeit in London ihren Viewdata-EDV-Service im RZ-Verbund. Das System nutzt das von der britischen Post installierte Kommunikationsetz und ist unserem Viedeotext vergleichbar, stellt aber einen exklusiven und privaten Informationsdienst dar, bei dem der Benutzer selbst bestimmt, welche Informationen er haben will.

Es stehen bereits vier verschiedene Anwendungsmöglichkeiten zur Wahl:

- ein Kunden-Kontakt- und -Nachfaß-System, das für große wie kleinere Verkaufsorganisationen geeignet ist;

- ein Termin-Koordinations-System, das die interne Abstimmung innerhalb stark aufgefächerter Organisationen erleichtert;

- ein Nachrichten-System für Außendienst-Organisationen, das Nachrichten speichert und Aufträge weiterleitet;

- ein betriebsinternes Mitteilungssystem, das die "schwarzen Bretter" ablösen kann.

Man sieht, daß bei diesen Anwendungen mehr vermittelt wird als simple oder auch komplizierte Rechnerergebnisse, für die der Computer auch weiterhin gut ist.

Viewdata-Benutzer haben den Vorteil, daß sie sich um die zentral gesteuerte Hardware nicht zu kümmern brauchen und dafür auch nur anteilige Kosten zahlen. Und die in Anspruch genommene Dienstleistung ist ebenfalls um so preisgünstiger zu haben, je mehr Kunden von ihr Gebrauch machen. Die Einführungspreise in England sollen denn auch den Appetit der prospektiven CMG-Klientel auf diesen Informationsdienst im RZ-Verbund wecken. Mit einem Jahresbeitrag von 5000 Pfund ist man dabei. Dafür bekommt man seine Viewdata-Privatstation und - über sie - unmittelbaren Zugriff auf 750 Bildschirmseiten mit 720 00 Zeichen, die im CMG-Rechenzentrum gespeichert werden. Der Benutzer kann seine Informationen nach Bedarf abrufen, verändern und löschen. Außerdem hat er die Möglichkeit, grafische Darstellungen in Farbe einzubauen. Jede Station hat Anschluß für mindestens drei Bildschirme, die unabhängig voneinander über Telefon auf Dialogbetrieb mit dem CMG-Zentralcomputer zu schalten sind.

Nach CMG-Schätzungen werden die Viewdata-Stationen in der Regel mit drei bis zehn Bildschirmen betrieben. Aber es könnten auch bis zu hundert Bildschirme an einer Station hängen. Diese Möglichkeit bietet sich an, wenn beispielsweise in einer Außendienstorganisation der einzelne Mitarbeiter das System täglich nur wenige Minuten zum Empfang und Absetzen von Nachrichten in Anspruch nimmt. Alle Benutzer erhalten einen Zugriffsschlüssel, der die gespeicherten Informationen gegen Unbefugte sichert.

Neben den nach Eigenbedürfnissen zusammengestellten Informationsdiensten kann die Station sich auch bei den öffentlich verbreiteten Informationen einschalten. Im Prinzip steht dem Viewdata-Benutzer das gesamte elektronische Kommunikationsnetz zur Verfügung. Die technischen Voraussetzungen dafür will CMG in der nächsten Entwicklungsphase schaffen. Der Investitionsplan sieht außerdem weitere Anwendungen vor, die auch stärker im Verbund mit der konventionellen Datenverarbeitung laufen sollen.

Sobald das Viewdata-Experiment seine Frühphase erfolgreich abgeschlossen hat - inzwischen liegen bereits Anfragen mehrerer größerer Unternehmen vor -, soll es auch diesseits des Kanals angeboten werden. Unabhängig davon können internationale Unternehmen mit Gesellschaften bei uns und in England via Viewdata auch jetzt schon miteinander kommunizieren.

*Leopold Kunschak ist Geschäftsführer der CMG (Frankfurt) GmbH.