Virtuelles Interface mit neuem File-System als Königsweg?

Verkupplungsversuch von SAN und NAS umstritten

09.02.2001
MÜNCHEN (kk) - SAN und NAS, die beiden Techniken für das Speichern im Netz, schienen unvereinbar. Jetzt versuchen Anbieter von beiden Seiten her den Brückenschlag. Ob der jedoch (bereits) sinnvoll ist, bleibt abzuwarten.

Storage Area Network (SAN) und Network Attached Storage (NAS) unterscheiden sich grundsätzlich durch die Art des Datenzugriffs. Ein SAN ist ein meist auf dem Fibre Channel (FC) basierendes, dediziertes Speichernetz, bei dem die angeschlossenen Host-Rechner die benötigten Informationen in kleinen Datenblöcken abrufen. Wegen der fehlenden Standards implementierten die Anbieter SANs mit proprietären Lösungen, etwa speziellen Interfaces oder Kanalarchitekturen. Fast alle Rechnerhersteller bieten heute SAN-Lösungen an. Zusätzlich tummeln sich auch Speicheranbieter wie EMC, Storagetek oder MTI in diesem Bereich.

In einer NAS-Architektur greifen die Host- und Client-Systeme über gängige LAN-Schnittstellen (Ethernet, FDDI, ATM und andere) auf die Daten-Files zu und verwenden dafür Netzprotokolle wie Network File System (NFS) oder Common Internet File System (CIFS), das in der Windows-Welt gebräuchlich ist. Die Datenspeicher sind dabei direkt an einen Host-Rechner oder File-Server angeschlossen, auf dem auch die NFS-Software aufgespielt ist. Sie sorgt dafür, dass sich der Speicher für die Client-Systeme wie ein lokales File-System darstellt.

Einer der wichtigsten Anbieter von NAS-Lösungen ist Network Appliance, der mit dem neuen Konzept "Open Storage Networking" den Spagat zwischen NAS und SAN schaffen will. "Den Kunden interessiert die Technik nicht, er will die wachsende Datenflut bewältigen und kostengerecht managen", erklärt Gunther Thiel, Business Development Manager bei der deutschen Niederlassung des kalifornischen Herstellers.

Das Konzept zielt darauf ab, den Dateitransfer zu vereinfachen. Bislang müssen beim Schreiben und Lesen von Daten viele einzelne Schritte durchlaufen werden. Bis beispielsweise beim Lesen von Information die gewünschten Daten ihren Zielort - den anfragenden Client - erreichen, werden sie öfters kopiert und zwischengespeichert. Hinzu kommt, dass bei jedem Dateizugriff das Betriebssystem eingebunden werden muss, also CPU-Leistung notwendig ist. Dazu Thiel: "Das ist nicht wirklich effizient."

Die Lösung sieht er in der ursprünglich von Compaq, Intel und Microsoft als Cluster-Technik entwickelten Architektur "Virtual Interface" (VI), die als neuer Transportmechanismus dienen soll.

VI soll eine einzige Schnittstelle für die Cluster-Software bereitstellen, unabhängig von der zugrunde liegenden Netztechnik. VI verfügt über zwei fundamentale Eigenschaften: Es erlaubt den direkten Speicher-zu-Speicher-Transfer und die direkte Kommunikation der Anwendung mit der Netz-Schnittstelle.

"Eine VI-Netzkarte hat die Intelligenz des Übertragungsprotokolls im Controller der Karte integriert. Damit kann eine VI-fähige Anwendung direkt und unter Umgehung des Betriebssystems mit dem Controller der VI-Karte kommunizieren", erläutert Thiel. Der Vorteil ist einmal, dass das Kopieren und Übergeben der Daten an die einzelnen Schichten von Kernel oder Treiber entfällt. Außerdem muss das Betriebssystem nicht mehr bemüht werden, Client- und Host-CPU werden entlastet.

Die zweite Eigenschaft, das Interprocessor-Memory-Sharing, erlaubt es, mehrfach benötigte Datenblöcke in einem Cluster nur im Speicher eines Rechners vorhalten zu müssen. Das sorgt ebenfalls für mehr Leistung. Als Vorteil kommt hinzu, dass VI unabhängig von der Transportschicht (derzeit IP oder FC) implementiert werden kann. Network Appliance will in den neuen Modellen der "Filer"-Serie die VI-Netzkarte "Zentai" von Troika Networks Inc. einsetzen, die VI-over-FC implementiert hat. "Der Filer lässt sich damit sehr einfach mit SAN-Switches verbinden", glaubt Thiel und sieht damit den Grundstein für die Konvergenz von NAS und SAN gelegt. "Daten lassen sich beispielsweise vom NAS-Filer auf eine Bandbibliothek im SAN ablegen und vice versa."

