Zeitlich knappe Zielvorgaben
Ob nun Zeiterfassung oder Vertrauensarbeitszeit: Arbeitsschutzgesetze gelten für alle Arbeitnehmer. "Mehr als zehn Stunden pro Tag darf nicht gearbeitet werden und Zeiten über acht Stunden müssen dokumentiert sein", sagt Frank Brenscheidt, Arbeitszeitexperte in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dortmund. Betriebsrat Burckhard meint, daran mangle es im Unternehmen, weil es sich darauf verlasse, dass die Mitarbeiter von sich aus die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes einhalten. Doch das wirkliche Problem der Zeitarbeit seien die vereinbarten Zielvorgaben mit manchmal zu knapp bemessener Zeit. Rainer Fritsch, zuständig für Vergütung in der Software AG, hält dagegen: "Vertrauensarbeitszeit setzt Vertrauen voraus. Wenn ein Mitarbeiter merkt, dass er seine Arbeit nicht schafft, erwarten wir, dass er mit seinem Vorgesetzten spricht und sie gemeinsam eine Lösung finden."
Nach der Erfahrung des Arbeitszeitexperten Brenscheidt führt Vertrauensarbeitszeit zu Mehrarbeit. Die Situation von Miller-Rauch wertet er positiv: "Vertrauensarbeitszeit macht Vereinbarkeit von Familie und Beruf in vielen Fällen erst möglich." Nach seinen Angaben haben Unternehmen außer der Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze weitere Sorgfaltspflichten gegenüber ihren Mitarbeitern. Dazu zählt die Auswahlpflicht. "Mitarbeiter dürfen für einen Aufgabe nur ausgewählt werden, wenn sie diese auch leisten können."
Laut einer Studie vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, IAB, in Nürnberg, gab es 2006 in etwa 15 Prozent aller deutschen Unternehmen Vertrauensarbeitszeit. Der Schwerpunkt lag im Wirtschaftsbereich der Dienstleistungen. Aktuellere Zahlen gibt es nicht, aber eine Prognose von Ines Zapf, Arbeitsmarktforscherin im IAB: "Weil das Dienstleistungsgewerbe wächst und das Qualifikationsniveau der Beschäftigten steigt, dürfte auch der Anteil der Unternehmen mit Vertrauensarbeitszeit zugenommen haben."
Ann Miller-Rauch hält viel von der Vertrauensarbeitszeit und sieht darin die Zukunft für die meisten, wenn nicht für alle Mitarbeiter der Software AG. "Ich möchte meinen Kollegen die Vorteile, die ich daraus ziehe, nicht vorenthalten." Betriebsratsmann Burckhardt hält ihre Idee für unnötig, "weil die bestehende flexiblen Arbeitszeiten ausreichend Spielraum bieten, um Privates und Betriebliches unter einen Hut zu bringen".
Viel Arbeit für umsonst
Durchschnittlich leistet jeder Beschäftigte monatlich 19 Überstunden, davon rund vier ohne Ausgleich durch den Arbeitgeber. Dies hat das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg für das Jahr 2009 in einer Studie ermittelt. Etwa die Hälfte der Überstunden wird in Freizeit abgegolten, jede zehnte Stunde wird ausbezahlt.
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Viele Menschen steuern - bewusst oder weniger bewußt - über Jahre hinweg zielsicher auf den Burnout zu. Werden konsequent die häufigsten 13 Fehler gemacht, ist früher oder später der Burnout garantiert! - Allzeit bereit!
Bei Ihrem Job werden "flexible" Arbeitszeiten und Überstunden als selbstverständlich erwartet, auch Reisetätigkeiten, wechselnde Arbeitsplätze, internationale Zusammenarbeit über mehrere Zeitzonen hinweg und Erreichbarkeit 24 Stunden an sieben Tagen per Blackberry, Handy & Co. - Brennen für den Job
Ihre Tätigkeit begeistert Sie, Überstunden stören Sie nicht. Sie stehen für Flexibilität, Schnelligkeit und höchste Qualitätsansprüche. Das Team, der Chef, der Auftraggeber und alle anderen können sich stets auf Sie verlassen. Sie sind ehrgeizig, der nächste Schritt zum Projekt-Manager, Team- oder Abteilungsleiter winkt und fordert vollen Einsatz auf gleichbleibend hohem Niveau. Brennen Sie für Ihre Aufgaben, das Projekt, Ihr Team, Ihr Unternehmen - bis Sie ausgebrannt sind. - Entspannen? Was ist das?
