Shops müssen umprogrammiert werden

Verbraucherrecht und Online-Handel

02.11.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

14 Tage Widerrufsfrist für alle

Abgesehen von dem Umstand, dass die Widerrufsfristen in anderen EU-Ländern sehr unterschiedlich sind, beträgt zurzeit (Stand 06/2011) im deutschen Recht die Widerrufsfrist 14 Tage bzw. einen Monat. Sie ist neben dem Erhalt der Ware auch an weitere Informationspflichten und Formerfordernisse geknüpft.

Künftig wird die Widerrufsfrist 14 Tage betragen und beim Verkauf von Waren über das Internet an dem Tag beginnen, an dem der Verbraucher die Ware erhalten hat. Konkret beginnt die Frist gemäß Artikel 9 Absatz 2 b Verbraucherrechterichtlinie "ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Ware gelangt." Die "letzte" Ware bezieht sich hierbei auf Teillieferungen.

Frist bei Nichtaufklärung über das Widerrufsrecht

Auch die Frist für das Widerrufsrecht, wenn eine ordnungsgemäße Information über das Widerrufsrecht nicht vorliegt, wird im Verhältnis zur bisherigen deutschen Rechtslage verkürzt. Die Widerrufsfrist beträgt in diesem Fall zwölf Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist, somit zwölf Monate und 14 Tage.

Muster für die Ausübung des Widerrufsrechtes

Der Verbraucher kann (muss jedoch nicht) künftig ein Muster-Widerrufsformular verwenden oder seinen Entschluss, den Vertrag zu widerrufen, mit einer entsprechenden eindeutigen Erklärung in beliebiger anderer Form darlegen.

Das Muster-Widerrufsformular soll wie folgt aussehen:

(Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es zurück)

An [hier ist der Name, die Anschrift und gegebenenfalls die Faxnummer und E-Mail-Adresse des Gewerbetreibenden durch den Gewerbetreibenden einzufügen]":

Hiermit widerrufe(n) ich/wir* den von mir/uns* abgeschlossenen Vertrag über den Kauf der folgenden Waren*/ die Erbringung der folgenden Dienstleistung*

  • Bestellt am*/erhalten am*

  • Name des/der Verbraucher(s)

  • Anschrift des/der Verbraucher(s)

  • Unterschrift des/der Verbraucher(s) (nur bei schriftlicher Mitteilung)

  • Datum

*Unzutreffendes streichen.

Neu ist auch die Möglichkeit, den Widerruf über ein Online-Formular erklären zu können.

Änderung der Pflichten des Verkäufers im Widerrufsfall

Der Kaufpreis ist einschließlich der Lieferkosten gemäß Artikel 13 Absatz 1 Verbraucherrechterichtlinie "ohne unnötige Verzögerung und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen an dem Tag zurückzuzahlen, an dem er (der Verkäufer) gemäß Artikel 11 über den Entschluss des Verbrauchers informiert wird, den Vertrag zu widerrufen.

Die Rückzahlung hat unter Verwendung desselben Zahlungsmittels zu erfolgen, das von dem Verbraucher bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt wurde, es sei denn, mit dem Verbraucher wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart und vorausgesetzt, für den Verbraucher fallen infolge einer solchen Rückzahlung keine Gebühren an. "

Eindeutig geregelt ist in Artikel 13 Absatz 3, dass bei Kaufverträgen der Gewerbetreibende die Rückzahlung verweigern kann, solange er nicht die Ware zurückerhalten hat bzw. der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Ware zurückgesandt hat, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist. Eine Ausnahme ist die Verpflichtung des Verkäufers, die Ware selbst abzuholen. In diesem Fall dürfte die Frist ab Abholungszeitraum laufen.

Neu: Verbraucher hat die Kosten der Rücksendung zu tragen

Eine erhebliche Veränderung besteht in der Regelung, dass der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen hat. In Artikel 14 Absatz 1 Verbraucherrechterichtlinie ist insofern eindeutig geregelt:

"Der Verbraucher hat nur die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen, es sei denn der Gewerbetreibende hat sich bereiterklärt, diese Kosten zu tragen oder der Gewerbetreibende hat es versäumt, den Verbraucher darüber zu unterrichten, dass er diese Kosten zu tragen hat."

Bisher war es so, dass nur bei der Verwendung einer Widerrufsbelehrung bei einem Rücksende-Warenwert von bis zu 40,00 Euro dem Verbraucher die Tragung der regelmäßigen Rücksendekosten auferlegt werden konnten. Bei einem Rücksende-Warenwert von über 40,00 Euro bzw. bei Verwendung einer Rückgabebelehrung musste der Händler immer die Rücksendekosten tragen.

Über den Umstand, dass der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen hat, muss jedoch gesondert ausdrücklich informiert werden.

Unter Berücksichtigung der individuellen Rücksende-Quote muss künftig jeder Händler für sich entscheiden, ob er die Rücksendekosten ggf. doch übernimmt, da dies durchaus einen Wettbewerbsvorteil darstellen kann.

Wertersatz

§ 14 Absatz 2 Verbraucherrechterichtlinie regelt den Wertersatz (mal wieder). Es heißt dort:

"Der Verbraucher haftet für einen etwaigen Wertverlust der Ware nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Feststellung der Art, Beschaffenheit und Funktionstüchtigkeit der Ware nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für den Wertverlust der Ware, wenn er vom Gewerbetreibenden nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 h über sein Widerrufsrecht aufgeklärt wurde."

Mit anderen Worten: Ein Wertersatz kann auch weiterhin geltend gemacht werden, wenn der Verbraucher entsprechend der aktuellen Rechtslage unter dem Strich die Ware so benutzt, wie er es im Ladengeschäft jedenfalls hätte nicht machen können.