Partner von IBM, Microsoft und anderen kassieren kräftig ab

Viele Anwender zahlen beim IT-Einkauf drauf

12.04.2002
MÜNCHEN (jm) - Eine Untersuchung der Firma E-Benchmarking aus dem schwäbischen Remseck brachte Erschreckendes an den Tag: Fast jeder Dritte von über 100 in Deutschland untersuchten Vertriebspartnern großer IT-Anbieter - darunter Microsoft und IBM - berät seine Kunden schlecht und verkauft ihnen überdimensionierte und zu teure Produkte.

E-Benchmarking, ein Unternehmen, das seit Jahren die Qualität der Vertriebskanäle von IT-Herstellern überprüft, testete in einer Wettbewerbsanalyse mehr als 100 Vertriebspartner von IT-Anbietern wie Compaq, Fujitsu-Siemens, Hewlett-Packard, IBM, Maxdata, Sony, Toshiba und Microsoft.

Das Ergebnis spricht Bände: Viele Anbieter erkunden nicht einmal die Bedürfnisse ihrer Kunden. Gezielte Fragen zu technischen Aspekten unterbleiben, eine Beratung ist in aller Regel nicht zu erwarten, die Preise für identische Produkte differieren erheblich.

Die Tester hatten Systemhäuser und Fachhändler aufgefordert, an einer Standardausschreibung für eine Komplettlösung teilzunehmen. Das Angebot sollte unter anderem einen aufrüstbaren Intel-Server (Mehrprozessorsystem) mit ausreichender Haupt- und Plattenspeicherkapazität sowie ein Netzwerk mit mehreren Dutzend Desktop-Systemen enthalten. Gefragt waren ferner Kommunikationsoptionen wie Fax und Internet sowie Drucker und Büroapplikationen (Office-Anwendungen).

Außerdem sollten die Angeschriebenen in ihrer Offerte auch die erforderlichen Servicedienstleistungen benennen. Diese Ausschreibung kann laut E-Benchmarking jedes in Deutschland anbietende Systemhaus normalerweise erfüllen.

Für ein Angebot, das allen technischen Anforderungen des Testkunden auch in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis entgegengekommen wäre, erachtete E-Benchmarking einen Komplettpreis von rund 140000 Euro für angemessen. Doch schon hier zeigten sich eklatante Unterschiede: Zwischen 100000 und 220000 Euro veranschlagten die Systemhäuser für das Komplettpaket.

Viele Anbieter riefen nicht einmal bei ihrem vermeintlichen Kunden an, um seine genauen Bedürfnisse zu erfragen. Aber auch bei denjenigen, die aufgrund der Ausschreibung mit E-Benchmarking telefonierten, mangelte es häufig an der Kundenorientierung. Fast niemand wollte zum Beispiel wissen, wie hoch etwa das veranschlagte Budget des Kunden für die erwartete Lösung war, welchen Nutzen er sich von der Lösung versprach, welche Kriterien für die Anbieterauswahl vorlagen.

Gezielte Nachfragen zu technischen Aspekten unterblieben häufig ebenfalls: Eine vom Kunden vorgegebene Plattenkapazität beispielsweise hätte einen logischen Schluss auf die Kapazität des ebenfalls angefragten Backup-Systems zugelassen. Da in der Ausschreibung Datenschutz und Sicherheitsüberlegungen als besonders wichtig bezeichnet wurden, hätte E-Benchmarking erwartet, dass die Server grundsätzlich mit unterbrechungsfreier Stromversorgung angeboten werden - Fehlanzeige in den meisten Fällen.

Kundennähe FehlanzeigeGroße Schwächen wiesen die Systemhäuser generell auf, wenn es darum ging, den Kundenbedarf zu prüfen und zu analysieren: Insbesondere Vertriebspartner, die ihr Angebot um IBM-Server aufbauten, schnitten auf einer Schulnotenskala laut E-Benchmarking "relativ schlecht" ab. Partner von Hewlett-Packard, Fujitsu-Siemens und Maxdata lagen den Auswertungen zufolge bezüglich ihrer Beratung im Mittelfeld. Allerdings rangierten Maxdata- und Fujitsu-Siemens-Partner mit ihren Preisangeboten fast immer über den Preisen von IBM, Compaq und HP. Mit Abstand am besten präsentierten sich Vertriebspartner, die Compaq-Systeme anboten. Sie liegen in einem Schulnotensystem im Schnitt um zwei Stufen über den IBM-Partnern.

Microsofts Office hat viele PreiseGesondert zu betrachten sind bei der E-Benchmarking-Untersuchung die Microsoft-Vertriebspartner. Beim Angebotspaket sollte auch Microsofts "Office"-Suite berücksichtigt werden. Die Angebotsanfrage war bezüglich der Anforderungen des Kunden unmissverständlich: Die Small-Business-Edition von Office würde den Bedürfnissen vollkommen genügen.

Angeboten wurden jedoch in über 30 Prozent der Fälle die Standard- beziehungsweise die Professional-Edition. Kunden kann diese Fehlberatung teuer zu stehen kommen, zahlen sie doch im ungünstigsten Fall bis zu 250 Prozent mehr, als eigentlich nötig wäre. Bestellt der Kunde mehrere Lizenzen, summieren sich die Kosten für die unnötige, teurere Edition schnell auf einige tausend Euro. Anbieter, die ein Produktangebot nach den Anforderungen des (Test-)Kunden schnürten, verlangten für entsprechende Lizenzen im Durchschnitt 9000 Euro. Der teuerste Anbieter hingegen hätte dem Kunden 25000 Euro an Lizenzgebühren abverlangt, also einen um 277 Prozent höheren Betrag.

Abb.: Preisunterschiede werfen Fragen auf

Nicht mehr nachvollziehbar sind einer Untersuchung der Firma E-Benchmarking zufolge die stark divergierenden Preise der Vertriebspartner von IT-Herstellern. (Quelle: E-Benchmarking)