Virtualisierung - Die sanfte Migration

29.12.2005
Von Christoph Kurpinski

Der grundsätzliche Vorteil einer Rufverteilungs-Lösung in verteilten Call-Center-Strukturen liegt beim TDM-Virtualisierungsansatz darin, dass der Betreiber zunächst weder Hard- noch Software kaufen muss. Weder für eine neue PBX-Infrastruktur noch für eine hardwarebasierende Rufverteilungs-Variante mit Wartungsvertrag und teuren Software-Upgrades fallen Kosten an. Voraussetzung ist, dass die existierende TK-Anlage weiterhin nutzbar ist und durch erweiterte Funktionen zur automatischen Rufverteilung (Automatic Call Distribution = ACD) und Mehrstandortfähigkeit aufgewertet wird. Die ACD-Leistungsmerkmale werden dabei vollständig in das Netz des Diensteanbieters integriert. Die Betriebsparameter dieser ASP-Lösung werden über einen Internet-Zugang des Kunden gesteuert. Die vorhandene PBX des Kunden bleibt wie bisher an das öffentliche Netz angeschaltet. Verträge müssen nicht geändert werden, weder für den Betrieb und die Wartung der TK-Anlage noch für die Anbindung an das öffentliche Fernmeldenetz.

Anrufverteilung

Die ACD steht dem Kunden also bei diesem Ansatz von Anfang an zur Verfügung. Die Mitarbeiter müssen zudem nicht für eine neue TK-Anlage geschult werden. Ferner entfällt das Umschaltrisiko, welches durch den Abbau der alten und den Aufbau der neuen Systemtechnik bestehen würde.

Bei einer VoIP-basierenden virtuellen ACD werden die "Sprachanfragen" der Anrufer ortsnah am Vermittlungssystem zu IP gewandelt und dann der ACD-Software zugeführt. Diese Software übernimmt wie bei einer rein sprachbasierenden ACD die "hoheitliche" Anrufverteilung. Entsprechend der administrierten Verteillogik werden die Anfragen den angemeldeten Agenten über IP-Strecken zugeführt. Unabhängig davon, ob die Mitarbeiter an einer VoIP-TK-Anlage angemeldet sind oder über einen PC mit Softphone am Heimarbeitsplatz sitzen, werden dort die "IP-Pakete" wieder in Sprache gewandelt. Eine Vermaschung der einzelnen Standorte untereinander ist nicht zwangsweise notwendig, da die zentrale Steuerung anlagenunabhängig geschieht.

Investitionen für VoIP

Um eine ähnlich strukturierte Komplettlösung über das Internet Protocol zu nutzen, müssen die TK-Anlagen grundsätzlich VoIP-fähig sein, da sonst die Wandlung der Sprache unnötig wäre. Wenn ein Ersatz der bestehenden TK-Anlage nicht ohnehin ansteht, müssen die Anlagen also VoIP-fähig gemacht werden. Hierfür können folgende Preise für Anlagen bis 500 Geräte angenommen werden: Für das IP-Board 3000 Euro pro TK-Anlage, für die IP-Applikation 2000 Euro pro CTI-Server, an Systemlizenzen sind 2000 Euro pro TK-Anlage anzusetzen. Zusätzlich sollte mit 500 Euro pro Telefon kalkuliert werden.

Um eine virtuelle VoIP-Komplettlösung sinnvoll zu integrieren, sollte man mindestens drei Standorte umrüsten. Bei 50 Arbeitsplätzen pro Standort ergeben sich so Kosten von rund 96 000 Euro. Der Schulungsaufwand für Mitarbeiter des Call-Centers und der Administratoren, die das System betreuen, ist monetär nicht exakt erfassbar, fällt aber im laufenden Betrieb zeitlich ins Gewicht.

Die TK-Anlagen selbst müssen untereinander nicht grundsätzlich homogen sein. Empfehlenswert ist dies aber doch, da dann einerseits die Steuerung einfacher und andererseits der administrative Aufwand geringer ist. Sichert man sich durch Redundanzen gegen Streckenausfälle, kostet das zusätzliches Geld. Die Flexibilität gegen Ausfällen von TK-Anlagen beispielsweise zur Einbindung von Mobilfunkgeräten, Heimarbeitsplätzen oder dritte Anlagen kann man sich nur eingeschränkt und nicht kurzfristig schützen.