VoIP-Anbieter ignorieren den Mittelstand

09.02.2007
Anders als von den Carriern propagiert, interessieren sich kleine und mittelgroße Unternehmen noch kaum für Fixed-Mobile-Convergence (FMC) und andere VoIP-Features.

"Fixed-Mobile-Convergence wird zwar von den Anbietern als Topthema gesehen", erklärte John Macario, Präsident der Bostoner Beratungsgesellschaft Savatar, gegenüber dem Branchendienst "Computerwire". Die Untersuchungen der vergangenen drei Jahre hätten jedoch gezeigt, dass Mittelstandskunden die potenziellen Vorteile von FMC kaum registrierten. "Kleine Firmen nehmen vorwiegend aus wirtschaftlichen Überlegungen Veränderungen an ihrer Sprach- und Dateninfrastruktur vor", fasste Macario die Ergebnisse einer Befragung von 1000 mittelständischen Betrieben in den USA und Europa zusammen. "Sie tun dies nicht etwa, um neue Features zu erhalten."

Über längere Zeit sehe er in FMC auch für Mittelständler Geschäftsvorteile, räumte Macario ein. VoIP-Anbieter machten jedoch den Fehler, die Konvergenz von Festnetz und Mobilfunk bereits heute als Verkaufsargument bei kleinen Firmen zu nutzen. Stattdessen sollten sie sich auf den Einspareffekt plus wenige Kernvorteile konzentrieren. Die Untersuchungen hätten ergeben, dass die Mittelständler im Schnitt weniger als drei VoIP-Features nutzten. "SMBs haben wenig Ansprüche an ihr TK-System", erklärte Macario. Während bei größeren Unternehmen auch Argumente wie eine höhere Produktivität zögen, interessiere kleinere Firmen primär, ob sie mit VoIP sparen können.

Abgesehen von ein paar kleineren Anbietern, die den meisten Mittelständler unbekannt seien, habe keiner der großen Carrier in den USA sein VoIP-Angebot an die Bedürfnissen kleinerer Firmen angepasst, konstatiert Macario. Dies sei einer der Gründe dafür, dass die Durchdringungsrate im Mittelstand mit elf Prozent hinter der in Großbritannien (17 Prozent) liege. Noch schlechter schnitten laut Savatar Frankreich und Deutschland mit einer VoIP-Nutzung von jeweils fünf Prozent ab, während der Wert in den Niederlanden praktisch gegen Null tendiere.

Mangels ernstzunehmender Konkurrenz sähen sich die großen Carrier aktuell nicht unter Druck, ihre Mittelstandsstrategie anzupassen, erläutert Macario. Günstige VoIP-Dienste seien für die Telcos eine Bedrohung, da sie das Festnetzgeschäft in Gefahr brächten. In den USA rechnet der Marktexperte rechnet erst dann mit gravierenden Veränderungen des Status quo, wenn Kabelbetreiber ein VoIP-Angebot für Firmenkunden auflegen. In Europa könnten wiederum Mobilfunkbetreiber die Carrier zu Anpassungen ihrer VoIP-Strategie zwingen. Macario verweist in diesem Zusammenhang auf die Pläne von Vodafone, seine Geschäftskunden im Festnetz- und Mobilfunkbereich durch VoIP-Angebote zusammenzuführen. Im Privatkundengeschäft liefen bereits mobile Dienste und DSL über eine Rechnung. (mb)