Venture Capital für Gründer ist knapper geworden

09.08.2001
Von Gabriele Müller
Unter dem weltweiten Kursrutsch von Technologiewerten leiden auch die Kapitalgeber. Denn die Anbieter von Venture-Capital müssen jetzt vielfach Geld nachschießen, damit ihre Beteiligungsunternehmen überleben können. Die Folge: Die Bereitschaft zu neuen Investments sinkt. Das Kapital für Gründer ist knapper geworden.

Die Geber von Beteiligungs- oder Risikokapital springen dann ein, wenn das nötige Eigenkapital zur Verwirklichung unternehmerischer Ziele fehlt. Dieses stellen sie in der Regel für fünf bis sieben Jahre zur Verfügung. Dann lösen sie ihre Beteiligung durch den Verkauf ihrer Anteile wieder auf. Hat die Geschäftsidee inzwischen Erfolg, steigt der Beteiligungswert, so dass die Venture-Capital-Gesellschaft Gewinn macht. Bleibt der Erfolg aus, muss der Risikokapitalgeber den Verlust realisieren. Und hier liegt auch der größte Vorteil für den Gründer: Er muss - anders als beim Kredit - nicht persönlich haften.

Risikokapital gibt es für verschiedene Anlässe, also beispielsweise für die Unternehmensgründung, Expansion, Übernahmen oder den Gang an die Börse. Seit Beginn dieses Jahres haben die VC-Gesellschaften deutlich weniger Mittel zur Verfügung gestellt. So investierten nach einer aktuellen Untersuchung des auf VC spezialisierten Beratungsunternehmens Mackewitz & Partner die 13 führenden Wagniskapitalgeber im ersten Quartal 2001 nur noch 126 Millonen Euro. Im Vergleich zum vierten Quartal 2002 ist das ein Rückgang um 45 Prozent. Auch die Zahl der Beteiligungen sank. Statt 106 schlossen die VC-Gesellschaften nur noch 83 Investments ab. Dabei entfielen 60 Prozent dieser neuen Beteiligungen auf Unternehmen, die bereits vorher schon Geld erhalten hatten.

Die Kapitalgeber setzten also auf Folgefinanzierungen, statt auf völlig neue Geschäftskonzepte. Zudem legen die Investoren bei der Auswahl ihrer Beteiligungen auch strengere Maßstäbe an. Fast jeder fünfte Risikokapitalgeber schloss im ersten Vierteljahr 2001 demnach gar keinen neuen Deal ab. Dies sei ein deutliches Zeichen für ein neues Qualitätsbewusstsein, meinen die Marktforscher. Weitere Ergebnisse der Befragung: Jede siebte VC-Gesellschaft reduzierte zu Beginn des Jahres die Zahl ihrer Frühphasenbeteiligungen. Jede dritte sucht inzwischen stärker nach Co-Investoren, um das eigene Risiko zu reduzieren.

Wie überzeugen Gründer VC-Geber von ihrem Vorhaben? Bevor sie sich an eine VC-Gesellschaft wenden, sollten sich Gründer gründlich vorbereiten. Dazu gehört es, die eigenen Finanzierungserfordernisse zu definieren, darzulegen, zu welcher Branche sie gehören, in welcher Unternehmensphase sie die Finanzierung benötigen und in welchem Umfang. Auch die Investitionsschwerpunkte und mögliche geografische Präferenzen sollten bekannt sein. Anschließend sollten sich Gründer informieren, welche Investitionsschwerpunkte und Auswahlkriterien Kapitalgeber haben. Eine Liste der deutschen VC-Gesellschaften sowie weiterführende Infos gibt es auf der Webpage des Bundesverbands deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) unter www.BVK-eV.de.

Erfahrungsgemäß bringt es Gründern nichts, Rundschreiben zu verschicken. Es empfiehlt sich vielmehr, sich auf die Risikokapitalgeber konzentrieren, die schwerpunktmäßig Geld für ihre Branche, Region oder Unternehmensphase bereitstellen. Obwohl fast jede Venture-Capital-Gesellschaft ihre eigenen Auswahlkriterien hat, gilt ein überzeugender Geschäftsplan im allgemeinen als Eintrittskarte für Gesprächsverhandlungen. Dieser Business-Plan sollte in jedem Fall klar strukturiert sein und optisch einen guten Eindruck hinterlassen.

