Europas Kabelbranche im Umbruch?

Vodafone spricht mit Liberty Global

08.06.2015
In der europäischen Kabelbranche bahnt sich eine Neuordnung an.

Das britische Telekomunternehmen Vodafone verhandelt mit dem US-Kabelkonzern Liberty Global über den Austausch einiger Sparten - beide sind auch stark in Deutschland vertreten. Über eine Fusion der beiden Unternehmen werde dagegen nicht gesprochen, teilte Vodafone am Freitag in Newbury kurz nach Börsenstart als Reaktion auf einen Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg mit. Diese hatte zuvor berichtet, dass Vodafone und Liberty Global miteinander sprechen und dabei auch ein Zusammenschluss geprüft werden könnte.

Um welche Sparten es sich bei dem möglichen Austausch handelt, wollte Vodafone nicht mitteilen. Die Gespräche seien in einem frühen Stadium und könnten jederzeit auch noch scheitern. An der Börse wurde die Nachricht mit Enttäuschung aufgenommen. Die Aktie drehte nach der offiziellen Mitteilung ins Minus und gab zuletzt knapp zwei Prozent nach. Vor der Bekanntgabe des möglichen Spartentauschs und der Absage an eine Fusion war die Vodafone-Aktie noch knapp vier Prozent auf 258 Pence - den höchsten Stand seit Anfang 2014 - gestiegen.

In den vergangenen Monaten wurde immer wieder über Gespräche zwischen Vodafone und Liberty Global spekuliert. So soll Vodafone-Chef Vittorio Colao einem Bloomberg-Bericht von Ende November zufolge bei Investoren vorstellig geworden sein, um die Bereitschaft für eine Fusion oder den Austausch von Sparten zu besprechen. Der US-Medienunternehmer John Malone, der Liberty Global kontrolliert, hatte vor kurzem in einem Interview gesagt, dass Vodafone ideal zu seinem Unternehmen passen würde. Vor allem in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden würden sich die Kabelgeschäfte der beiden Unternehmen seiner Einschätzung nach ideal ergänzen.

Liberty Global hatte erst 2013 sowohl den niederländischen Anbieter Ziggo als auch den britischen Konzern Virgin Media für insgesamt 16 Milliarden Dollar übernommen. Hierzulande ist Liberty Global durch Unitymedia, den Kabelbetreiber in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen, schon länger vertreten. Vodafone hat sich 2014 wiederum die Mehrheit an Kabel Deutschland - dem größten deutschen Kabelkonzern - gesichert.

Kabel Deutschland war 2004 mit dem Versuch der Übernahme der Kabelnetze in den drei heutigen Unitymedia-Bundesländern am Widerstand des Bundeskartellamts gescheitert. Inzwischen hat sich der Kabel- und Telekommarkt aber stark gewandelt - eine Entscheidung könnte heutzutage anders aussehen. Unter anderem forcieren Telefonkonzerne wie die Deutsche Telekom den Ausbau schneller Glasfasernetze, um der technisch größeren Kapazität der Kabelnetze etwas entgegensetzen zu können.

Derzeit rollt eine Übernahmewelle durch Europas Telekommärkte. Der bislang weitgehend nationalen Regeln unterliegende Markt formiert sich mit der Aussicht auf eine firmenfreundlichere europäische Regulierung neu. Mobilfunker kaufen sich mit Kabelnetzen aus ihrer nahezu chronischen Umsatzschwäche heraus, weil sie auf weiteren Datenhunger im wachsenden Breitbandmarkt setzen. Zunehmend werden auch nationale Zusammenschlüsse direkter Konkurrenten wie hierzulande zwischen Telefonica Deutschland und E-Plus genehmigt. Politiker und Aufseher sorgen sich vor der starken Konkurrenz durch Telefon- und Internetfirmen vom amerikanischen Kontinent. (dpa/tc)