Verkuerzter Messe-Fruehling brachte weniger Besucher als '94

07.04.1995

LEIPZIG (ms) Eine Woche vor der CeBIT hatte im Maerz die Leipziger Messe AG zum traditionellen Fruehjahrstreff geladen. Das um einen Tag verkuerzte Programm mobilisierte weniger Besucher als im letzten Jahr zu einem Hallenrundgang.

Zum letzten Mal praesentierte sich der Leipziger Messefruehling auf dem geschichtstraechtigen Platz unter dem Voelkerschlachtdenkmal. Doch von Abschiedsstimmung keine Spur: Die grossteils leeren Hallen zeugen seit der Wende ohnehin nur von frueherem Ruhm, und nur wenige Gebaeude werden fuer laufende Veranstaltungen genutzt - laut dem Veranstalter aber mit Erfolg.

Die diesjaehrige Fruehjahrsmesse vom 1. bis 4. Maerz habe "alle Erwartungen erfuellt", heisst es.

Rund 27 000 Besucher (1994: 31 000) interessierten sich fuer die um einen Tag verkuerzten Praesentationen der etwa 1530 Aussteller der Terratec - Fachmesse und Kongress fuer Umweltinnovationen -, Innovationsmesse sowie Verpackungsmesse.

Der leichte Aufwind in der deutschen Wirtschaft scheint die Anbieter wieder optimistisch zu stimmen. Immerhin konnte der Messerenner Terratec in diesem Maerz 878 Aussteller (1994: 862) aus 26 Laendern - 186 davon aus dem Ausland (1994: 111) - fuer sich verbuchen. Auf 42 000 Quadratmetern praesentierten die Firmen "neue Technologien fuer eine saubere Umwelt". Mit ihrem Partner, der Datol GmbH aus Werde, zeigte die Ingenieurgesellschaft fuer Elektro- und Automatisierungstechnik mbH, Halle, PC-gestuetzte Systeme - wahlweise unter DOS oder OS/2 Warp - fuer die Steuerung von Wasserwerken und Pumpstationen.

Um Entsorgung und Recycling ging es auf dem Stand der Inco Systeme GmbH, Leipzig. Die Management-Loesung "Conpro" (PC unter DOS) sorge fuer die Verwaltung und Bearbeitung "saemtlicher anfallender Daten in einem Entsorgungs-, Recycling- und Containerunternehmen", hiess es. Hard- und Software aus einer Hand hatte die Sensorik & Systemtechnologie aus Fuerstenwalde anzubieten: Ein wasserdichtes mobiles Datenerfassungsgeraet nebst passender PC-Software unter Windows. Das System lasse sich vor allem an Bombensuchgeraete anschliessen, erklaerten die Brandenburger.

Ihren geschaeftlichen Erfolg auf dem saechsischen Umweltforum beurteilten die Firmen recht unterschiedlich. Waehrend die einen eher "auf reinen Brachenmessen unsere Kunden finden", jubelten andere wie die Robot Automation Leipzig GmbH ueber ein "so grosses Interesse, dass wir nachtraeglich Informationsmaterial drucken mussten". Messeneulinge wie die elf Firmen aus dem sibirischen Irkutsk freuten sich ueber "fuenfzig erfolgversprechende Gepraeche und drei Vertragsabschluesse".

Aehnlich die Stimmung auf der Innovationsmesse - doch ruhiger. Etwa 512 Aussteller - davon 236 aus Osteuropa (1994: 110) - hatten in der Halle 20 ihre Staende aufgebaut. Unter ihnen das Zentrum fuer Innovation und Technik (Zenit) aus Muelheim an der Ruhr, das mit fuenf Firmen aus Nordrhein-Westfalen angetreten war. Frank Moldenhauer, Projektchef von Zenit, fand den diesjaehrigen Leipziger Fruehling "besser als im letzten Jahr". Die starke Beteiligung der Osteuropaeer ist fuer ihn "besonders interessant". Gerne wolle man ins Gespraech kommen, meinte auch Dirk Zweydinger von der Dortmunder Adis Datenservice GmbH, einem Anbieter von optischen Speichersystemen, der ein A0-Plottsystem vorstellte. Allerdings stehe der Verstaendigung eine Barriere im Wege: Firmenvertreter aus Russland, der Ukraine etc. wuerden oft weder deutsch noch englisch sprechen und keinen Dolmetscher parat haben.

Ein Problem, ueber das die ostdeutschen Firmen weniger zu klagen haben. Dennoch: So mancher bedauerte, dass die "Osteuropaeer nur fuer sich" an ihren Staenden weitgehend unter sich blieben und wenig Bewegung nach draussen kam.

Vladimir Putin, erster Stellvertreter des Vorsitzenden der Regierung von St.-Petersburg, sah das wohl nicht so. "Mit grosser Freude und auch aus moralischen Gruenden" seien er und die High- Tech-Firmen der fuenf Millionen Einwohner zaehlenden Stadt nach Leipzig gekommen. Nun koenne man "zeigen, was wir fuer gute Erfindungen haben" und deutsche Unternehmen kontaktieren.

Fuer die Erfurter Ermess GmbH - das Unternehmen stellte ein PC- System fuer die "Ueberwachung von hochkanaligen Schaltanlagen" vor - ging es auf der "politischen Messe" vor allem um Kontakte zu den Vertretern der Wirtschaftsministerien. Dort entscheide man ueber die Verteilung der Foerdermittel, weiss Geschaeftsfuehrer Dieter Schultze.

Einen Besucherrekord sollen die Organisatoren der parallel zu den Messen organisierten Symposien und Kongresse verbucht haben: Rund 7000 Teilnehmer (1994: 4600) haetten unter anderem den "West-Ost- Transfer Umwelt '95", die "Technologie- und Gruenderzentren in Mittel- und Osteuropa" sowie den "Tag der Kommunen" und den "Einkaeufertag" besucht. Trotz des fuer die Leipziger Messe GmbH guten Resultats und des Runs aus Ost- und Mitteleuropa wurde das derzeitige Fruehlingskonzept erst einmal wieder gekippt: Fuer die Umwelt und die Verpackung will man sich kuenftig im Zweijahres- Rhythmus engagieren. Was die Innovationsmesse betrifft, muesse man "genau ueberlegen", so Projektchef Victor Kommerell, wann die Veranstaltung im naechsten Jahr stattfinden soll.