Italiener sollen größter Aktionär des neuen Eigners werden

Verkauf von Olivetti-Tochter Olsy an Wang so gut wie amtlich

07.11.1997

Gerüchte über eine entsprechende Fusion gab es seit Monaten. Nachdem die Wirtschaftsgazette nun mit Hilfe offensichtlicher Indiskretionen aus Mailänder Bank- und Börsenkreisen Einzelheiten des vermeintlichen Deals veröffentlichte, bestätigten Sprecher beider Firmen, daß es Verhandlungen "in einem sehr fortgeschrittenen Stadium" gibt.

Angeblich will Wang für den Erwerb von Olsy rund eine Milliarde Dollar in bar an Olivetti zahlen und zudem dem italienischen IT-Konzern eine Beteiligung in Höhe von 19 Prozent anbieten. Olivetti wäre damit der größte Aktionär der US-Company. Olsy würde in Wang integriert. Beide Seiten haben sich bereits in den wesentlichen Punkten geeinigt, mit einem Abschluß der Gespräche sei, so die "Financial Times", noch im November zu rechnen. Branchen-Insider in London und New York gehen allerdings nach wie vor davon aus, daß der Kaufpreis für die IT-Service-Tochter von Olivetti maximal 700 Millionen Dollar betragen dürfte. Zudem verhandeln die Italiener derzeit auch noch mit EDS - eine Behauptung, die von Olivetti zumindest nicht dementiert wird.

Kommt indes der Deal mit Wang zustande, würde ein Unternehmen mit rund 20000 Mitarbeitern sowie 4,5 Milliarden Dollar Umsatz und damit ein gewichtiger Player im weltweiten IT-System- und Servicegeschäft entstehen.

Auf Kerngeschäfte konzentrieren

Olsy hatte im zurückliegenden Geschäftsjahr 1996 mit 12000 Beschäftigten Einnahmen von rund 2,6 Milliarden Dollar erzielt und war damit der größte Umsatzträger innerhalb des Olivetti-Konzerns. In jedem Fall entspräche der Merger den Bemühungen von Olivetti und Wang, sich künftig auf wenige lukrative Kerngeschäftsfelder zu beschränken.

So hatten die Italiener erst vor wenigen Wochen durch die spektakuläre 49,9-Prozent-Beteiligung von Mannesmann an ihrer Tochter Infostrada ihre TK-Aktivitäten neu ausgerichtet. Der Verkauf von Olsy beziehungsweise die Beteiligung an Wang könnte ein weiterer Mosaikstein in der Strategie von Olivetti-Chef Roberto Colaninno sein, das Unternehmen zu einer Holding umzubauen, die ausschließlich auf einem Geflecht internationaler Allianzen basiert, heißt es weiter. Seit kurzem gibt es in diesem Zusammenhang Gerüchte, wonach die Sparte Lexikon Office Equipment als nächstes Geschäftsfeld der Italiener zur Disposition steht. Wang seinerseits könnte mit der Olsy-Übernahme den Wandel vom früheren Midrange-Rechner-Hersteller zu einem IT-Dienstleister untermauern, den das US-Unternehmen seit dem Konkurs und der anschließenden Reorganisation im Jahr 1993 betreibt. Bestandteil dieser Strategie, die die Fokussierung auf die Bereiche Netzwerk- und Desktop-Integration sowie IT-Services vorsieht, war der in diesem Jahr erfolgte Verkauf des kompletten Softwaregeschäfts an Kodak.

Offenbar bringt dieser Kurs Wang tatsächlich den bitter nötigen Erfolg: Im Ende September abgeschlossenen dritten Quartal konnte die US-Company jedenfalls die Erwartungen der Analysten deutlich übertreffen. Das Unternehmen wies einen im Vorjahresvergleich von 272,7 auf 312,2 Millionen Dollar gestiegenen Umsatz aus. Der Gewinn betrug 11,4 Millionen Dollar oder 21 Cent je Aktie. Im dritten Quartal 1997 stand noch ein Minus von 26,4 Millionen Dollar oder 82 Cent je Aktie in der Bilanz.