Übernahmekandidat Sun

Vom Börsenliebling zum Problemkind

30.03.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

2003 - Milliarden-Verluste schocken das Management

Trotz Sparprogramm beginnt das neue Jahr mit einer Hiobsbotschaft: Für das zweite Fiskalquartal meldet Sun ein Rekorddefizit von fast 2,3 Milliarden Dollar, das allerdings vor allem auf Wertberichtigungen für die übernommenen Firmen Cobalt Networks und Highground Systems sowie Aufwendungen für die Restrukturierung zurückzuführen ist. Der Hersteller ändert daraufhin seine Produktstrategie: Sun bringt als letzter der großen Server-Anbieter eine eigene Blade-Plattform auf den Markt. Experten werfen Sun allerdings vor, den Trend in Richtung Blade-Systeme verschlafen zu haben. Außerdem bemüht sich Sun, im Lowend-Segment Fuß zu fassen. Hier sind allerdings die Konkurrenz härter und die Margen längst nicht so hoch wie im Highend. Darüber hinaus feilt der Server-Spezialist an seiner Softwarestrategie. Im September werden fünf integrierte Java-Pakete angekündigt. Analysten bezweifeln jedoch, ob es gelingt, damit das schwächelnde Hardwaregeschäft aufzufangen. CEO Scott McNealy muss zunehmend Kritik der Analysten einstecken. Sie fordern neue Strategien. Der Sun-Gründer habe zwar das Image des Unternehmens geprägt und entscheidend zu dessen Erfolg beigetragen. Inzwischen sei aber nicht mehr erkennbar, wie Sun dauerhaft auf Wachstumskurs zurückkehren wolle.

Viele Branchenbeobachter rieben sich erstaunt die Augen: Scott McNealy (li.) und Microsoft-Boss Steve Ballmer sitzen scherzend nebeneinander.
Viele Branchenbeobachter rieben sich erstaunt die Augen: Scott McNealy (li.) und Microsoft-Boss Steve Ballmer sitzen scherzend nebeneinander.

2004: McNealy reagiert: Im April begraben Sun und Microsoft überraschend das Kriegsbeil. Microsoft zahlt fast zwei Milliarden Dollar, um die Streitigkeiten rund um Kartellverfahren und Patentkonflikte aus der Welt zu schaffen. Ein auf zehn Jahre befristeter technischer Kooperationsvertrag hat in erster Linie eine verbesserte Interoperabilität zwischen den Produkten beider Unternehmen zum Ziel. Dem Server-Spezialisten kommt die Finanzspritze nicht ungelegen, hatten die Sun-Verantwortlichen doch wieder rote Zahlen erwartet. Um die Kosten zu drücken, sollen weltweit weitere 3300 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Hinter McNealy wird Jonathan Schwartz, frisch gebackener President und Chief Operating Officer (COO), als neuer starker Mann aufgebaut. Er will das Geschäftsmodell von Sun radikal umkrempeln. Kontinuierliche Einnahmen für Software und Services sollen die Abhängigkeit vom Hardwaregeschäft verringern. Die Rechnung scheint aufzugehen: Die Umsätze wachsen und die Verluste werden kleiner.