Signale wie anhaltende Müdigkeit, Unkonzentriertheit, Leistungsabfall, Schlafstörungen sowie die Unfähigkeit abzuschalten und aufzutanken, ignorieren Sie. Bedienen Sie sich bei auftretenden Zipperlein großzügig an Produkten der Pharmaindustrie. - Nur nicht wütend werden
Kümmern Sie sich auf keinen Fall um Ihre Gefühle. Wut, Ärger, Ängste, das Gefühl von Überforderung oder ständiger Gehetztheit ignorieren Sie, ebenso wie das Schwinden Ihrer Lebensfreude, zunehmende Teilnahmslosigkeit, Sinn- und Lustlosigkeit und Depressionen. Bei zunehmendem Leeregefühl lösen Sie sich von der Idee, dass Arbeit Sie innerlich erfüllen könnte. - Immer schön fleißig sein!
Ineffektiv verbrachte Arbeitszeit kompensieren Sie mit Mehrarbeit. Das vertreibt auch die Langeweile am Wochenende und im Urlaub. Sind Sie Freiberufler, verzichten Sie ganz auf Urlaub. Sie müssen die Aufträge abarbeiten, oder das Geld reicht nicht. Machen Sie möglichst mehrere Dinge gleichzeitig, um Zeit zu sparen. Sagen Sie "Ja" zu jeder neuen Aufgabe. - Verzweifelt? Sie doch nicht!
Machen Sie sich unentbehrlich. Auch wenn es unmöglich ist und Sie der Verzweiflung nah sind, versuchen Sie, möglichst alle Erwartungen von Teamkollegen, Auftraggebern, internen und externen Projektmitarbeitern, Vorgesetzten und Ihrer Familie und Freunde zu erfüllen. Am besten übertreffen Sie noch deren Erwartungen. - Warnsignale?
Verwerfen Sie sämtliche Warnungen, Vorhaltungen, Vorwürfe, Bitten und Sorgen von Ihrer/m Partner/in, Angehörigen oder Kollegen. Ihre Ausreden sollten wasserdicht sein: "Nach diesem Projekt wird alles besser" oder "nur noch dieser Fall". Oder: "Die Umstände/der Vorgesetzte/der Auftraggeber zwingen mich dazu, ich habe keine Wahl." - Im Hamsterrad
Hämmern Sie sich und anderen ein, es geht nicht anders, in Ihrem Job jedenfalls nicht. Wenden Sie sich dennoch auf Drängen anderer an eine professionelle Beratung, werden Sie es sicher verstehen, die Sinnlosigkeit dieser Maßnahme unter Beweis zu stellen. - Nur nicht drüber reden!
Gehen Sie auf Distanz zu Menschen, zu denen erstaunlicherweise noch Kontakt besteht. Als Eigenbrötler können Sie leichter die Fassade wahren. Sagen Sie niemandem, wie es Ihnen geht. Gemeinsame Mittags- und Kaffeepausen mit Kollegen sind zeitlich unmöglich, die Zeit mit der Familie wird immer knapper. - Jede Minute zählt - zum Arbeiten.
Streichen Sie sämtliche Hobbys einschließlich sportlicher Betätigungen. Falls Sie doch noch ein Privatleben haben, gestalten Sie die Terminplanung zwischen ihm und dem Job noch engmaschiger, nutzen Sie jede freie Minute. - Gesund leben? Maßlos überschätzt!
Gesundes Essen wird als Zeitkiller abgeschafft zugunsten von Fast Food und belegten Semmeln. Damit Sie überhaupt entspannen und von Ängsten und anderen unangenehmen Gefühlen abschalten können, gönnen Sie sich regelmäßig abends etwas Alkoholisches. - Perfektion, Perfektion, Perfektion
Seien Sie nie zufrieden mit Ihren Ergebnissen, auch wenn andere begeistert sind. Sie sind Ihr strengster Kritiker. Weniger als perfekt kommt für Sie nicht in Frage. Stecken Sie sich zusätzliche Ziele. Erlernen Sie eine Fremdsprache, machen Sie eine berufsbegleitende Ausbildung und laufen Sie Marathon. - Probleme? Ach was!
Lösen Sie keine Konflikte und Probleme grundlegend. Schieben Sie alles vor sich her, damit der Berg von Unerledigtem immer höher wird. - Ein Ausstieg ist möglich!
Falls Sie sich in unserem Text zu stark wiedererkennen, steiegen Sie aus! Je früher, desto besser. Gehen Sie zum Arzt, ändern Sie Ihre Lebensweise, solange es noch früh genug ist. Das raten Ihnen Ruth Hellmich, Rechtsanwältin und Geschäftsführerin von CoachingTraining.