Die PCs als Wegbereiter der Büroautomatisierung, Teil 1

Vormarsch der Rechenzwerge am Arbeitsplatz

09.03.1984

Personal Computer haben im Büro - vor drei Jahren noch unauffällig heute jedoch deutlich spürbar - neue Rationalisierungsmöglichkeiten erschlossen. Der bis Ende der 70er Jahre von Datenverarbeitungs- und Datenfernverarbeitungsanlagen beherrschte Bürobereich wurde und wird durch diese kleinen, aber mächtigen "Zwerge" förmlich überflutet und grundlegend verändert.

Personal Computer eröffnen als vollwertige DV-Anlagen zu erschwinglichen Preisen zwischen 300 und 30000 Markt den vielen kleinen Unternehmen (siehe Bild 1) die maschinelle Unterstützung der Büroarbeit, um Kosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen zu können. Sie integrieren - anders als viele größere Anlagen - auf Softwarebasis in einigen (noch nicht in allen) Fällen problemlos die maschinell unterstützten Daten - mit der Textbe- und -verarbeitung sowie - falls erforderlich - zusätzlich die Festbildbe- und -verarbeitung (Büro- und Präsentationsgrafik).

Mit geeigneten Anschlüssen an das öffentliche Netz versehen, können PCs künftig als Kommunikationsgeräte (Teletexdienst) und auch als intelligente Terminals eingesetzt werden (Teletex oder Datex-L), auf öffentliche oder private, zentrale elektronische Archive zugreifen oder zentrale Rechnerleistung in Anspruch nehmen. Sie unterstützen die Büroarbeit dort, wo sie anfällt - nämlich am Arbeitsplatz - ohne den Arbeitsplatzihaber von irgendwo bereits vorhandener hausinterner oder öffentlichen Archiv- oder Rechnerleistung abzuschneiden.

Personal Computer sind bezüglich ihrer Hardware kleine Datenverarbeitungsanlagen, genauer: intelligente Endeinrichtungen, deren Anwendungsleistungsmerkmale (Hardware und Software) im wesentlichen für einen Büroarbeitsplatz ausgelegt und bestimmt (Zweck) sind. PCs mit großem externen Speicher erreichen heute bereits die Leistungen von Anlagen der mittleren Datentechnik MDT. Kernstück eines PCs ist ein oder sind mehrere standardisierte 8-Bit-, 16-Bit- und neuerdings 32-Bit-Mikroprozessoren mit einem oder mehreren standardisierten ROM, PROM, RAM etc. als Arbeitsspeicher(n), die zusammen die Zentraleinheit bilden.

Als Hardwarebausteine sind in aller Regel Bildschirm und Tastatur, als periphere Geräte Drucker und Disketten- oder Festplattenlaufwerk(e) an die Zentraleinheit angeschlossen. PCs sind gegenwärtig vorzugsweise Einzelplatzsysteme und entsprechen damit intelligenten Datenendeinrichtungen.

Zunehmend werden PCs jedoch mit Datenübertragungseinrichtungen ausgestattet, so daß sie praktisch "intelligente Datenstationen werden, die zu virtuellen Mehrplatzsystemen (siehe Bild 3) zusammengeschlossen werden können; die über Datennetze nach den Knoten- oder LAN-Architektur mit großen Datenverarbeitungsanlagen auf Wunsch Datendialog im Teilnehmerbetrieb betreiben können; die über öffentliche Netze Zugriff auf öffentliche Zentralen - zum Beispiel Bildschirmtextzentralen - haben können; die zur Text-, Festbild- und später Sprachkommunikation zu anderen, über das Netz erreichbaren PCs benutzt werden können. Daß diese Entwicklung keine Zukunftsmusik mehr darstellt, bezeugen die rasch anwachsenden Postzulassungen für Teletex- und Bildschirmanschluß bei Personal Computern.

Der technologische Fortschritt bei den Büromaschinen wird zur Zeit von den Personal Computern markiert. Das hat vielerlei Gründe, zusammengefaßt vor allem zwei:

- PCs bestehen aus standardisierten Zentraleinheit-Bausteinen, was wiederum standardisierte Betriebssysteme und in deren Folge standardisierte Anwenderprogramme ermöglicht.

