Viel Geld in die Hand nehmen

28.07.1995

Betrifft CW Nr. 28 vom 14. Juli 1995, Seite 9: "Was ein R/3-Kunde nicht wissen soll" (Kolumne).

Soso! Die COMPUTERWOCHE ist also der Auffassung, Walldorf heisse in Wirklichkeit Hameln, und die einzige Kompetenz der SAP bestuende in ihrem virtuosen Floetenspiel. Der geneigte Leser darf erfahren, worauf der Erfolg der SAP basiert: Mit verfuehrerischer Anmut verwirrt die schoene Braut die Sinne der IT-Manager, um sie dann gleich haufenweise als willen- und kompetenzlose "Lemminge" in millionenschwere Investitionsgraeber zu locken.

Was ist denn los mit Ihnen? Wer glaubt, unternehmerischer Erfolg und internationale Reputation sei allein durch professionelles Blendwerk zu erreichen, wer ernsthaft meint, R/3-Auftraege wuerden nur inkompetente Mitlaeufer zeichnen, der disqualifiziert sich selbst und beleidigt fahrlaessig einen Grossteil seiner Leserschaft.

Wer dann auch noch unreflektiert und in schoenstem Dogmatismus die Integration von Systemen als zum Unternehmenserfolg konkurrierende Strategie hinstellt, hat Sinn und Potential von Informationstechnologie nicht verstanden.

Wir kennen die Ansaetze zur Walldorf-Sehnsucht der EDV-Entscheider und empfehlen ebenfalls lieber anforderungsgerechte statt - uebertreffende Systeme. Wer aber bereit und in der Lage ist, fuer aussergewoehnliche Funktionalitaeten viel Geld in die Hand zu nehmen, der erhaelt mit R/3 nach wie vor eines der leistungsfaehigsten betriebswirtschaftlichen Standardsysteme ueberhaupt.

Leider spricht aus Ihren SAP-Attacken zur Zeit weder Sach- noch Marktkenntnis, sondern eher Zerknirschung ueber verlorene Anzeigenauftraege und der Versuch, sich mit einem "Jetzt zeigen wir's denen!" eine vermeintliche Mehrheit zu schaffen.

Kann man sicher sein, dass die COMPUTERWOCHE zu diesem Thema ausgewogen in Pro und Contra informiert? Im Moment wohl kaum.

Ihre Leser brauchen aber nicht zustimmungsheischende Meinungsmache, sondern fundierten, objektiven und konstruktiv- kritischen Fachjournalismus.

Das ist Ihre Aufgabe, und es wird hoechste Zeit, dass Sie dahin zurueckfinden - ich bin gespannt, ob Sie dazu in der Lage sind.

Christopher Koeppler 22587 Hamburg-Blankenese