IT in Banken/DAB Bank schafft mit neuer IT-Infrastruktur mehr Kundennähe

Von der Transaktionsplattform zur Vertriebsbank

03.09.2004

Nur wenn die IT-Systeme rund um die Uhr verfügbar, die Prozesse schlank und die Anwendungen integriert sind, kann die Bank den Service bieten, den die Kunden zu Recht von ihr erwarten. Damit Direktbanken dem wachsenden und sich wandelnden Bedarf der Kunden Rechnung tragen können, müssen sie mehr als eine funktionierende Online-Plattform für Transaktionen bieten. Kunden möchten heute zwischen verschiedenen Zugangswegen zur Bank wählen können. Außerdem erwarten viele eine aktive, unabhängige Beratung. Darauf hat sich die DAB Bank eingestellt und sich von einer Transaktionsplattform im Internet zu einer Vertriebsbank gewandelt, die ihren Kunden eine große Bandbreite an Finanzdienstleistungen anbietet und sich dadurch neue Erlösquellen erschließt. Dazu verfolgt die Bank eine Vertriebsstrategie, die an die IT-Systeme veränderte Anforderungen stellt.

Schon 2001 begann die DAB den Umbau des Unternehmens zu planen. Dabei war die Umstrukturierung der IT von Anfang an ein zentrales Thema. Trotz traditionell schlanker IT-Strukturen war mit den Jahren eine IT-Landschaft entstanden, die die Vertriebsaktivitäten nicht mehr im gewünschten Maß unterstützte.

Die integrierte Bank kommt

Weil die Order-Management-Systeme für B2C und B2B getrennt waren, gab es eine Vielzahl von Anbindungen an die Backoffice- und Orderrouting-Systeme. Außerdem war weder ein zentrales Management der Kundendaten noch ein integriertes CRM-System vorhanden, sodass die Daten in den Systemen nur mit hohem Aufwand administriert werden konnten.

Die IT-Landschaft war vornehmlich auf das Order-Mana- gement ausgerichtet und unterstützte daher keine aktiven Vertriebstätigkeiten. Hier bestand der größte Änderungsbedarf, schließlich erwarten heutige Kunden, dass die Bank ihnen Produkte und Dienstleistungen anbietet, die ihrer aktuellen Lebenssituation und ihren Bedürfnissen entsprechen. Um diesen Bedarf gezielt abfragen zu können, bedurfte es eines Systems, das Informationen über bisherige Transaktionen, aktuelle Bestände und Anfragen des Kunden konsistent wiedergibt.

Ein Ziel - viele Projekte

Im Jahr 2002 startete die Bank eine IT-Offensive mit dem Ziel, mehr Kundennähe zu verwirklichen, ohne dabei die Kosten explodieren zu lassen. Dazu wurden verschiedene Projekte durchgeführt:

- Das im März 2003 eingeführte Order-Management-System B3, eine Eigenentwicklung der Bank, schafft einen integrierten Zugang zum Transaktionssystem sowohl für Privat- als auch für institutionelle Kunden und bietet klare Strukturen in der Verbindung zum Backoffice.

- Das Internetportal wurde umgestaltet: Es bietet seit Juli 2003 noch direkter, schneller und einfacher Informationen, Tools und Zugang zur Community. Viel Wert wurde auf die Personalisierung gelegt: Kunden können Informationen wie Musterdepots oder Realtime-Kurse personalisiert zusammenstellen, die sie bei ihren Anlageentscheidungen unterstützen. Die Reduzierung der Internetseiten von 7221 auf 3202 Seiten bei gleichwertigem Informationsgehalt trägt dazu bei, dass die Kunden sich deutlich schneller und besser zurechtfinden.

- Dass die Kundendaten auf allen Kanälen synchronisiert sind, wird durch das im Oktober 2003 realisierte Account Data Management (ADM)-System des Herstellers ATG unterstützt. Es bildet die Daten der Kunden ab und bietet ihnen die Möglichkeit, Änderungen wie zum Beispiel eine gewechselte Anschrift im Internet leicht selbst vorzunehmen.

- Im November 2003 kam das CRM-System von Siebel hinzu. Es enthält systematisierte Informationen über den Kunden und hilft der Bank, aktiv mit Angeboten an die Kunden heranzutreten, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen. Das CRM System stellt die Bank über das B2B-Portal auch ihren Geschäftskunden zur Verfügung, die damit dann auch ihre jeweiligen Endkundendaten gezielt bearbeiten und pflegen können.

- Schließlich wurde im Dezember 2003 das Portfolio-Management-System Triple A eingeführt, eine Software zur strategischen Anlageplanung und deren Umsetzung. Es stellt B2B-Kunden der DAB spezielle Funktionen zur Verfügung, die den Berater optimal bei der Entwicklung und Umsetzung einer auf den Kunden individuell zugeschnittenen Anlagestrategie unterstützen.

