Hohe Fluktuation bei Logica

"Viele Mitarbeiter sind unzufrieden"

04.07.2008
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.

Starkes Wachstum in Deutschland

Die internen Widerstände sind auch deshalb groß, weil die Senkung der Personalkosten nach wie vor auf der Agenda steht. Vor allem im größten Markt Großbritannien ist, so Deutschland-Chef Straß, mit weiteren Stellenstreichungen zu rechnen. Hierzulande sei die Restrukturierung dagegen weitgehend abgeschlossen. Während die Briten im vergangenen Jahr Einbußen erlitten, war für Logica Deutschland 2007 das erfolgreichste Jahr in der Firmengeschichte. Nach jahrelangen Verlusten schaffte das Unternehmen den Turnaround, der Umsatz kletterte um neun Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 262 Millionen Euro. Damit liegt Logica Deutschland im Lünendonk-Ranking für Systemintegration und Beratung auf Platz sechs. Im ersten Quartal 2008 betrug das Wachstum sogar elf Prozent. "Wir haben 2007 rund 500 neue Leute eingestellt, die meisten davon im Schlussquartal. Und das hat sich positiv auf die ersten Monate des neuen Jahres ausgewirkt", erläutert Straß. Allerdings gehe er nicht davon aus, dieses Wachstumsniveau im Gesamtjahr halten zu können.

Wachstum durch Zukäufe

Der IT-Dienstleister Logica entstand im Dezember 2002 aus der Fusion der britischen Logica und der niederländischen CMG. Ende 2005 übernahm das Unternehmen die französische Unilog-Gruppe, die zuvor das in Deutschland aktive Beratungshaus Avinci gekauft hatte, und erweiterte damit auch hierzulande sein Geschäft. Mit der Übernahme des schwedischen Konkurrenten WM-Data vor zwei Jahren stieg Logica CMG zum siebtgrößten IT-Serviceanbieter Europas auf. In drei Jahren will es das Unternehmen in die globalen Top Ten schaffen. Derzeit liegt Logica weltweit auf Platz 19.

Hohe Fluktuationsrate

Für 2008 plant Straß ähnlich viele Neueinstellungen wie im letzten Jahr. Dabei dürfte allerdings nicht nur der Wachstumskurs, sondern auch die hohe Fluktuation eine Rolle spielen. Vor einem Jahr hatten zahlreiche Berater den Standort Düsseldorf verlassen, um ein eigenes Unternehmen zu gründen und Logica Konkurrenz zu machen. Insgesamt sollen 2007 rund 600 Mitarbeiter dem IT-Dienstleister den Rücken gekehrt haben - eine Zahl, die das Management allerdings nicht bestätigt hat. Anfang dieses Jahres kündigten dann auf einen Schlag 70 Mitarbeiter der Niederlassung in Ludwigshafen. Das sind mehr als 90 Prozent der Belegschaft vor Ort. Und auch in Frankfurt gibt es anonymen Quellen zufolge erste Auflösungstendenzen.

Hintergrund dieser Entwicklung sind vor allem die zahlreichen Zukäufe, aus denen das Unternehmen in den letzten Jahren zusammengewürfelt wurde. Die Übernahme des Beratungshauses Avinci durch den französischen IT-Dienstleister Unilog vor drei Jahren war zwar im Großen und Ganzen erfolgreich verlaufen. Ehemalige Avinci-Mitarbeiter behaupten jedoch, dass der Qualitätsanspruch bereits damals gesunken sei. Mit der Übernahme von Unilog durch Logica habe sich die Stimmung noch einmal drastisch verschlechtert.

Wachsen um jeden Preis

Thorsen Straß, Logica Deutschland: Die Wachstumspolitik und die Integration der Zukäufe haben natürlich Spuren hinterlassen.
Thorsen Straß, Logica Deutschland: Die Wachstumspolitik und die Integration der Zukäufe haben natürlich Spuren hinterlassen.
Foto: Thorsten Straß

Kritiker werfen dem Management in Großbritannien konkrete Fehler vor: Es habe der deutschen Niederlassung nicht genug Zeit gelassen, sich auf die übernahmebedingten Veränderungen einzustellen, und habe zu schnell und zu heftig steuernd eingegriffen, ohne regionale Gegebenheiten zu berücksichtigen. Dabei seien die Wachstumsziele nach oben geschraubt und gleichzeitig die Budgets gekürzt worden. Inzwischen konzentriere sich die Geschäftsleitung nur noch darauf, möglichst viele große Aufträge an Land zu ziehen. Auf Kreativität und Innovation komme es nicht mehr an. Die Qualität sowie die über viele Jahre hinweg gewachsene Kultur einer Zusammenarbeit über alle Hierarchiestufen hinweg seien dabei auf der Strecke geblieben.

Viele Mitarbeiter machen sich selbständig

Straß hält solche Vorwürfe für völlig abwegig: "Das Thema Kreativität steht bei uns in vielen Bereichen im Mittelpunkt." Darauf lege er als Avinci-Mitbegründer besonderen Wert. "Natürlich haben die Wachstumspolitik und die Integration der verschiedenen Zukäufe Spuren hinterlassen", räumt der Deutschland-Chef ein. "Aber die Zufriedenheit der Mitarbeiter ist 2007 gegenüber dem Vorjahr gestiegen, das belegen Umfragen." Bei Logica sei das unternehmerische Denken stark ausgeprägt, und so komme es immer wieder vor, dass sich Mitarbeiter selbständig machten. "Doch wir nehmen die Vorfälle in Ludwigshafen sehr ernst und haben alle Berater nach ihren Kündigungsgründen befragt. Und immerhin konnten wir ein paar von ihnen überreden, zu bleiben." Grundsätzlich bemüht sich Logica jetzt, die Mitarbeiter stärker an sich zu binden - etwa durch flexible Arbeitszeiten, Sabbaticals und einen Familienservice. "Wir zeigen unseren Leuten regelmäßig Perspektiven auf - auch auf internationaler Ebene - und bieten ihnen die nötigen Freiräume, um sich in Arbeitsgruppen über Themenschwerpunkte austauschen zu können", beschreibt Straß. "Solche Maßnahmen haben bei uns einen hohen Stellenwert. Schließlich ist es nach wie vor schwer, qualifizierte Fachkräfte zu finden."