- PCs integrieren am Arbeitsplatz aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit das maschinell unterstützte Erzeugen von Daten, Text, Festbild, deren elektronisches Archivieren, Wiederfinden, Abrufen sowie zusätzlich bald in verstärktem Maße das Übertragen von Daten, Text und Festbild.

Die Integration kann schrittweise per standardisierter, modularer Hard- und vor allem Software erfolgen, so daß Personal Computer in ihren arbeitsplatzbezogenen Leistungsmerkmalen preiswert und individuell an die unterschiedlichen, dort zu erledigenden Aufgaben angepaßt werden können.

Die Integration der gegenwärtig noch durch die monofunktionalen Dienste bedingte getrennte Übertragung von Daten und Text, von Festbild und von Sprache hängt in der Bundesrepublik Deutschland weniger von PCs als vielmehr von der Einführung des "Integrated Services Digital Network" (ISDN) oder einem entsprechenden Leistungsangebot der Post über das Integrierte Datennetz (IDN) als Vorstufe ab.

Die Integration des Archivierens, Wiederfindens, Abrufens von Daten und Nachrichten im Personal Computer am Arbeitsplatz ist eine Frage der Speicherkosten; (Arbeitsspeicher und externe Speicher). Der Preisverfall läßt hoffen, daß elektronisches Speichern bald kostengünstiger sein wird als das Speichern auf Papier in Aktenordnern.

Überschaubare Anzahl von Standardprogrammen

PCs werden in Kürze - bei Preisen, die heute für Textsysteme bezahlt werden - die Anwendungsleistungsmerkmale von gegenwärtigen Speicherschreibmaschinen, Textstationen, Textsystemen, Bildschirmtextgeräten als Anbieterstationen, Arbeitsplatzsystemen, Datenstationen und DV-Anlagen in einem Gerät mit Zugang zum öffentlichen Netz unter Inanspruchnahme regulierter Teilnehmerdienste vereinigen (siehe Bild 4). Durch die Inanspruchnahme des Teletex- oder Btx-Dienstes wird außerdem indirekt das Problem der Kompatibilität der Daten-, Text- und/oder Bildspeicher (Disketten) gelöst. Anstelle der Speicherkompatibilität tritt die Übertragungskompatibilität. Trotzdem behalten natürlich einige monofunktionale Bürogeräte eine ganze Weile ihre Existenzberechtigung für begrenzte Einsatzfälle, sofern sie preislich deutlich unter den Personal Computern angeboten werden.

Mittelfristig wird die durch die Monofunktionalität noch bestehende Hardware-Vielfalt von Bürogeräten aus den Büros verschwinden und den Hardwaremodulen einiger weniger PC-Hersteller Platz machen. Außerdem werden die unzähligen Anwenderprogramme der vielen unterschiedlichem Hersteller von Büromaschinen - und damit von Betriebssystemen - durch eine überschaubare Anzahl von Standardanwenderprogrammen, die Werkzeugcharakter (Tools) haben und im Feinschliff vom Anwender programmiert werden, abgelöst.

Organisator entscheidet

Mittel- und langfristig werden außerdem die Insellösungen - seien es Datenfernverarbeitungsinseln oder Text-Mehrplatzsysteme - verschwinden und durch ein Netz mit PCs ersetzt (siehe Bild 5), in dem "jeder mit jedem" kommunizieren kann. Ob in diesem Netz Daten, Text oder Festbild dezentral - arbeitsplatzbezogen - oder zentral in einem Hostrechner verarbeitet oder archiviert, wiedergefunden, abgerufen werden, diktiert dann nicht mehr die Technik (die "Systemlösung), sondern entscheidet der Organisator oder sogar der Anwender.

Personal Computer - vor zwei bis drei Jahren noch als bessere Taschenrechner belächelt - überfluten mehr und mehr den Markt. Was ist an diesen kleinen Computern anders als an den großen? Wie und wo lassen sie sich im Büro bedarfsgerecht einsetzen? Warum verunsichern sie die Organisations- und Datenverarbeitungsabteilungen der Großanwender? Welche Perspektiven eröffnen diese mächtigen Zwerge für das "Büro der Zukunft?" Auf diese Fragen versucht der Autor eine schlüssige Antwort zu geben.