IBM entwirft neues Midrange-Marketingkonzept:

Vertriebsplan bildet Auftakt zu Silverlake

29.01.1988

Von Stanley Gibson, IDG News Service

RYE BROOK - Bei dem neuen Mittelklasserechner "Silverlake", der im Lauf dieses Jahres die Modelle /36 und /38 ablösen soll, setzt die IBM wieder verstärkt auf Vertriebspartner. In den USA stellte Big Blue jetzt ein Marketingprogramm vor, das für den Schrägstrich-Nachfolger und die übrigen Midrange-Modelle die "autorisierte Agentur" als eine Art Erste-Klasse-Händler einführt.

Der unter dem Namen "Silverlake" bekannte Computer ist nicht einmal offiziell angekündigt, da hat die IBM auch schon ein Verkaufsförderungskonzept für den Rechner parat. Die zentrale Rolle darin kommt den "autorisierten Agenturen zu", die der Konzern aus seinen Distributoren rekrutieren will, die am sogenannten "Marketing Assistance Program" (MAP) teilnehmen. Der Unterschied: Während der MAP-Händler nur in Begleitung eines IBM-Vertriebsbeauftragten auftreten darf, hat künftig der Agent das Recht, selbständig Verkaufsverhandlungen zu führen - ohne Aufsicht durch Big Blue.

"Wir haben es mit vier Millionen potentiellen Kunden zu tun", erklärt David Thomas, als IBM-Gruppendirektor für das Marketing der Mittelklasse zuständig, die wiederentdeckte Liebe zum indirekten Vertrieb: "Das schaffen wir alleine gar nicht." Schon bisher sei in diesem Bereich bei drei von vier Kunden eine dritte Partei - also ein Distributor oder ein Systemhaus - ins Geschäft involviert. Laut Thomas werden dementsprechend die zu Agenturen beförderten Vertriebspartner durchweg praktische Erfahrung mit den Systemen /36 und /38 haben.

"Zweifellos ebnet IBM damit den Weg für Silverlake", beurteilt David Andrews, President der Midrange-Beratungsfirma ADM Inc. aus Connecticut, die Strategie des Marktführers. Wie auch andere Branchenbeobachter glaubt Andrews, daß die Zukunft von Big Blue in der Mittelklasse mit dem neuen Rechner steht und fällt. Seine Prognose: Im Lauf seines Produktzyklus wird dieser Computer, der die technische Verbindung zwischen der /36 und der /38 herstellen soll, achtmal so viele Anwender finden wie der recht glücklose "Abteilungsrechner" 9370.

Die neue Midrange-Strategie fällt bei der IBM zusammen mit anderen Maßnahmen, die Wiederverkäufern das Leben wieder leichtermachen sollen; so werden Händlerverträge vereinfacht und die Vorschriften für die Bestellung bestimmter Produkte gelockert. Außerdem tritt der Konzern jetzt offensiv an Systemhäuser heran, die Konkurrenzprodukte anbieten; wer will, kann sich von IBM-Ingenieuren beim Portieren seiner Anwendungsprogramme auf IBM-Geräte helfen lassen. Sinn der Sache ist nicht nur, den Absatzkanal für die Midi-Rechner zu verbreitern, sondern auch dem Mangel an Anwenderprogrammen abzuhelfen. Ein besonderes Problem liegt dabei im Betriebssystem der /38: Um dessen Vorteile, wie die integrierte relationale Datenbank, auszunutzen, sind sehr aufwendige Anpassungsarbeiten erforderlich.

Es gilt als sicher, daß der Vorstoß Richtung Handelspartner als Antwort auf Digital Equipments in den USA recht erfolgreiches Koop-Marketing-Programm (SCMP) zu verstehen ist. Der Marktforscher Bob Randolph, DEC-Spezialist bei der International Data Corp. in Framingham, sieht das Problem im Neukundengeschäft: "Da muß IBM der Microvax etwas entgegensetzen."