VMware kontert die Attacke von Citrix

10.09.2007
Auf seiner Hausmesse VMworld schickt der Virtualisierungsanbieter den "Virtual Desktop Manager" und den "ESX Server 3i" in den Wettbewerb mit konkurrierenden Produkten des Server-based-Computing-Spezialisten.

Von CW-Redakteur Ludger Schmitz

Die Konkurrenz zwischen VMware und Citrix nimmt unweigerlich zu, auch wenn sich beide Seiten bemüht zeigen, die Situation nicht zu einem die Anwender irritierenden Konflikt eskalieren zu lassen. Geradezu behutsam operiert VMware bei der Präsentation seines "Virtual Desktop Manager", der in traditionelles Citrix-Revier eindringt. Kopf an Kopf läuft das Rennen um die Integration von Hypervisor-Technik in Hardware: Wenige Tage nach der Xensource-Abteilung von Citrix kündigt auch VMware eine Embedded-Variante seiner Virtualisierungslösung an.

Der wichtigste Vorstoß gegen Citrix heißt VMware Virtual Desktop Manager (VDM). Dies ist der erste Angriff, laut VMware ist das Produkt nicht mehr als "eine Schlüsselkomponente" in der eigenen "Virtual Desktop Infrastruktur" (VDI). Das Produkt ist aus der Übernahme des britischen Anbieters Propero hervorgegangen. Technisch handelt es sich um einen so genannten Connection Broker, der dem Endanwender-Client eine (oder mehrere) virtuelle Maschinen (VMs) mit ihren Anwendungen vom Server verfügbar macht. Es handelt sich also um eine virtualisierte Variante des Server-based Computing – auf nichts anderes orientiert sich im Prinzip auch Citrix.

Martin Niemer, Europa-Marketing-Leiter von VMware: "Es ist keine Frage, dass wir uns im selben Markt wie Citrix und andere bewegen. Aber wir wollen niemandem die Butter vom Brot nehmen."
Martin Niemer, Europa-Marketing-Leiter von VMware: "Es ist keine Frage, dass wir uns im selben Markt wie Citrix und andere bewegen. Aber wir wollen niemandem die Butter vom Brot nehmen."
Foto: Niemer

VMwares VDM befindet sich noch in der Betaphase; mit der Freigabe ist gegen Ende dieses Jahres zu rechnen. Erst danach werden Tests zeigen, welche Server-Ressourcen die Lösung zur Versorgung welcher Benutzerzahlen benötigt. Auch über die Preisgestaltung möchte der Anbieter noch nichts verraten. Bekannt ist, das Produkt wird SSL-Verschlüsselung für die RDP-Verbindung, RSA-Secure-ID, Single-Sign-on, Smartcard-Integration und USB-Unterstützung bieten. Und VDM wird über die Management-Umgebung von VMware administriert.

Der Virtualisierungsspezialist ist betont zurückhaltend bei Äußerungen über Marktkonstellationen und über Citrix insbesondere. Der Markt sei riesig, die Analysten von IDC reden von zwei Milliarden Dollar Volumen im Jahr 2011. "Unser Interesse ist es, diesen Markt voranzutreiben. Er gibt genug Möglichkeiten für andere Hersteller, sich mit anderen Produkten und anderen Funktionen einzubringen", windet sich Martin Niemer, der Europa-Marketing-Leiter von VMware. "Es ist keine Frage, dass wir uns im selben Markt wie Citrix und andere bewegen. Aber wir wollen niemandem die Butter vom Brot nehmen."

Sein Arbeitgeber zeigt allerdings noch mit einer zweiten Neuerung Flagge gegen Citrix. Dessen Neuerwerbung Xensource hat vor wenigen Tagen "XenExpress OEM Edition" lanciert, offenbar ein Manöver, um VMware etwas die Show zu stehlen. Denn es war Insidern bekannt, was der Virtualisierungsaltmeister heute vorstellen würde: ESX Server 3i. Dies ist nichts anderes als der Kernel von ESX Server, also das von der Service-Konsole bereinigte VMware-Hauptprodukt.

