Von Kabul über Hamburg ins Web 2.0

26.04.2012
Vor dem afghanischen Bürgerkrieg ist Wahid Rahim einst geflüchtet. Vor einem Jahr hat sich der IT-Experte in Hamburg mit einer Crowdsourcing-Plattform selbständig gemacht und ist optimistisch, durchstarten zu können.

Wahid Rahim war 16 Jahre alt, als er vor dem afghanischen Bürgerkrieg aus Kabul floh und nach Deutschland kam. In Hamburg lernte er binnen 18 Monaten Deutsch und absolvierte 1999, fünf Jahre nach seiner Flucht, das Abitur mit einer Note von 2,0. Anschließend studierte Rahim Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaft und arbeitete schon während des Studiums als Softwareentwickler. Es folgten Stationen als selbständiger IT-Berater und angestellter Entwickler unter anderem für die Freenet AG. Rahims Geschichte scheint aus dem Lehrbuch für gelungene Integration entnommen zu sein, so reibungslos lief sie ab. Beim Start in die Selbständigkeit hatte der junge Afghane jedoch einige Stolpersteine zu überwinden. Seine erste Idee war ein Marktplatz für den Kauf und Verkauf von Web-Domains. Um den bürokratischen und finanziellen Aufwand möglichst gering zu halten, gründete Rahim zunächst eine britische Limited.

Das erste Projekt platzte drei Tage vor dem Start

Da sich eine von Rahim beauftragte Agentur einen gravierenden Fehler leistete, platzte das Projekt drei Tage vor dem seit Monaten geplanten Launch der Website Mabya.de. Die britischen Finanzbehörden schlossen die Limited, der Launch verzögerte sich nun um mehrere Monate, und die Kosten des eigenfinanzierten Projekts stiegen und stiegen.

Erst eine Umfirmierung beim Finanzamt in Essen in die 28h Lab UG sorgte schließlich für den ersehnten Startschuss von Mabya.de. Doch die nächsten Probleme ließen nicht lange auf sich warten: Beim Versuch, die Bekanntheit seiner Website mit Hilfe von Bloggern zu steigern, stieß Rahim auf wenig Resonanz, denn die Blogbetreiber verlangten zum Teil hohe Summen für ihre Unterstützung.

Diese kostspielige Erfahrung brachte den Gründer auf die Idee, Blogger und andere Meinungsmacher mit Werbetreibenden in einem kommerziellen Rahmen zusammenzubringen - die Idee zur Plattform Ranksider.de war geboren.

Firmen und Blogger zusammenbringen

Die auf dem Prinzip des Crowdsourcings basierende Plattform Ranksider ging im August 2011 online. Ziel ist es, Unternehmen zu helfen, ihre Produkte und Marken im Internet ins Gespräch zu bringen und gleichzeitig ihr Ranking in den Suchmaschinen zu verbessern (Search Engine Optimization = SEO). Das Prinzip des Self-Service-Marktplatzes ist einfach: Werbetreibende Unternehmen (Advertiser) registrieren sich kostenlos auf der Plattform und starten eine entsprechende Kampagne. Die "Meinungsmacher" - in erster Linie Blog-Inhaber und Betreiber anderer thematisch spezialisierter Websites - werden durch Ranksider über die Kampagne informiert und können hierfür ein Gebot abgeben. Advertiser wählen das passende Gebot und vergeben den Auftrag. Das Startup konnte mehr als 200 Kunden von sich überzeugen - Tendenz steigend. (am)

Wachstum - vorerst ohne Investoren und Business Angels

Noch schreibt die Crowdsourcing-Plattform keine schwarzen Zahlen, ist aber laut Wahid Rahim, der das Projekt aus eigenen Mitteln finanziert, "Cashflow-positiv".

Ranksider finanziert sich derzeit durch eine Provisionsvergütung von 30 Prozent des Auftragswerts einer jeweiligen Kampagne, welche durch die Kunden vorfinanziert wird. Hierdurch verschaffe man sich laut Rahim stets einen finanziellen Puffer. Eine größere Finanzierungsrunde durch Investoren oder Business Angels steht im Augenblick nicht auf der Agenda, grundsätzlich abgeneigt ist der Gründer jedoch nicht.

Für das laufende Jahr rechnet Rahim mit einer Verzehnfachung des Umsatzes, 2013 soll Ranksider schwarze Zahlen vorweisen können.