Vision ohne Technologie

17.09.1993

Mit dem Genehmigungskonzept Corporate Networks sei die bereits vorentscheidende Weichenstellung fuer die voellige Beseitigung des Telefondienstmonopols in Deutschland erfolgt, frohlocken die Liberalisierungs-Verfechter, und vielerorts sieht man auch schon das Netzmonopol als letzte Bastion fallen. So weit, so gut (und auch zutreffend).

Gleichzeitig wird jedoch geradezu leidenschaftlich ueber den vom Ministerium nur vage gefassten Begriff der "geschlossenen Benutzergruppe" diskutiert - wohl wissend, dass nicht wenige von denen, die eine grosszuegigere Interpretation der neuen Bestimmungen fordern, bereits seit Jahren in ihren eigenen Netzen zum Teil das realisiert haben, was nun erst erlaubt ist. Dort hat man, was bei deutschen Unternehmen keine Selbstverstaendlichkeit ist, ueber TK- Kosten nachgedacht und vor allem nachgerechnet - mit dem Ergebnis zum Teil beeindruckender Einsparungen.

Rechnen und ueberlegen sollten aber auch die Anwender, die jetzt erst auf den Corporate-Network-Zug aufspringen wollen - insbesondere deshalb, weil die eigentliche Tragweite einer solchen Entscheidung sehr schnell den TK-politischen Rahmen sprengt. Natuerlich ist in diesem Zusammenhang richtig, dass Telekommunikation und DV zusammenwachsen, und richtig ist auch, dass hier die zentrale Forderung Netzwerk-Konsolidierung heisst - sprich: die Integration von Ressourcen, um auf Dauer Hardware- und Leitungskosten zu sparen.

Wie dabei jedoch das grundlegende Problem der Kollision des Sprach- mit dem Datenverkehr zufriedenstellend geloest werden kann, ist eine bis dato ungeloeste Frage. Bandbreiten-Einsparung durch Sprachkompression, Cell Relay und Multimedia-Knoten heissen hier die Schlagworte der Industrie, und gemeint ist nichts anderes als der seit Monaten in der Networking-Szene herumgeisternde Hoffnungstraeger ATM. Da gilt aber immer noch (abgesehen von ersten proprietaeren LAN-Komponenten): Man kann zwar darueber reden, aber nichts entsprechendes kaufen.

Schwarz-Schilling: Wenn technologisch alles zusammenwaechst, kann man ordnungspolitisch nicht laenger sagen, dies oder jenes ist nicht erlaubt.