Der Kernel ist nur 32 MB groß. Ihn können Server-Hersteller in Lizenz nehmen, um VM-Treiber für die Komponenten ihrer Rechner erweitern, alles in einem Flash-Chip speichern und diesen in die Motherboards ihrer Server integrieren. Beim Booten startet zuerst das Bios, dann die virtuelle Umgebung, und der User kann danach Templates von der Festplatte laden.

Das beschleunigt die Virtualisierung. Der kleine Kernel ist darüber hinaus natürlich weniger Bug-anfällig als die große Lösung, ist Update-freundlicher und dürfte entsprechend bessere Verfügbarkeit bieten. "Bei Bedarf kann man mit solch einem Server sehr schnell die Rechenpower der virtuellen Umgebung erweitern: Man schaltet einen dazu und verteilt die Lasten auf mehr VMs", zählt VMware-Manager Niemer weitere Vorteile auf. Er bringt noch einen weiteren Aspekt ins Spiel: "Diese Turn-key-Lösung ist im Prinzip auch für Server geeignet, die keine Festplatten haben, was in Richtung Energieeinsparung, Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit sinnvoll sein könnte."

Die Embedded-Virtualisierungslösung 3i bietet die gleichen technischen Rahmenbedingungen wie der "große" ESX Server: Er ermöglicht vier virtuelle Prozessoren, die bis zu 16 MB virtualisiertes RAM in Anspruch nehmen können. Die Zahl der virtualisierten Maschinen ist nicht limitiert. Ähnlich sieht es übrigens beim Konkurrenzprodukt von Xensource aus: Vier virtuelle CPUs und 16 MB RAM, begrenzt auf einen Server mit bis zu zwei Prozessorsockeln.

Das Rennen um den Zukunftsmarkt der Hardware-integrierten Virtualisierung hat damit begonnen. Richtig los geht es allerdings erst ab Ende dieses Jahres. Ab dann sollen die ersten entsprechend ausgestatteten Server auf den Markt kommen. Drei Herstellernamen hat VMware schon genannt: Dell, Hewlett-Packard und IBM. Sie werden im Laufe der VMworld ihre Produktpläne bekannt geben.

Und noch eine dritte Produktankündigung schiebt VMware am ersten Tag der Hausmesse ins Zentrum: den "Site Recovery Manager" (SRM). Dieses Produkt soll irgendwann in der ersten Jahreshälfte 2008 auf den Markt kommen. Das Produkt soll Administratoren beim Desaster Recovery helfen. Mit ihm werden sich die Notfallmaßnahmen zur Übertragung des IT-Betriebs von einem primären auf ein Ausweich-Rechenzentrum planen, testen und automatisieren lassen. Dabei werden auch bisher manuell aufwändige Umkonfigurationen auf gegebenenfalls unterschiedliche Umgebungen erfasst. Das Ganze dient ebenfalls zur Rückverlagerung des Betriebs in das Primärrechenzentrum. Ein Element von SRM spricht besonders legislative und finanzwirtschaftliche Rahmenbedingungen an: Durch die Simulation der Notfallmaßnahmen soll sich auch der Nachweis erbringen lassen, dass eine Unternehmens-IT den Compliance-Anforderungen entspricht.

Das Produkt sorgt allerdings nicht für die Replizierung der Daten zwischen den beiden Rechenzentren. Dies bleibt den Lösungen der Storage-Hersteller überlassen. Auf seiner Hausmesse will VMware Kooperationen verkünden, die darauf zielen, die eigene Recovery-Lösung in deren Storage-Management-Umgebungen zu integrieren.

Die COMPUTERWOCHE bringt hier täglich weitere Online-Meldungen von der VMworld. Eine Zusammenfassung lesen Sie in unserer Print-Ausgabe 38/2007 am 21. September.