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Die Generation V heiratet virtuell

Virtuelle Eheschließung - Rosen, Tränen, Hochzeitsglocken

15.11.2007
Ein Analyst von Gartner hat sich weit aus dem Kirchenfenster gelehnt: Im Jahr 2015 sind zwei Prozent der US-Amerikaner virtuell verheiratet, behauptet er. Der schönste Tag im Leben findet demnach vor dem Rechner statt.

Im Jahr 2015 haben zwei Prozent der US-Amerikaner den Gang vor den Traualtar hinter sich, prognostiziert Gartner-Analyst Adam Sarner – wohlgemerkt online in einer virtuellen Welt. In der Regel heiraten dabei Avatare, deren Menschen sich vorher niemals in der Echtwelt getroffen haben (woran sich nach der Eheschließung freilich häufig auch nichts ändert). Dies wiederum führt zu Problemen im korrekten Vollzug der Ehe, sollte bis dahin nicht ein technologischer Durchbruch bei Peripheriegeräten erzielt worden sein. Dafür ist die emotionale Komponente einer virtuellen Beziehung sehr groß.

Laut Sarner haben die online abgegebenen Versprechen künftig die gleichen rechtlichen Auswirkungen wie Offline-Ehen. Dies betreffe beispielsweise gemeinsames Eigentum und das Recht, den (echten) Partner etwa am Krankenbett besuchen zu dürfen. In der Gegenwart kann man bereits in Second Life den Bund der Ehe schließen, wenn auch ohne rechtliche Folgen. Allerdings räumte der Analyst im Telefonat mit der CW-Schwester "Network World" ein, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Gleichstellung virtueller Ehen erst geschaffen werden müssten. Wenn genügend (echte) Menschen darauf drängen, würde sich auch etwas verändern. Der Haken: Der Analyst geht davon aus, dass man in der westlichen Zivilisation nur eine Ehe gleichzeitig abschließen kann – also nicht einen Partner offline und den anderen online.

Als übergreifendes Schlagwort seiner Thesen hat Sarner den Begriff "Generation V" gewählt, die logische "Folge" der vorherigen Generationen X und Y – in diesem Fall also ein Prequel wie bei "Star Wars". Unlängst hatten Forscher übrigens spekuliert, dass um das Jahr 2050 herum die ersten Ehen zwischen Menschen und Robotern geschlossen werden. Unbeantwortet blieb bislang die Frage, wann ein virtueller Mensch erstmals den Avatar eines Roboters heiratet oder umgekehrt.

Die Entwicklung hat selbstverständlich auch Konsequenzen für Unternehmen, die eigentliche Zielgruppe Gartners. Demnach werden Firmen im Jahr 2020 mehr Geld für Marketing und Werbung in virtuellen Welten ausgeben als in Echtlife, berichtet der Analyst. Sarner zufolge wird um diesen Zeitpunkt herum auch mindestens eine Stadt eine virtuelle Person zum Bürgermeister wählen. Selbst wenn die Eheprognose nicht zutreffen und die virtuelle Welt Second Life im Jahr 2008 geschlossen wird, ist davon auszugehen, dass sich der Anteil des virtuellen Lebens kontinuierlich ausweitet. (ajf)