Entscheidung wird noch Jahre dauern

Verkauf von Online-Gebrauchtsoftware - wie wird der BGH entscheiden?

18.01.2008
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Rechtsanwalt seit 1994 Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Arbeitsrecht Datenschutzbeauftragter TÜV Tätigkeitsschwerpunkte: IT-Recht Arbeitsrecht Vergaberecht
Im Streit, ob online übertragene Softwareprogramme weiterverkauft werden dürfen, läuft alles auf eine Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof hinaus. Doch bis zum endgültigen Richterspruch dürften noch Jahre vergehen.

Derzeit diskutieren Experten und Betroffene zum Thema online übertragene Gebrauchtsoftware intensiv über die in den vergangenen Monaten ergangenen Urteile der Land- und Oberlandesgerichte. Das Landgericht München hatte Anfang 2006 in einem Eilverfahren festgestellt, dass ein Weiterverkauf von Software, die sich der Nutzer online heruntergeladen hatte, ohne vom Hersteller eine CD-ROM erhalten zu haben, nicht möglich sein soll (Urteil vom 6. Januar 2006 – Aktenzeichen 7 O 23237/05). Das Oberlandesgericht München bestätigte mit dem Urteil vom 3. August 2006 (Aktenzeichen 6 U 1818/06) den Richterspruch. Auch in dem Hauptsacheverfahren wich das Landgericht München nicht von seiner Rechtsansicht ab (Aktenzeichen 7 O 7061/06). Eine klarstellende Entscheidung des Bundesgerichtshof BGH steht noch aus. Wie diese ausfallen könnte, darüber lässt sich derzeit nur anhand der bislang vom BGH getroffenen Entscheidungen in diesem Themenbereich spekulieren.

So hat der BGH bisher entschieden

Die erste höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Thema stammt bereits aus dem Jahre 1989 (Urteil vom 18. Oktober 1989, Aktenzeichen VIII ZR 325/88). In dem zugrunde liegenden Fall wurde eine Software via Kabelverbindung von der Festplatte des Softwareherstellers auf die Festplatte des Kunden übertragen. Fraglich war dabei, ob diese Art der Übertragung ohne Zuhilfenahme einer Diskette oder eines anderen Datenträgers dieselben rechtlichen Konsequenzen hatte wie der Verkauf eines Datenträgers. Der BGH stellte dazu fest, dass der Datenträger allein das erworbene Programm vom Verkäufer zum Käufer transportiert und vor allem dazu dient, die Software anschließend durch Überspielen auf die Festplatte im Computer des Käufers zu installieren. Erst dadurch werde der Endzweck des Kaufvertrags, nämlich die Nutzbarmachung, erreicht. Im Anschluss an die Installation dient der Datenträger allein als Sicherungskopie.

Der BGH nahm an, dass beim unmittelbaren Überspielen des gekauften Programms von einer Festplatte des Verkäufers auf eine solche des Käufers lediglich das "Zwischenstadium" der Kopie auf Diskette oder andere Datenträger entfallen sei. Der Endzweck des Erwerbs der Standardsoftware, nämlich die Nutzbarmachung des Programms für den Erwerber durch Einspeicherung auf die Festplatte seines Computers, sei in dem einem wie dem anderen Fall in gleicher Weise erreicht.

Der BGH stellte daher fest: "Jedenfalls rechtfertigt diese nur auf den fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten beruhende und unmittelbare Installierung der gekauften Standardsoftware im Computer des Käufers als Endanwender bei gleichem wirtschaftlichem Endzweck des Geschäfts die entsprechende Anwendung der Vorschriften jenes Gesetzes."

Thomas Feil, Rechtsanwalt und Spezialist für IT-Recht, hofft, dass der BGH angesichts der bisherigen Rechtssprechung den Weiterverkauf von online übertragener Software für rechtens erklären wird.
Thomas Feil, Rechtsanwalt und Spezialist für IT-Recht, hofft, dass der BGH angesichts der bisherigen Rechtssprechung den Weiterverkauf von online übertragener Software für rechtens erklären wird.

