Vielfalt statt Einerlei

15.05.2009
Von 
Karsten Leclerque ist Principal Consultant - Outsourcing & Cloud bei PAC (Pierre Audoin Consultants) in München.
Die Zahl der Outsourcing-Dienstleister steigt, ebenso die der Services. Anwender haben reichhaltige Auswahl.

IT-Outsourcing passt in jede konjunkturelle Lage. Im wirtschaftlichen Aufschwung kann die Auslagerung helfen, Wachstum, Komplexität und Internationalisierung zu bewältigen. In der Rezession sollen Kosten gesenkt, Liquidität geschaffen und Flexibilität erhöht werden. Auch derzeit haben die IT-Dienstleister keinen Grund zur Klage - sofern sie sich flexibel und innovativ zeigen.

IT-Anbieter jeglicher Couleur offerieren Outsourcing

Weil das Produkt- und Projektgeschäft derzeit schwierig ist und gleichzeitig die Nachfrage nach Outsourcing-Leistungen steigt, drängen Anbieter mit unterschiedlichem Leistungsprofil in den Markt für Outsourcing, Managed Services oder Software as a Service (SaaS) und verschärfen den Wettbewerbsdruck. Neben den klassischen Outsourcing-Anbietern kämpft eine zunehmende Zahl von Systemhäusern, Soft- und Hardwareherstellern, TK-Unternehmen und sonstigen Dienstleistern um Aufträge. Viele der neuen Angebote richten sich explizit an die kleine und mittelgroße Klientel. Systemhäuser wie Bechtle oder die TDMi-Gruppe erweitern sukzessive ihr Portfolio um Managed-Services-Leistungen, um das zunehmend mühsam verlaufende Kerngeschäft zu erweitern. Computacenter hat diesen Schritt früher gemacht und konnte sich damit unter den führenden Outsourcing-Anbietern etablieren.

Softwarehersteller setzen zunehmend auf Hosting- oder Software-as-a-Service-Modelle (SaaS). Anders als bei den Pionieren des SaaS-Modells wie Salesforce.com und Netsuite, deren Geschäftsmodell von Beginn an für die Internet-Distribution konzipiert war, arbeiten traditionelle Softwarefirmen daran, bestehende Lösungen und Kooperationskonzepte dem Mietmodell anzupassen.

Die Großen der Softwarebranche, Microsoft, Oracle und SAP, überbieten sich gegenseitig in der Entwicklung immer neuer Mietvarianten. Und auch die auf den Mittelstand fokussierten Softwareanbieter wie SoftM und Infor sowie Branchenspezialisten wie Schleupen oder Kordoba bieten ihre Software im Hosting- beziehungsweise SaaS-Modell an.

Die Technologieriesen HP und IBM haben schon seit Jahren Outsourcing-Dienste im Angebot. Aber auch andere Hardwarehersteller wie Fujitsu, Dell, Wincor Nixdorf und Sun, das derzeit von Oracle übernommen wird, setzen verstärkt auf Managed- und Hosted-Services. Selbst die global aktiven amerikanischen Dienstleister Accenture, CSC oder EDS (jetzt Teil von HP), die ihre Stärken als Hauslieferanten für Großkonzerne haben, sprechen auf lokaler Ebene den gehobenen Mittelstand mit Auslagerungsdiensten an. Dasselbe gilt für ihre europäischen Pendants Capgemini, Atos Origin, T-Systems und Siemens IT Solutions and Services (SIS).

Gerade kleinere Unternehmen aber bevorzugen oft regionale Anbieter, die zu ihnen passen. Einige der traditionell auf kleine und mittelständische Kunden ausgerichteten Outsourcer wurden zwar von größeren Dienstleistern übernommen (etwa TDS durch Fujitsu und Itelligence durch NTT Data), trotzdem findet sich im deutschen Markt nach wie vor eine Vielzahl von Value-Added-Resellern und Mittelstandsdienstleistern: Dazu zählen Firmen wie Orga, die Info AG, Freudenberg IT, BTC, Gisa, RKU.IT, oder BASF IT Services, um nur einige zu nennen.

Eine weitere Gruppe, die ihre Stellung im Managed-Services- und Hosting-Geschäft ausbaut, sind TK-Unternehmen, die ihr Portfolio in Richtung IT-Services ausweiten. Unter diesen Anbietern finden sich Namen wie die Deutsche Telekom, BT Global Services, Colt Telecom und Oange Business Services.

Wie kommt die IT zum Kunden?

Ebenso vielfältig wie die Anbieterlandschaft sind Kooperationsmodelle und Vertriebswege.

Lieferanten- und Partnermodelle ändern sich gerade tiefgreifend. Systemhäuser verkaufen beispielsweise statt wie bislang Hard- und Software künftig den Mietzugang zu einer Applikation, die von einem Dritten gehostet wird. Weil der Bedarf an Implementierungs- und Entwicklungsprojekten sinkt, setzen Systemintegratoren auf Evaluierungs-, Beratungs- und Integrationsdienste rund um diverse Cloud- und SaaS-Lösungen. Zurzeit gibt es allein für die Art, wie Software bereitgestellt wird, über 20 unterschiedliche Kooperationsmodelle. Das alles zeigt, dass etablierte Konzepte abgelöst und Alternativen noch erprobt werden. Damit hat der Anwender mehr Auswahl. Statt Funktionen von Softwarelösungen zu vergleichen, muss er nun prüfen, ob er Applikationen intern betreiben, extern hosten oder aus der Cloud beziehen will. Er muss den Hersteller der Software, den Servicepartner und Hoster im Auge behalten.

