Haftungsfalle Zahlungsunfähigkeit

Vorsicht bei Liquiditätsengpässen

13.04.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Sozialversicherung

Allerdings steht der Vorwurf des Eingehungsbetruges zulasten der Bank im Raum, wenn dem Geschäftsführer bei Zahlung die Insolvenzreife bekannt war. Ein zweites Urteil bekräftigt, dass nicht nur Löhne, sondern auch Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung privilegiert sind. Diese Beträge dürfen ohne Haftungsrisiko abgeführt werden, denn der Geschäftsführer verwaltet sie ebenso wie die Lohnsteuer treuhänderisch für den Arbeitnehmer. Entsprechend sollten solche Zahlungen stets Vorrang vor anderen Gläubigerforderungen haben. Vorsicht: Das gilt nicht für die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, deren vorrangige Abführung sorgfaltswidrig ist.

In der Praxis gibt es viele Grenzfälle. Im Streitfall muss der Geschäftsführer beweisen, dass er seine Sorgfaltspflicht erfüllt hat. Obermüller rät daher: "Geschäftsführer sollten eine Beweisvorsorge treffen und die Gründe für Zahlungsanweisungen schriftlich dokumentieren."

Alle Haftungsfallen im Blick

Bei Liquiditätsproblemen lauert in jeder Zahlung ein persönliches Haftungsrisiko. Geschäftsführer sollten offene Forderungen besonders sorgfältig prüfen. Es empfiehlt sich frühzeitig qualifizierten Rat einzuholen, um die komplexe Rechtssituation zu überblicken und kritische Punkte zu erkennen.

1. Kritischer Zeitpunkt:

Tritt Insolvenzreife ein, herrscht grundsätzlich ein Zahlungsverbot. Bleibt dieser Zeitpunkt unbemerkt, bewahrt dies nicht vor rechtlichen Konsequenzen. Der Geschäftsführer haftet mit seinem Privatvermögen, wenn er seine Sorgfaltspflicht verletzt. Es sind nur Zahlungen zulässig, die notwendig sind, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Dies wird von der Rechtsprechung sehr eng ausgelegt.

2. Kritische Reihenfolge:

Zahlungen an das Finanzamt und die Sozialversicherung haben Vorrang vor anderen Gläubigerforderungen. Dazu zählen die Lohn-, Umsatz-, Körperschaft- oder Gewerbesteuer. Gleiches gilt für die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung. Die Beträge sind fällig, sobald die Arbeitsleistung erbracht wurde.

3. Kritische Aufteilung:

Der Geschäftsführer haftet, wenn er bei Insolvenzgefahr nicht alle zulässigen Gläubigerforderungen, einschließlich die des Finanzamts, etwa im gleichen Verhältnis befriedigt. Reichen die Mittel nicht aus, darf der Geschäftsführer die Löhne nur gekürzt als Vorschuss oder Teilbetrag auszahlen, um auch die entsprechende Lohnsteuer abführen zu können. (oe)

Weitere Informationen und Kontakt:

Dirk Obermüller, Rechtsanwalt/Insolvenzverwalter, DHPG Dr. Harzem & Partner KG, Godesberger Allee 125-127, 53175 Bonn, Tel.: 0228 81000-0, E-Mail: info@dhpg.de, Internet: www.dhpg.de, oder conovo media GmbH, Tel.: 0221.356860-0, Internet: www.conovo.de