Personalisierung/Personalisierung im B-to-C- und B-to-B-Bereich

VIP-Status für jeden Site-Besucher

18.05.2001
Der gegenwärtige Personalisierungstrend hat handfeste Vorteile für Anbieter. Websites, die auf den persönlichen Bedarf von Kunden zugeschnitten sind, erhöhen nicht nur die Kundenbindung, sondern optimieren auch Werbung und Verkauf. Von Klaus Manhart*

Inzwischen begegnet dem Surfer eine Vielzahl von individualisierten Websites. Große Portale wie Yahoo oder Shop-Betreiber wie Bol.de verfügen ebenso über Personalisierungs-Features wie die Lufthansa. Die Fluggesellschaft spricht auf ihrer Webpage nicht nur jeden registrierten Besucher mit Namen an, sondern kennt auch seine Essens- und Sitzplatzvorlieben und erinnert sich bei jedem Besuch daran. Im Falle einer Buchung werden die Kundenwünsche automatisch berücksichtigt, der Kunde muss nicht immer wieder die gleichen Angaben machen.

Besonders Banken springen derzeit auf den Zug auf. So können seit Anfang des Jahres Mitglieder der Finanz-Community der Direkt Anlage Bank (DAB) das Web-Angebot nach ihren persönlichen Vorstellungen gestalten. Mit Dynamo 5, einer Personalisierungslösung des US-Software-Anbieters Art Technology Group (ATG), haben DAB-Kunden die Möglichkeit, persönliche Musterdepots einzurichten, sich eine individuelle Watchlist zusammenzustellen oder Wirtschaftsdaten und Neuigkeiten zu ihren Interessengebieten auszuwählen.

Die Bereitstellung maßgeschneiderter, exklusiver Inhalte verspricht vor allem Vorteile für den Nutzer. Personalisierte Websites sind attraktiv und verleihen dem Besucher einen besonderen Status: Er fühlt sich persönlich angesprochen, wird mit individuellen Angeboten versorgt und kommt schneller an die gewünschten Informationen. Die Akzeptanz von Websites insgesamt erhöht sich, der Besucher kommt gerne wieder. Experten sehen in der Individualisierung deshalb den Schlüssel für den längerfristigen Erfolg in der Online-Welt. Das gilt besonders für den B-to-C-Bereich.

Durch die persönliche Ansprache und das individuell zugeschnittene Angebot wird das Gefühl der Anonymität beseitigt und Verbundenheit erzeugt, die den Besucher zur Wiederkehr animiert. Durch die individualisierte Botschaft wird ihm mitgeteilt, dass er als Person willkommen ist. Dies hilft, den potenziellen Kunden zu binden und die Internet-Marke zu stärken. Frank Simon, dessen Firma Ecce Terram personalisierte Netzdienste zur Verfügung stellt, weiß aus langjähriger Erfahrung: "Die Möglichkeit für den Benutzer, sich gezielt für bestimmte Inhalte und auch Designs entscheiden zu können und seine ,persönliche Ausgabe'' ansehen zu können, ist eine gute Maßnahme, um gerade die regelmäßigen Benutzer zu halten."

Studien zeigen, wie wichtig Kundenbindung für gute Ergebnisse im E-Commerce ist. So betonen Marktforscher der Gartner Group, dass diejenigen Unternehmen erfolgreich sein werden, deren E-Business-Lösungen die Beziehungen zu Kunden und Partnern am besten optimieren. Die Analysten glauben, dass Unternehmen mit dieser Infrastruktur einen Wettbewerbsvorteil von 20 bis 25 Prozent vor Mitbewerbern haben werden.

KundenbindungBain & Company und Mainspring sehen in der Kundenbindung den Hauptschlüssel für profitable Online-Geschäfte. In einer Studie belegen die beiden Unternehmen diese Annahme. Bleiben Kunden beispielsweise einer Site drei Jahre lang treu, dann geben sie im Durchschnitt 60 bis über 70 Prozent mehr aus als im ersten halben Jahr einer Beziehung zu einem Online-Anbieter. Bekleidungsanbieter müssen beispielsweise laut Bain und Mainspring einen Kunden mindestens viermal zum Kauf bewegen, um profitabel operieren zu können. Dafür muss ein Anbieter einen Kunden im Durchschnitt mindestens für zwölf Monate an seine Site binden. Die Analysten folgern deshalb, dass es nicht reicht, den Erfolg eines Online-Shops nur nach den üblichen Kennzahlen wie Anzahl der Besucher oder Käufer zu beurteilen. Um erfolgreich zu sein, müssen die Anbieter die Loyalität des Kunden gewinnen.