Die diversen SaaS- und Hosting-Angebote sind besonders für den unteren Mittelstand interessant. Diesen Anwendern stellt sich weniger die Frage nach Optimierung der IT und Kostensenkung, um die es im klassischen Outsourcing üblicherweise geht. SaaS-Lösungen, Business Process Outsourcing (BPO) sowie Anwendungs-Hosting sind für sie häufig die einzige Möglichkeit, diese Services überhaupt zu nutzen. Viele kleine Unternehmen wären aufgrund ihrer internen IT-Ausstattung gar nicht in der Lage, eine komplexe Lösung selbst zu betreiben.

Neu ist diese Entwicklung nicht. Auch Kleinstunternehmen nutzen seit langem IT- oder Geschäftsprozess-Outsourcing etwa in den Bereichen Gehaltsabrechnung, Web-Hosting und E-Mail. Zunehmend finden sich aber auch komplexere SaaS-Angebote etwa im Customer-Relationship-Management (CRM) und Enterprise Resource Planning (ERP).

Services werden zu Produkten, Produkte werden zu Services

Outsourcing ist normalerweise ein sehr komplexes Unterfangen. Das schreckt mittelständische Anwender ab. Je weiter die Standardisierung und Industrialisierung von klassischen Outsourcing-Diensten fortschreitet, desto häufiger entwerfen die Anwender Leistungsbündel zu Listenpreisen. Das sind vordefinierte Hardware-, Software- und Serviceangebote, die sich zu Paketen kombinieren lassen. Im Kern sind sie standardisiert, in der Zusammensetzung jedoch variabel.

Ob Storage, Rechenleistung oder Software: Immer mehr Produkte, die vormals oft überdimensioniert angeschafft, aufwändig installiert und vor allem gewartet werden mussten, lassen sich so nach Bedarf beziehen. Von der "IT aus der Steckdose" ist das Geschäft aber noch weit entfernt. Die öffentliche Cloud wird nach wie vor gezielt für weniger kritische Anwendungen genutzt. Eine Outsourcing-Beziehung für wichtige Applikationen braucht gegenseitiges Vertrauen, gerade im Mittelstand.

Anwender wollen Partner auf Augenhöhe

Das bestätigt auch eine Anwenderumfrage, die das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen PAC in Zusammenarbeit mit Computacenter betrieben hat. Um den Jahreswechsel 2008/09 wurden 105 Business- und IT-Entscheider in mittelständischen Unternehmen mit 1.000 bis 10.000 Mitarbeitern zum Outsourcing befragt. Wie zu erwarten war, erachten die IT-Entscheider den zunehmenden Wettbewerbsdruck und das Sparen als wichtigste Herausforderungen für ihr Unternehmen. Ungeachtet dessen stufen sie die Kosten aber nur als ein Kriterium von vielen für die Wahl des richtigen Outsourcing-Partners ein. Weitere Aspekte sind Business-Alignment, Innovationsfähigkeit, Vertrauen und Kommunikation auf Augenhöhe sowie die Möglichkeit der verbrauchsgerechten Abrechnung.

Themen wie Standardisierung werden nach wie vor ambivalent, teils sogar widersprüchlich eingeschätzt. So zeigten sich zum Beispiel über 80 Prozent der Umfrageteilnehmer prinzipiell bereit, standardisierte Leistungen in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch die Kosten sänken.

IT-Dienstleister müssen das Kerngeschäft unterstützen

Auf der anderen Seite bezweifelten über 86 Prozent, dass standardisierte IT-Dienstleistungen ihren Business-Anforderungen gerecht würden. Diese Ergebnisse zeigen erneut, dass sich der Markt in einer Übergangsphase befindet. Änderungen werden sich sukzessive einstellen.

Am wichtigsten ist den IT-Entscheidern jedoch die Unterstützung des Kerngeschäfts. 90 Prozent der befragten Mittelständler fordern vom Outsourcing-Partner Verständnis für die eigenen Geschäftsprozesse und -anforderungen auch jenseits der IT ein. Ein Kriterium, das in einer Cloud bereitgestellte Dienste nicht erfüllen können. Für das Outsourcing komplexerer Umgebungen bleibt die vertrauensvolle Beziehung zwischen Anbieter und Kunde das entscheidende Erfolgskriterium. (jha)

Auslagern in Krisenzeiten

COMPUTERWOCHE-Fachkonferenz am 24. Juni 2009 in Offenbach

Ob Cloud Computing, Managed Services, Outtasking, Software as a Service (SaaS): Die Variantenvielfalt flexibler Outsourcing-Modelle ist groß. Wie IT-Entscheider hier den Überblick behalten und den mit Blick auf ihre jeweils spezifischen Anforderungen besten Lösungsmix finden können, steht im Mittelpunkt der COMPUTERWOCHE-Fachkonferenz Managed Services am 24. Juni in Offenbach. Die Eröffnungsrede hält Luis Praxmarer, CEO der Experton Group, zum Thema "Innovative Sourcing-Modelle im Spannungsfeld zwischen Kostendruck und wirtschaftlichem Erfolg". Darüber hinaus stellen Anwender ihre Managed-Services-Projekte vor. Experten geben Tipps zur Vertragsgestaltung und Anbieterauswahl. Detaillierte Informationen finden Sie unter www.idgevents.de.