Die neue Kundenorientierung

Vom ERP zum Lebens-Management

18.08.2011
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Die IT muss umdenken

Aber wer zeigt den Unternehmen die Möglichkeiten auf, die sich für sie ergeben. Die interne IT? "Jein", sagt Österle: "In der Vergangenheit hat sich herausgestellt, dass solche Ideen von den Fachbereichen, also Marketing, Vertrieb und Servicebereich, entwickelt werden müssen, weil diese das Geschäft besser kennen". Allerdings müsse die IT den internen Anwendern die realisierbaren Möglichkeiten und Lösungsbeispiele vorstellen. Die Mitarbeiter im Geschäft seien zwar bereits selbst Anwender der Online-Services, hätten aber nicht "das ganze Bild" vor Augen.

Um eine "Beraterrolle" ausfüllen zu können, sollten die ITler allerdings umdenken. "Jahrelang war das ERP-System das gültige Paradigma", holt Österle aus, "in der IT ging es fast immer um Effizienz und Profitabilität des Unternehmens; die Kunden waren die internen Anwender." Heute hingegen sei die IT aufgerufen, einen Schritt vorauszudenken - hin zum Kunden ihrer Kunden: "Wir müssen aus dem Unternehmen heraustreten und uns in die Lage des Konsumenten versetzen."

Und der wolle nun einmal keine 20 User Names und 30 Passwörter, sondern einfachen Zugriff - mit der nötigen Sicherheit. Dass dies möglich sei, beweise zum Beispiel der Single-Sign-On-Dienst von BioID auf Basis des Standards "Open-ID"; er verwalte transparent unterschiedliche Log-ins.

Aufgaben des modernen CIOs

Der CIO moderner Prägung steht nun vor der anspruchsvollen Aufgabe, sich einen Überblick über einen explodierenden Markt von Angeboten für Konsumenten zu verschaffen, darunter die für sein Unternehmen erfolgsversprechendsten herauszupicken und dann gemeinsam mit den Fachbereichen zu entscheiden, auf welchen Plattformen (sprich: in welchen Ökosystemen) das Unternehmen präsent sein und was es dort unternehmen sollte. "Wenn er sich informieren will, ist er herzlich eingeladen, bei unserer Initiative Independent Living mitzumachen", treibt Österle ein wenig Eigenwerbung.

Daneben sieht der Wirtschaftsinformatiker eine riesige Herausforderung in der Qualität der Kundendaten. Wo liegen sie, wie verlässlich und vollständig sind sie, und wie lassen sie sich sinnvoll nutzen? Erst auf der Basis zuverlässiger Informationen sind Pannen im Umgang mit dem Konsumenten vermeidbar.

Last, but not least entstehen auf mittlere Sicht, davon ist Österle überzeugt, "Consumer-ERPs"; deren Aufgabe ist es, den Konsumenten die Möglichkeiten der IT-Applikationen zu erschließen und ihnen gleichzeitig die Komplexität im Umgang damit abzunehmen. Wer eine solche Plattform schaffen werde, sei noch nicht entschieden: "Ich persönlich hoffe, dass es kein Monopol wie Apple, Google oder Facebook sein wird".