Und dies erfolgt am besten über Personalisierung. In einer Studie von Hal Steger und Michael Smith gaben 90 Prozent der Befragten an, dass sie bei einem personalisierten Angebot eher kaufen würden als bei einem nicht personalisierten, und 94 Prozent würden auf eine Seite zurückkehren, die zu bereits gekauften Produkten ähnliche Waren anbieten würde (www.personalization.com/soapbox/contributions/rubric.asp).

So erreichte beispielsweise das Systemhaus Pepper Technologies aus München mit Personalisierungstechniken eine deutliche Steigerung der Nutzungsrate des Web-basierten Verkauf-Informations-Systems der Also ABC Trading GmbH, einer Tochter des Schweizer Schindler-Konzerns. Über das Bestellsystem wird Hard- und Software angeboten. Pepper Technologies implementierte hier zunächst eine händlerspezifische Datenbasis, die durch Logfile-Daten ergänzt wurde. Mit Hilfe von Data-Mining-Verfahren erstellte das Systemhaus Nutzerprofile, auf deren Basis ein Konzept zur Verbesserung der Akzeptanz des Verkaufssystems und der allgemeinen Händlerbetreuung erarbeitet wurde.

Für den Betreiber von Web-Angeboten ist die Personalisierung zwar zunächst aufwändig. Mit direkten Datenerhebungsmethoden über Fragebögen und Formulare oder indirekt über Logfiles müssen die Nutzerdaten zunächst erfasst und anschließend Nutzerprofile erstellt werden.

Rollen oder FilterZwei Hauptansätze dominieren derzeit die Profilbildung. Beim Rulesbased Profiling werden Regeln definiert, nach denen die Nutzer bewertet und kategorisiert werden. Wurde etwa ermittelt, dass ein Besucher Tennis spielt, könnte auf Basis von Regeln gefolgert werden, dass er sich für Sportausrüstung oder Aktivurlaub interessiert.

Beim Collaborative Filtering werden Besucher anhand ihres Verhaltens mit anderen verglichen und Inhalte und Produkte empfohlen, die ähnliche Personen auch ausgewählt haben. Hat ein Buchversender etwa ermittelt, dass Käufer der Helmut-Kohl-Biografie häufig auch die von Franz Joseph Strauß oder Konrad Adenauer ordern, werden Käufern des Kohl-Buches automatisch auch die der beiden anderen Autoren präsentiert.

Über solche Profile erhält der Kunde gezielt die Informationen, die zu ihm passen und ihn interessieren könnten, ohne lange suchen zu müssen. Der Anbieter wird für den Aufwand dadurch belohnt, dass er mehr Informationen über seine Besucher erhält. Auf Basis der Profile lassen sich eigene Werbeeinblendungen oder die Banner von Anzeigenkunden viel zielgerichteter platzieren. Eine Werbeschaltung für CD-Brenner wird auf einem Computerforum erfolgreicher sein als auf einer Business-Site für Manager. Klickt der Benutzer auf die Online-Inserate, so ermöglicht es eine Personalisierungsfunktion dem Anbieter, auch gleich ein passendes Angebot zu erstellen.

Auch die Produktpräsentation selbst kann dem jeweiligen Kunden angepasst werden. Dasselbe Produkt kann beispielsweise dem Kunden x auf Basis seines Profils mit ganz anderen Verkaufsargumenten angeboten werden als dem Kunden y, dem andere Eigenschaften des Artikels wichtig sind. Unternehmen sind so in der Lage, Streuverluste bei der Informationsverteilung gering zu halten.