In einem nächsten Schritt soll auf Basis von VI ein neuartiges Dateisystem - Direct Access File System (DAFS) - genutzt werden, das derzeit entwickelt wird. Zu den an der Kooperation "DAFS Collaborative" beteiligten Unternehmen gehören neben Network Appliance die Branchengrößen Adaptec, Cisco, Compaq, Fujitsu, Gadzoox, HP, IBM, Intel, LSI Logic, NEC, Qlogic, Seagate, Veritas und Troika (www.dafscollaborative.org).

DAFS ist ein Protokoll, das die VI-Architektur als Transportmedium nutzt, um Anwendungen den direkten Zugriff auf die Daten von File-Servern zu ermöglichen. Zudem sollen in einem Cluster zusammengefasste Applikations-Server Daten effizient austauschen können, da die Betriebssysteme dafür nicht mehr bemüht werden müssen.

Norbert Deuschle, Analyst der Meta Group, wollte die zukünftig von Network Appliance eingesetzte Technik nicht bewerten: "Dazu müssten Benchmark-Ergebnisse vorliegen und die Kostenfrage geklärt sein." Außerdem arbeite das SAN-Lager ebenfalls an der Weiterentwicklung neuer Techniken für das Zusammenwachsen von SAN und NAS, wie das Beispiel MTI oder EMC zeige.

Für MTI sind Storage Area Network (SAN) und Network Attached Storage (NAS) spätestens seit der Einführung der "Vivant"-Speicherprodukte trotz unterschiedlicher Zugriffsweisen komplementäre Techniken. "In unseren Vivant-Geräten mixen wir SAN und NAS", erklärt Harald Heid, Geschäftsführer der deutschen MTI-Niederlassung in Wiesbaden (siehe auch Interview auf Seite 8). In einem Gehäuse ist sowohl ein File-Server mit dem Journal-File-System integriert als auch ein als "Block"-Server bezeichneter Rechner, an den die Raid-Speichersysteme angeschlossen sind. Je nach Modell reichen die Kapazitäten von 400 GB bis 15 TB.

Über die ebenfalls eingebauten FC-Switches kann der Anwender den Speicher direkt an seinen Host-Rechner anschließen oder über das NAS oder das SAN zugreifen. Der Block-Server teilt dem File-Server die benötigte Speicherkapazität dynamisch zu. Allerdings ist der Zugriff untereinander nicht möglich: Ein File-Server hat keinen Zugang zu den Daten des Block-Servers und vice versa.

Analyst Deuschle bezweifelt, dass die derzeit angestrebte Konvergenz zwischen NAS und SAN generell wünschenswert ist: "Wenn jeder im Netz auf alle Daten zugreifen und sie überschreiben darf, erscheint mir das problematisch." Das Beispiel von Windows NT, das alle Ressourcen eines Speichernetzes für sich reserviert, zeige, dass dann aufwändige Schutzmaßnahmen wie Zoning zu treffen sind. Derzeit kämpften die SAN-Hersteller damit, die FC-Verteilerstellen (Fabrik) im SAN sauber aufzusetzen, da nicht alle Betriebssysteme über entsprechende Schnittstellen verfügten beziehungsweise diese nicht offen gelegt würden.

Derzeit rät Deuschle den Anwendern, das Speicherkonzept mit Blick auf die Anwendung zu wählen. Sie entscheide, ob ein NAS oder ein SAN sinnvoll ist: "Im E-Business mit Web-Caching und relativ großen Files zeigen sich die Stärken eines NAS-Systems. Bei einer R/3-Anwendung unter Oracle allerdings ist eine NAS-Lösung immer langsamer als ein Zugriff auf Block-Level." Hier sei also ein SAN die bessere Lösung.

Der Meta-Analyst glaubt nicht, dass es in den kommenden Monaten möglich sein wird, Block- und File-basierte Zugriffe zu kombinieren. Das sei zudem eine Frage der Kosten, da ja immer der teure Fibre Channel ins Spiel gebracht werden muss. Für die ferne Zukunft mag Deuschle eine integrierte FC-Architektur allerdings nicht ausschließen, aber "derzeit antworte ich auf die Frage, was nach dem SAN kommt, dass es dann um das Verheiraten der verschiedenen SAN-Inseln im Unternehmen gehen wird".

Abb.1: Unterschiedliche File-Zugriffe

Das virtuelle Interface verkürzt die Wege beim Lesen und Schreiben von Daten. Quelle: DAFS Colloborative

Abb.2: Zugriff Block- oder File-basiert

Die Anwendung entscheidet: Stärken und Schwächen von NAS und SAN. Quelle: Meta Group