Obwohl es bel der Gesetzgebung ohne DV nicht mehr geht:

Von aufomationsgerechten Gesetzen weit entfernt

11.02.1977

"Wann endlich gibt es automationsgecignete Gesetze?" war die Kernfrage des "Interviews der Woche" in CW Nr. 3 vom 14. 1. 1977. "Wer stoppt die Bonner Gesetzesflutt" fragten wir drei Anwender im Thema der Woche" der gleichen Ausgabe. Wir haben damit offenstehtlieh zwei interessante Problemkreise gestreift - interessant zumindest für alle diejenigen, die in öffentlichen Verwaltungen beschäftigt sind. Im folgenden Beitrag wird - in bezug auf die "Automationseignung" von Gesetzen - die Behaupfung aufgestellt, daß in diesem Sinne brauchbare Gesetze nur von Juristen gemacht werden könnten, die auch eine Informatikausbildung haben.

Seit sich in der öffentlichen Verwaltung der Computer als Mitarbeiter eingeschlichen hat, gab es vereinzelt Leute, die die Forderung erhoben, Gesetze müßten automationsgerecht, besser gesagt "automationsgeeignet" sein. Dieser Forderung wurde zunächst entgegengehalten, politisch notwendige Lösungen dürften sich nicht der Technik unterordnen. Eine derartige Praxis hatte zwangsläufig zur Folge, daß sich die öffentlichen Verwaltungen - wie heute vielfach beklagt - unverhältnismäßig stark ausweiteten.

Desungeachtet haben jene, die automationsgerechte Gesetze forderten, nicht aufgegeben. Ihre Bemühungen hatten indes einen höchst eigenartigen Erfolg. War die Idee, automationsgerechte Gesetze zu fordern, doch im wesentlichen darin begründet, diese Gesetze sollten in einer, dem Hilfsmittel "elektronische Datenverarbeitung" gerechten Form zu Papier gebracht werden, so zeigt die Gesetzgebungstechnik heute, daß offensichtlich der Gesetzgeber das Vorhanden sein des Computers sehr wohl einkalkuliert, nicht je doch in der ursprünglich gewünschten Form - im Gegenteil.

Ganz abgesehen davon, daß Gesetze gelegentlich den a Eindruck erwecken, "mit heißer Nadel genäht zu sein"; sie sind auch derart kompliziert gestaltet, daß ihre Durchführung in einer angemessenen Frist mit vertretbarem Aufwand nur noch mit Hilfe von Anlagen erfolgen kann.

Parallele Problemanalyse

Werden solche Gesetze dann - weil sie zu schnell das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben - in kurzer Folge geändert, dann ist ihre Durchführung zwar nicht in Frage gestellt, aber zunächst mit erheblichem Aufwand verbunden und stets mit dem Risiko fehlerhafter Entscheidungen belastet.

Wie aber könnte man dies ändern? Ich habe vor einiger Zeit in einem verwaltungsinternen Informationsdienst die Forderung erhoben,

daß parallel zum Gesetzgebungswerk, nämlich während der Entstehung

eines Gesetzes, eine Problemanalyse zu erstellen ist und daß nach Verkündung eines Gesetzes wenigstens für die zur Durchführung dieses Gesetzes zuständigen öffentlichen Verwaltungen entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Selbstverständlich müßte dies auch bei entsprechenden Gesetzesänderungen gelten. Es wäre darüber hinaus sogar denkbar, daß bei bestimmten Gesetzen wenigstens ein Grundkonzept für ein Softeware-Paket angeboten werden kann. Als Beispiel mag das Problem "Berechnung von Lohnsteuern und anderen gesetzlichen Abzügen" gelten.

DÜVO im Sandkasten

Es wäre sicherlich interessant, einmal festzustellen, in wieviel Rechenzentren in der Bundesrepublik Lohnsteuerprogramme erstellt und ständig gepflegt werden müssen. Da die Steuerverwaltung wegen der Einkommensteuerveranlagung und wegen der Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleichs sich ohnehin mit dieser Materie befassen muß, wäre es denkbar, vor der Verabschiedung eines solchen Gesetzes die praktikable Anwendung sozusagen "im Sandkasten" zu erproben.

Zweites Beispiel: Das Sozialversicherungspaket. Rentenversicherung-, Arbeitslosen- und Krankenversicherungsbeiträge sind von jedem Arbeitgeber in gleicher Weise zu berechnen. Wiederum bemühen sich eine Vielzahl von Programmierern, das "DÜVO-Ungetüm" zu bändigen. Kurios wird die Angelegenheit, wenn Träger der Sozialversicherung sich einerseits vorbehalten, ein -DÜVO-Software-Paket zu genehmigen, und dann zusätzlich verlangen, daß alles was in diesem Paket abläuft, lesbar ausgedruckt wird (im übrigen ohne verbindliche Rechtsvorschriften für den Arbeitgeber).

Boshafte Schlußbemerkung: Da Gesetze in der Regel von Juristen erstellt werden, ist bei einer Reform der juristischen Ausbildung (die ja seit Jahren kommen soll) eine Ausbildung als Informatiker mit einzubeziehen!

- Hans Fischer ist Dezernent im Landesbesoldungsamt Schleswig-Holstein in Kiel.