Diese höchstrichterliche Rechtsprechung kann im Rahmen der Bewertung des Verkaufs von online übertragenen gebrauchten Computerprogrammen entscheidend sein. Auch in diesen Fällen fehlt es an einer Verkörperung des Softwareprogramms in Form eines Datenträgers.

Das Landgericht München möchte die rechtlichen Konsequenzen im Widerspruch zu dem Urteil des BGH von der Art der Übertragung der Rechte abhängig machen. Die Richter sind der Ansicht, dass der Erschöpfungsgrundsatz nach Paragraf 69 c Nr. 3 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) nur dann anzuwenden sei, wenn Softwareprogramme auf einem Datenträger erworben werden. Der Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass sich die Eigentumsrechte des Verkäufers mit dem Verkauf erschöpfen. Das heißt, er kann dem Käufer die Weiterveräußerung nicht verbieten. Im Falle der Online-Übertragung finde eine Erschöpfung, die zu einem Weiterverkauf berechtigt, dagegen nicht statt, argumentieren die Münchner Richter.

Anders sieht dies das Landgericht Hamburg (Urteil vom 29. Juni 2006 – Aktenzeichen 315 O 343/06). Die Richter in der Hansestadt gehen mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs konform und stellen fest, dass die unkörperliche Übertragung die Übergabe eines physischen Werkstücks ersetzt und es in diesem Fall auch hinsichtlich des unkörperlichen Werkstücks zu einer Erschöpfung kommen muss. Nur in diesem Falle wäre das unkörperliche Werkstück auch verkehrsfähig.

Erst zehn Jahre nach dem Urteil von 1989 musste sich der BGH erneut mit dem Thema Software auseinandersetzen (Urteil vom 22. Dezember 1999 – Aktenzeichen VIII ZR 299/98). Dabei stellten die Richter fest, dass bei einem Vertrag über die Lieferung einer Standardsoftware nebst dazugehörigen Quellcodes zur dauerhaften Benutzung gegen ein einmaliges Entgelt das BGB-Kaufrecht anwendbar ist. Dies hat zur Konsequenz, dass der Softwarehersteller als Verkäufer der Software verpflichtet ist, die Kardinalpflichten des Kaufvertrages einzuhalten. Dazu gehört, dem Käufer die Eigentumsrechte am Kaufgegenstand zu verschaffen. Von einer Eigentumsverschaffung kann jedoch nicht die Rede sein, wenn dem Käufer untersagt ist, den Kaufgegenstand weiterzuveräußern. Auch aus diesem Grund kann die Art der Übermittlung des Kaufgegenstandes, beispielsweise durch Online-Übertragung, den Verkäufer nicht von seinen Verpflichtungen dem Käufer gegenüber befreien.

In seiner bekannten OEM-Entscheidung (Urteil vom 6. Juli 2000 – Aktenzeichen I ZR 244/97) stellte der BGH die herausragende Bedeutung der Verkehrsfähigkeit von Werkstücken im Sinne des Urheberrechtsgesetzes klar. Unter anderem äußerte er sich dazu wie folgt:

"Könnte der Rechtsinhaber, wenn er das Werkstück verkauft oder seine Zustimmung zur Veräußerung gegeben hat, noch in den weiteren Vertrieb des Werkstücks eingreifen, ihn untersagen oder von Bedingungen abhängig machen, so wäre dadurch der freie Warenverkehr in unerträglicher Weise behindert."

Nichts anderes kann für die Wahl der technischen Übertragung auf den Nutzerrechner gelten. Demnach müssten unter Beachtung der vom Bundesgerichtshof zugemessenen Bedeutung des Warenverkehrs online übertragene Computerprogramme nicht anders zu behandeln sein wie solche, die auf einem Datenträger erworben werden. Ein Weiterverkauf dürfte im Interesse des freien Warenverkehrs nicht verhindert werden.