Verluste sollen Milliarden Dollar betragen IT-Lobbies beklagen sich ueber Copyright-Verletzungen in China

24.02.1995

SAN FRANZISKO (IDG/CW) - Mit schwerem Geschuetz will die US- Administration gegen den Verkauf illegaler Softwarekopien und schwarz produzierter CDs in China vorgehen. Halte sich das Land nicht an die Spielregeln, wuerden chinesische Importe mit Strafzoellen von bis zu 1,1 Milliarden Dollar belegt, drohte der US-Handelsbauftragte Mickey Kantor. Die Amerikaner wollen die Strafaktion am 26. Februar beginnen, wenn die Volksrepublik China bis dahin nicht begonnen habe, Verstoesse gegen das Copyright haerter zu bestrafen.

Dieses Mal sind es nicht nur die Wachhunde der Business Software Alliance (BSA), der Information Technology Association of America (ITAA), der Software Publishers Association (SPA) und der International Intellectual Property Alliance (IIPA), die den Raubkopierern im fernen China an den Kragen wollen.

Offenbar stossen die Angaben der amerikanischen Unterhaltungs- und Software-Industrie, wonach sie jaehrlich durch die illegalen Kopien mehr als eine Milliarde Dollar verliert, bei der US-Administration auf offene Ohren.

"Das Verhalten der Volksrepublik China, Verstoesse gegen das Recht auf intellektuelles Eigentum nicht zu ahnden und ihre staendige Verweigerung, dem Copyright unterliegende Produkte auf ihren Maerkten frei zugaenglich zu machen, hat der US-Wirtschaft geschadet und zu ernstzunehmenden Verlusten amerikanischer Firmen und Angestellter gefuehrt", erklaerte Kantor das rigerose Vorgehen.

Beispiele, wie dreist in China die Rechte auf geistiges Eigentum verletzt werden, gibt es genug. So produzieren 29 Fabriken jaehrlich 75 Millionen raubkopierte CDs, die sie nicht nur im eigenen Land verkaufen, sondern auch exportieren. Bisher lehnt die Regierung die Schliessung dieser Produktionsstaetten ab.

Microsoft beschwerte sich einem Bericht der "Business Week" zufolge, dass ein Labor der Universitaet von Shenzhen Hologramme produziere, die normalerweise als eine Art Echtheitszertifikat auf den Programmschubern des Softwaregiganten kleben. 26 Millionen Dollar wollen die Redmonder durch den Verkauf von Raubkopien verloren haben. Vor einem chinesischen Gericht seien Microsoft lediglich Ausgleichszahlungen von 2600 Dollar angeboten worden.

China noch nicht zum Einlenken bereit

Wohlwissend, dass die amerikanische Industrie auf dem riesigen chinesischen Markt Fuss fassen will, zeigt die chinesische Administration wenig Neigung, den Raubkopierern Einhalt zu gebieten. So werden in Peking, Shanghai und anderen oekonomischen Zentren teilweise auf offener Strasse oder in Hinterzimmern illegale Programmkopien und CDs angeboten. Ausserdem haben die Chinesen hundertprozentige Strafzoelle auf amerikanische Gueter angekuendigt, wenn die USA ihre Drohung wahrmachen und Importe aus dem Reich der Mitte mit Sanktionen belegen.

Trotz dieses moeglichen Konters, der die Entwicklung der US- Unternehmen in China stark beeintraechtigen wuerde, begruessen amerikanische IT-Lobbyisten die harte Gangart. "Wir verlangen Razzien und Verhaftungen sowie eine Zusage, dass sich die Verhaeltnisse langfristig aendern", erklaerte Kim Williard, eine Sprecherin der BSA. Die Software-Anbieter-Vereinigung geht davon aus, dass es sich bei 98 Prozent der in China eingesetzten Programme um illegale Kopien handelt. Der daraus resultierende jaehrliche Verlust wird auf 351 Millionen Dollar geschaetzt.

Allerdings sind die angedrohten Sanktionen nicht unumstritten. Randy Green, Director der Federation of International Distributors und President der Greentree Association in Boston, die Software- Distributoren hilft, ins internationale Geschaeft einzusteigen, haelt andere Wege fuer sinnvoller. Die Beraterin ist der Ansicht, dass Softwarepiraterie in Entwicklungs- und Schwellenlaendern durchaus ein brauchbarer Mechanismus ist, Software bekannt zu machen und zu standardisieren. Mit spaeteren Amnestieprogrammen und dem Anbieten preiswerter "Light"-Versionen - Massnahmen, die uebrigens auch in Osteuropa und Russland erfolgreich waren - koennten die illegalen Nutzer zu Kunden gemacht werden.

BSA, SPA und IIPA widersprechen. Zwar seien die Produkte dort - dem Durchschnittseinkommen gemaess - teurer als in Entwicklungslaendern, aber "niemand darf etwas stehlen, nur weil er es sich nicht leisten kann", postuliert Eric Smith von der IIPA.