Die Chronologie eines Erfolgsrezepts

Von Hawaii aus eroberte Ethernet die Welt

12.06.1998

Die Namensgebung der neue Technik wählte Metcalfe allerdings nicht ausschließlich wegen der Reminiszenz zum Hawaii-Netz "Alohanet". Das Ethernet ähnelt in seiner Funktionsweise der Funktechnik, wo Informationen in ein homogenes, omnipräsentes und passives Medium entlassen werden. Es gibt keine Intelligenz im Übertragungsweg, den Verarbeitungsaufwand übernehmen die Empfangsstationen.

Das Gundprinzip des Alohanet war, das jedermann zu jeder Zeit an jede Station senden konnte, wenn der Äther nicht durch eine laufende Übertragung belegt war. Begannen jedoch zwei Stationen zur gleichen mit Kommunikation, entstanden Überlagerungen mit der Folge des Paketverlustes. Metcalfe: "They were lost in the ether." (Ether=Äther)

Am 22. Mai 1973, so die Legende, notierte Metcalfe erstmals den Namen Ethernet in einem Entwurf. Er arbeitete damals in den Forschungs- und Entwicklungslabors des Xerox Palo Alto Research Center an dem Problem, Workstations mit einem Laserdrucker zu verbinden und griff dazu die Funktionsweise des Alohanet auf. 1976 veröffentlichte Metcalfe seine Erkenntnisse in der Literatur.

1979 trat die Digital Equipment Corp. (DEC) an Metcalfe mit der Bitte heran, ein LAN-Verfahren zu entwerfen, das die Xerox-Patente nicht berührte. Doch der Ethernet-Vater hatte eine andere Idee. Xerox, so sein Vorschlag, solle einfach in das Vorhaben einbezogen werden. Außerdem holte der Chefentwickler noch Intel mit ins Boot und formte somit die DIX-Mannschaft. (DIX=DEC, Intel, Xerox).

Das DIX-Team arbeitete schnell und peppte das 3-Mbit/s-Experimentiernetz von Xerox auf. Bereits 1980 wurde die Ethernet-Version 1.0 fertiggestellt. Eine offensive Lizenzierungspolitik sorgte für die rasche Verbreitung des LAN-Verfahrens, das mit einer für damalige Verhältnisse unglaublichen Bandbreite von 10 Mbit/s arbeitete.

Auf dem Fuße folgten die Standardweihen des Institute of Electrical and Electronic Engineers (IEEE). 1982 veröffentlichte das Normierungsgremium einen ersten leicht vom DIX-Vorschlag abweichenden Draft. Von 1985 bis 1990 beschäftigte sich die IEEE-Arbeitsgruppe 802.3 mit der Definition des Kollisionsverfahrens CSMA/CD und beschrieb den Transfer über physikalischen Medien wie Glasfaser und ungeschirmtes Kupferdraht (10Base-XX).

Ein wahrlichen Boom erlebte Ethernet mit der Verbreitung der PCs. Nur im Netzverbund ließen sich die Stand-alone-Rechner produktiv nutzen. Zwischen 1989 und 1993 stieg der Anteil der vernetzten PCs in den USA von zehn auf 60 Prozent, in den meisten Fällen verbunden via Ethernet.

Weder das zeitweilig erfolgreiche und mittlerweile in Vergessenheit geratene Arcnet, noch das von der IBM entwickelte und in den Markt gedrängte Konkurrenzverfahren Token Ring und der hoffnungsbeladene, schnelle und multimediafähige Asynchronous Transfer Mode (ATM) konnten Ethernet aus der Erfolgsspur drängen. Das Gros der Anwender entschied sich für den billigen und einfach zu installierenden Klassiker, obwohl 10 Mbit/s den immer leistungsstärkeren PCs kaum noch ausreichten.

Knapp am Debakel vorbei schrammte der Ethernet-Markt 1993, als das IEEE seine ansonsten konsequente Politik vergaß, und zwei 100-Mbit/s-Varianten normierte. Doch am Markt hatte die von Hewlett-Packard entwickelte und vom ursprünglichen Kollisionsverfahren abweichende Variante "VG Anylan" keine Chance. Geblieben ist die Fast-Ethernet-Version 100Base-XX, die das alte Verfahren mit all seinen Unzulänglichkeiten, aber auch mit seiner verführerischen Einfachheit fortführt. Die schnelle Marktdurchdringung sorgte für einen Preisverfall, was wiederum den Absatz erhöhte.

Auf dieses Prinzip hoffen nun die Initiatoren der nächste Entwicklungsstufe. Seit 1996 basteln die Hersteller an Gigabit Ethernet, der Antwort auf ATM. Dabei müssen sie allerdings steigende Geschwindigkeit mit Längenbeschränkungen bei der Übertragung erkaufen. Noch in diesem Jahr wird das IEEE Gigabit Ethernet standardisieren. Es steht zu erwarten, daß die Anwender wiederum dessen simplen Charme erliegen werden.