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Virtuelle Vektorprozessoren ziehen im Supercomputing ein

28.10.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Traditionell sind Supercomputer eine Domäne von Vektorprozessoren. IBM hingegen setzt auf die "Virtual Vector Architektur" (Viva) für seine skalaren Prozessoren. Sie nutzt eine Eigenschaft der Power-5-CPUs: Mehrere dieser mit zwei Rechenkernen arbeitenden Prozessoren können dabei so miteinander verbunden werden, dass sie wie ein Vektorprozessor arbeiten. Aus einer 16-Wege-Maschine wird ein System mit 32 Floating-Point-Engines.

Die virtuelle Vektorarchitektur haben IBM und Wissenschaftler am National Energy Research Scientific Computing Center (Nersc) in Berkeley, Kalifornien, seit dem Herbst 2000 entwickelt. Sie adressiert einen Nachteil der in großen Mengen hergestellten und daher billigen skalaren Prozessoren, die in Clustern zu Hochleistungsrechnern gebündelt werden: Diese CPU vergeuden einen großen Teil ihrer Leistungsfähigkeit, indem sie auf Befehlssätze und zugehörige Daten zu warten, die verarbeiteten Daten mit anderen Prozessoren zu synchronisieren sowie sie in bestimmte Speicherbereiche auszulagern.

Vektorprozessoren hingegen verarbeiten Befehle sowie Daten als einen Stream und schicken die Ergebnisse an beliebige Speicheradressen. Dadurch sind sie besser ausgelastet. Allerdings werden Vektorprozessoren nicht in großen Mengen hergestellt, weshalb sie deutlich teurer sind. Mit Vektorprozessoren arbeiten beispielsweise die Supercomputer "X1" von Cray sowie der "Earth Simulator" und der neue "SX-8" von NEC.

IBM ist nicht der einzige Hersteller, der mit der virtuellen Vektorarchitektur arbeitet. Hitachi hat am Leibniz-Rechenzentrum in München einen Supercomputer installiert, dessen aus acht skalaren CPUs gebildete Nodes zu einem virtuellen Prozessor verbunden sind. Und auch in der Cray X1 bilden jeweils vier "Single-Stream"-Vektor-CPUs einen einzigen großen Vektorprozessor.

Die auf Vektorprozessoren setzenden Hersteller NEC und Cray sind überzeugt, dass die virtuelle Architektur nicht zu einem vergleichbaren Datendurchsatz führen kann. Denn letztlich müssen skalare Viva-CPUs doch dauernd mit anderen Viva-Blöcken kommunizieren. Dabei geht Effizienz verloren. Doch IBM und das Nersc arbeiten bereits am Konzept "Viva 2". Auf dieser Basis soll 2007 am Nersc ein Supercomputer mit Power-6-Prozessoren entstehen, der es auf 50 Teraflops bringt. Und das wird nur der Einstieg sein. Noch auf der Basis von Power-5-CPUs und Viva 1 entsteht gerade am Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) in Kalifornien ein "Bluegene/L"-Supercomputer. Seine erste Ausbaustufe hat soeben knapp den 35,86 Teraflops leistenden Earth Simulator vom Platz eins der Supercomputerliste verdrängt. Bei seiner Fertigstellung Anfang nächsten Jahres wird er 360 Teraflops bringen. (ls)