Dialogcomputersysteme MAI basicfour im Hospital:

Von Patientenverwaltung zum medizinischen Informationssystem

04.02.1977

Auf die Patientenabrechnung beschränkte sich bisher der Computereinsatz im Krankenhaus. Einen kommerziellen Minicomputer auch in einem medizinischen lnformationssystem zu nützen, diesen Weg ging das Krankenhaus von Alost bei Gent in Belgien (500 Betten, rund -2300 Patienten pro Jahr, 450 Mitarbeiter im medizinischen Bereich) mit einem Dialogsystem MAI basic/four Modell 500.

Dr. Sierens, Chefarzt des Krankenhauses, holte sich Anfang 1974 auf einer Rundreise durch moderne amerikanische Krankenhäuser die Idee dazu. Sierens wollte die Vorteile des Bildschirmdialogs nutzen, mußte aber erkennen, daß er seine spezifische Software wohl weitgehend selbst erstellen müßte.

Da niemand im Krankenhaus EDV-Erfahrung hatte, suchte der Chefarzt ein System mit einfacher Bedienung und leichter Programmiersprache und stieß auf das basic/ four-System von MAI. Tatsächlich reichten später vier Tage Schnellkurs für die ersten Programmier- und Operating-Aktivitäten, und ein halbes Jahr nach Installation "standen" alle Programme aus den Bereichen "Patientenverwaltung und Laborauswertung".

Priorität des medizinischen Outputs

Als der Informationsfluß untersucht wurde, um den Nutzen der Datenverarbeitung zu prüfen, zeigte sich in Klost, daß bestimmte, immer am gleichen Ort entstehende Informationen in unterschiedlichsten Bereichen des Krankenhauses genutzt werden und dorthin weitergegeben werden müssen. Folge: EDV-Systeme im Krankenhaus müssen "integriert" arbeiten, um effizient zu sein.

Hohe Effizienz für die Mediziner versprach vor allem der EDV-Einsatz im Zentrallaboratorium. Hier und in der Patientenabrechnung begann das EDV-Zeitalter. Das waren zwei völlig unterschiedliche Anforderungen für die Datenverarbeitung: Laborergebnisse müssen zur Patientenbehandlung schnell bereitstehen, Konsequenz: Ein Direktverarbeitungs- und Auskunftssystem. Dagegen können Abrechnungsvorgänge warten - eine Batchverarbeitungsaufgabe. Priorität hatten für den Chefarzt die medizinischen Erfordernisse. Doch erst nach fast -dreijähriger Analyse entschied sich die Studiengruppe endgültig für das kleine Multiprogramming- und Time-Sharing-System von MAI.

Betrieb ohne EDV-Spezialisten

Das basic/four-System Modell 500 besitzt einen 32 KE-Benutzerspeicher mit 10 Millionen Bytes Plattenkapazität. Die angeschlossenen Bildschirmterminals dienen der Datenerfassung, -verarbeitung und -ausgabe. Obwohl diese Terminals auf jeweils die gleichen Datenbestände zugreifen, nutzen sie doch ihre Programme in einem geschützten Bereich des Hauptspeichers, so daß sie weitgehend unabhängig voneinander sind. Dies macht die Grundphilosophie der integrierten Lösung deutlich: Die Daten werden von denselben Dateien abgefragt, aber erfaßt werden die zu speichernden Daten nur einmal, und zwar an der Stelle, an der sie entstehen: Das geschieht durch die Mitarbeiter, die sie "produzieren" und sie gleich prüfen, bestätigen oder korrigieren.

Beispielhaft ist das Laborprogramm gelöst. Alle Laboraktivitäten beginnen mit der Eingabe einer Anforderung auf einem der beiden Labor-Terminals. Wird die Aufnahmenummer eines Patienten eingegeben, zeigt der Computer dessen Namen, die Raumnummer und den behandelnden Arzt an; dies ermöglicht eine unmittelbare optische Kontrolle und Korrektur. Das Programm baut dann vier Dateien auf:

- Hauptanforderungsdatei

- tägliche Anforderungsliste

- Liste, sortiert nach Patienten

- Liste, sortiert nach Ärzten.

Die Anforderungen sortiert der Computer auf Befehl zu Arbeitslisten, dabei agiert er in Teilläufen und nutzt Leerzeiten zwischen der Entgegennahme von Proben. Arbeitslisten lassen sich über Bildschirmgerät und Schnelldrucker abrufen.

Ergebnisse können in drei Formen eingegeben werden:

- mit der Arbeitsliste,

- über die Patientenidentifikation,

- mit der Hauptanforderungsdatei.

Ausgegeben werden die Informationen in Berichten, etwa die tägliche Anforderungsliste oder die Qualitätskontrollberichte. Wichtigster Ausdruck

ist der Laborbericht, der als "Endprodukt der EDV" aussagestark in drei Berichtarten gegliedert wurde:

- vorläufiger Bericht mit allen Untersuchungen der Anforderung, für die Ergebnisse verfügbar sind,

- Zwischenbericht mit nur neuen Ergebnissen und dem Hinweis, daß noch Ergebnisse fehlen,

- Schlußbericht mit der Gesamtheit aller Ergebnisse und der Aufforderung, ausgegebene Zwischenergebnisse zu vernichten.

Hinzu kommen die täglichen Qualitätskontrollberichte, die Untersuchungen auffuhren, für die sich keine Kontrollproben oder Werte innerhalb festgelegter Grenzen finden. Der Monatsbericht sammelt alle Qualitätskontrollergebnisse und vergleicht Mittelwert und Standardabweichung mit spezifizierten und Vormonats-Ergebnissen.

Die Ergebnisse jeder Anforderung werden so lange online gespeichert, bis der Schlußbericht vorliegt. Aber auch später sind die Ergebnisse noch in den Druckdateien und können durch eine Zugriffsnummer angesprochen werden. Die Langzeitspeicherung erfolgt für alle Ergebnisse und Indexdateien auf Magnetband, dadurch sind statistische und wissenschaftliche Auswertungen möglich.

Inzwischen laufen in Alost neben den Laborprogrammen folgende Anwendungen über die EDV:

- die Patientenverwaltung, für die alle medizinischen und persönlichen Daten für den Direktzugriff im Krankenhaus und auf Magnetband zum Datenträgeraustausch mit einem Spezialinstitut, das auf Landesebene eine medizinische Datenbank verwaltet, gespeichert werden,

- die Abrechnung mit Krankenkassen und die Privatliquidation,

- das allgemeine Rechnungswesen und die Statistik.

Vor der Implementierung steht die Datei für Ambulanzpatienten.