Persönliche BeratungBesonders attraktiv ist die Verquickung von individualisierter Beratung und angeschlossenem Verkauf. Das Meinungsportal Dooyoo.de beispielsweise bietet seinen Besuchern automatische Links zwischen Verbrauchermeinung und dem entsprechenden Produktangebot. Über eine dynamische Personalisierung werden mit Hilfe einer Lösung von Autonomy Informationen angezeigt, die für den Benutzer relevant sind. Die Auswahl der angezeigten Informationen trifft die Technologie basierend auf dem Inhalt der Website, die der Benutzer gerade liest. Hat der Benutzer das passende Produkt gefunden, kann er es gleich online bestellen.

Personalisierung fängt deshalb schon im Kleinen an, etwa bei der Auswahl von Frequently-Asked-Question-(FAQ-)Listen oder E-Mails. Eine standardisierte E-Mail-Antwort vergrault so manchen Kunden, die persönliche Ansprache und das individuelle Eingehen auf Kundenbedürfnisse ist für ein Unternehmen, das Wert auf den Ausbau von Kundenbeziehungen legt, Pflicht. Frank Simon von Ecce Terram: "Dass Newsletters personalisiert werden - der Benutzer also nur das erhält, was er will - macht Newsletters kompakter und auch interessanter." Darunter fallen laut Simon beispielsweise personalisierte Newsletter-Dienste, wie etwa der "persönliche Stellenmarkt-Newsletter" der Wochenzeitschrift "Die Zeit" (www.jobs.zeit.de).

Auch im B-to-B-Bereich ist Personalisierung ein Thema. Firmen können beispielsweise über ein Portal Lieferanten, Partnerunternehmen oder den eigenen Mitarbeitern eine individualisierte Sicht auf Inhalte bieten. Nach dem Login steht jedem Nutzer sein personalisiertes Informations-Portal zur Verfügung. Der Firmenzulieferer kann den Status von Aufträgen überprüfen, dem Geschäftspartner stehen Kontakte zu relevanten Ansprechpersonen zur Verfügung und der hauseigene Vertriebsmitarbeiter kann aktuelle Verkaufszahlen abrufen.

Personalisierung im IntranetAuch bei der Bewältigung der zunehmenden Informationsflut kann Personalisierung entscheidend zur Effizienz beitragen. Das Management von BAE Systems (früher British Aerospace) machte die Erfahrung, dass die Informationsmenge, die dem Firmen-Intranet permanent hinzugefügt werden musste, immer größer und unübersichtlicher wurde. Die 115000 Angestellten des weltweit viertgrößten Luftfahrt-, Raumfahrt- und Wehrtechnikunternehmens konnten mit den Firmendaten kaum noch effizient arbeiten. Eine interne Studie kam zu dem Ergebnis, dass über 80 Prozent der Angestellten durchschnittlich 30 Minuten pro Tag verschwendeten, nur um Informationen zu finden. 60 Prozent verbrachten eine Stunde und mehr mit dem Duplizieren der Arbeit von anderen.

BAE kaufte schließlich die Personalisierungssoftware "Portal-in-a-Box" des britischen Anbieters Autonomy. Mit dem Tool konnte der Konzern das Informationssystem effizienter organisieren. Die Software sammelt Daten aus verschiedenen Quellen, und zwar sowohl aus strukturierten als auch aus unstrukturierten Formaten. Der Content wird dann automatisch kategorisiert, und es werden Hyperlinks auf verwandte Inhalte eingefügt.

Profile in EchtzeitPortal-in-a-Box erzeugt zudem automatisch Echtzeit-Nutzerprofile, basierend auf den Seiten, die Nutzer besuchen, und auf den Dokumenten, die sie lesen. Damit erhielt das Informationssystem eine personalisierte Oberfläche: Die Software macht BAE-Angestellte jetzt automatisch auf Dokumente aufmerksam, die sich auf ihre Tätigkeit beziehen, und auf Mitarbeiter im Unternehmen, deren Interessen und Expertise ihren ähnlich sind.

*Klaus Manhart ist freier Journalist in München.

Abb: Die Elemente beim Personalisierungsprozess

Personalisieren lassen sich neben Inhalten auch Zugriffsrechte und das Anwendungsportfolio eines Mitarbeiters im Intranet. Quelle: IBM