Im Vorfeld einer Vereinheitlichung der Datenverarbeitung bei den Stadtwerken:

Verkehrsbetriebe Köln fahren aufs Unix-Gleis

30.09.1988

KÖLN (CW) - Die städtischen Werke der Domstadt wollen die sehr heterogene DV ihrer verschiedenen Betriebe unter einen Hut bringen. Als ersten Schritt zu einer Vereinheitlichung stellen die Verkehrsbetriebe ihr MAI-RZ im "weichen Übergang" auf Unix um.

Unter dem Konzerndach der Stadtwerke Köln (SWK) herrscht in puncto DV noch echte Vielfalt. Die ehemals selbständigen Tochtergesellschaften haben nach dem Zusammenschluß zur SWK AG ihre Autonomie behalten; sie mußten sich keine zentrale DV aufzwingen lassen. So kam es, daß in Kölns Werkbetrieben bis heute weder IBM-Rechner der 370-Klasse noch BS2000-Computer von Siemens stehen.

Die größte Einzelfirma, die für die Energie- und Wasserversorgung zuständige GEW, arbeitet mit einem Dreifachprozessor 1100-93 von Unisys unter OS/1100. Die Hafenbetriebsgesellschaft (HKG) ist Kunde von Mannesmann-Kienzle. Die Verkehrsbetriebe (KVB) schwören auf MAIs Branchenlösung und ihre eigenentwickelte Business-Basic-Software. Die Wohnungsbaugesellschaft (WSK) hat noch gar keine eigene DV, sondern bedient sich eines externen Rechenzentrums. Die einzige IBM-Maschine im Konzern, eine /36, steht bei der Kölner Außenwerbung (KAW), die die städtischen Plakatflächen vermietet.

Seit dem Frühjahr ist ein Stadtwerke-Ausschuß damit beschäftigt, ein neues DV-Konzept zu entwickeln. Der Vorstand will die Betriebssystemwelten im Konzern vereinheitlicht sehen. Die Projektgruppe wird ihre Ergebnisse voraussichtlich Mitte nächsten Jahres vorlegen. Schon heute ist allerdings klar, daß das Fazit nicht heißen wird: "Nur Unix." Hans-Udo Pauck, für die Stadtwerke-DV verantwortlich: "Wir könnten gar nicht auf allen Systemen Unix einsetzen. Auf der 1100 läuft nur OS/1100."

Bei den Verkehrsbetrieben allerdings hat man sich zu dem Schritt in Richtung Unix schon entschlossen. Dahingehende Überlegungen gab es, so DV-Leiter Dieter Wimmer, schon seit zwei Jahren. Mit Unterstützung von Diebold-Beratern planten die Kölner ihren "weichen Übergang." Eine Hauptrolle spielt dabei das Softwarehaus Compu-Orga in Kaarst - nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen ehemaligen Schwesterunternehmen in Köln, das heuer von beider Hardwarepartner MAI aufgekauft wurde.

Ein von Compu-Orga im Auftrag der KVB entwickelter Programmgenerator, der bisher die strukturierte Programmierung in MAIs Sprache Business Basic unterstützt, soll binnen Jahresfrist um einen Precompiler für C erweitert werden, um die Tür zu Unix zu öffnen. Auch für MAI bedeutet die Entwicklungskooperation mit dem Anwender und dem Softwarehaus den Einstieg ins Unix-Metier, denn nach bisheriger Planung wird dieser Hersteller das Standard-Betriebssystem erst ab Anfang 1990 auf seinen Rechnern anbieten.

Der C-Programmgenerator spielt für die deutsche MAI die Schlüsselrolle: Wird er gut, kann er auch von anderen Softwarehäusern aus dem MAI-Umfeld übernommen werden. Das würde nicht nur deren Kunden die Migration ermöglichen; auch die bestehenden Branchenpakete wären dann für das Neukundengeschäft in der Unix-Welt verfügbar.