- Im Juli 2004 hat die Bank den Partner für ihre Wertpapierabwicklung gewechselt. Damit kann das Unternehmen dem Kunden nun bessere Angebote machen, wie zum Beispiel flexiblere Fonds-Ordercutzeiten. Außerdem kann der Aufwand für Wertpapierabwicklungen um bis zu 30 Prozent gesenkt werden.

Genauso wichtig wie die einzelnen Kernanwendungen selbst ist ihre Verknüpfung. Um diese zu gewährleisten, entschied sich die Bank für den BEA Weblogic Server, der im Umfeld des Order-Management-Systems eingesetzt wird. Die verschiedenen Zugangswege des Kunden zu den Ressourcen der DAB sind über den Applikationsserver gebündelt: das B2B- und das B2C-Portal, die Interactive Voice Recognition (IVR), der Depotmanager sowie die E-Box, das Postfach der Kunden. Über den Server sind auch das ADM- und das CRM-System angebunden. Auf diese Weise ist garantiert, dass die Kundeninformationen, die über verschiedenste Kanäle zur DAB gelangen, in allen Systemen stets aktuell und konsistent sind. Durch die Integration der Kernanwendungen auf dem Weblogic Server wird die Effizienz des Gesamtsystems nocheinmals gesteigert. Aufgrund standardmäßig durch den Applikationsserver bereitgestellter Prozesse und Dienste verringert sich der Entwicklungsaufwand deutlich.

Kosten deutlich gesenkt

Auch wenn die neuen Anwendungen teilweise erst sehr kurz in Betrieb sind, die IT-Landschaft wurde weniger komplex. Waren es 2001 noch 29 Systeme, so sind es heute nur noch elf, was auch den Aufwand für die Administration verringert hat: 40 Mitarbeiter der Bank betreiben und warten die gesamte IT-Infrastruktur in Eigenregie. Außerdem konnten die IT-Betriebskosten von 2001 bis 2003 um 41 Prozent reduziert werden.

Befragungen haben gezeigt, dass die Änderungen bei den Kunden gut ankommen. Eine Umfrage vom Januar 2004 weist eine höhere Kundenzufriedenheit aus als noch im August des Vorjahres. 11000 Kunden, die nach dem Internet-Relaunch befragt wurden, gaben auf einer Skala von 1 bis 5 die Durchschnittsnote 1,7. Diese sehr gute Bewertung und die hohe Kundenzufriedenheit sind sicherlich nicht zuletzt auf die verbesserte IT zurückzuführen.

Der Umbau ist geschafft

Schließlich trägt die erneuerte IT-Infrastruktur dazu bei, dass die Bank ihr Ziel verwirklichen kann, die börsenunabhängigeren Erträge auszubauen. Zusammen mit Kooperationspartnern hat die Bank im zweiten Quartal dieses Jahres 19 verschiedene Geldanlageprodukte angeboten und aktiv an ihre Kunden vermarktet. Hatte die DAB 2002 noch keine direkten Vertriebsaktivitäten entfaltet, so wurden 2003 über 105000 Kunden telefonisch kontaktiert und erhielten persönlich abgestimmte Angebote. Dadurch wurde bis Ende 2003 ein Produktvolumen von 250 Millionen Euro abgesetzt. Im Jahr 2004 ist das gezeichnete Produktvolumen bereits nach zwei Quartalen auf diesem Stand. Dass die Bank aufgrund der erneuerten IT ihre Kunden viel zielgenauer ansprechen kann, zahlt sich also bereits aus.

Die Ergebnisse zeigen: Es ist der DAB gelungen, den Umbau von der Transaktionsplattform zur Vertriebsbank umzusetzen. Damit ist auch die Grundlage geschaffen, in einem wachsenden Markt Kunden bedarfsgerecht Produkte und Dienstleistungen anzubieten und Marktanteile kontinuierlich auszubauen. (bi)

*Gerlinde Weidt ist freie Journalistin aus Neusäß bei Augsburg.

Hier lesen Sie ...

- was zu einer Online-Plattform addiert werden muss, damit sich eine Direktbank zur Vertriebsbank entwickeln kann;

- welche Projekte die DAB Bank aufsetzte, um mehr Kundennähe zu erreichen, ohne die Kosten explodieren zu lassen;

- warum die neue IT-Infrastruktur dazu beiträgt, die börsenunabhängigeren Erträge auszubauen;

- wie die Bankkunden auf den Internet-Relaunch reagieren.

Abb: Vertriebsplattform als Basis

Die DAB-Vertriebsplattform ist die Grundlage für den wachsenden Markt. Quelle: DAB Bank