"Das selbständige Erstellen des Plans ist ein erster wichtiger Beweis für tatsächlich vorhandenen Unternehmergeist", sagt beispielsweise Christian Claussen, Partner der Münchner Techno Venture Management GmbH (TVM). Damit sie wissen, worauf es ankommt, empfiehlt er Gründern amerikanische Literatur, zum Beispiel "VC Investing" von David Gladstone. Im Business-Plan müssten sich ein gutes Marktverständnis sowie Produkte oder Dienstleistungen widerspiegeln, "die beim Kunden Schmerzen stillen - also Lösungen für drängende Probleme anbieten", meint Werner Schauerte, Geschäftsführer der DVCG Deutsche Venture Capital Gesellschaft mbH, einem Partnerunternehmen der Deutschen Bank.

Als mindestens ebenso wichtig wie der Business Plan wird die Qualität des Managements eingestuft. Aber keine Angst, wenn am Anfang nicht für jeden Bereich Experten mit im Boot sitzen. Die lassen sich – zum Teil auch nach eingehender Beratung - noch später anwerben. Längerfristig muss es aber in jedem Unternehmen Spezialisten geben, die in der Lage sind, das Geschäftsmodell praktisch umzusetzen und Geld damit zu verdienen. Geld verdienen wollen auch die Venture-Capital-Gesellschaften. Deshalb ist für sie auch immer ein wesentlicher Aspekt, wann und wie sie ihre Beteiligung wieder möglichst gewinnbringend verkaufen können. Das Schlagwort lautet Exit-Potenzial. Am vielversprechendsten war bisher ein Börsengang. Durch die Ausgabe von Aktien konnten viele Unternehmen weiteres Wachstum finanzieren und die Risikokapitalgeber der ersten Stunde mit einer stattlichen Rendite für ihr Engagement entlohnen.

Doch angesichts der weltweiten Börsenflaute und einer anhaltend schlechten Stimmung für Neuemissionen traut sich derzeit kaum noch ein junges Technologieunternehmen aufs Parkett. Auch so genannte Trade Sales, das sind Veräußerungen an strategische Investoren, finden kaum noch statt. Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig verwunderlich, dass die einstigen Lieblingssparten der VC-Geber zumindest bei der Frühfinanzierung zusehends in den Hintergrund treten. Zu den bevorzugten Investments zählten noch 1999 Unternehmen der Computer- und Softwarebranche, Kommunikationstechnologien, Maschinenbau, Biotechnologie und Konsumgüter.

In neue Technologien, also Informations-, Kommunikationstechnologien, Biotechnologie und Medizintechnik flossen nach Informationen des Bundesverbands deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften zu dieser Zeit insgesamt 45 Prozent aller Bruttoinvestitionen. Bei der aktuellen Befragung durch Mackewicz & Partner gaben 60 Prozent der VC-Geber Life-Sciences als einen von drei Investitionsfavoriten an. Auf Platz zwei landeten Software-Unternehmen, auf Platz drei Telekommunikationsanbieter.

In den ersten drei Monaten dieses Jahres war die Rangfolge noch etwas anders verteilt. Da profitierten Internet-Services von jedem vierten Investment. Ein Viertel des Risikokapitals ging an Softwareentwickler und ein Sechstel an Biotech-Gründer. Nach einhelliger Meinung von Experten ist das Marktpotenzial an Risikokapital in Deutschland im Vergleich zur Wirtschaftskraft insgesamt noch zu klein. Hemmend wirkt hier das Fehlen großer Kapitalgeber außerhalb des Bankensektors und die geringe Internationalisierung des Beteiligungskapitalmarktes. Die Förderung des Risikokapitalmarktes ist deshalb in unverändertem Umfang erforderlich, insbesondere um ausreichend Wagniskapital für kleine und mittlere Unternehmen bereitzustellen.

Was bedeutet eine Unternehmensbeteiligung in der Praxis? Ein Gründer muss sich darüber im klaren sein, dass die Risikokapitalgeber Anteile oder Aktien einer nicht börsennotierten Gesellschaft übernehmen. Je nachdem, welche Vereinbarungen getroffen werden, können diese Mitanteilseigner dann auch Einfluss auf konkrete Geschäftsentscheidungen nehmen. Die finanziellen Mittel werden in der Regel für einen fest umrissenen Zeitraum zur Verfügung gestellt. Danach möchte die VC-Gesellschaft ihre Anteile möglichst gewinnbringend wieder verkaufen. Da ein Geschäftserfolg den Beteiligungswert erhöht, hat jede VC-Gesellschaft ein vitales Interesse daran, dass ihr Beteiligungsunternehmen wirklich floriert.

Als weitere Variante ist denkbar, dass ein Risikokapitalgeber nur eine so genannte Stille Einlage leistet. In der Regel bestehen Minderheitsbeteiligungen. Dabei gibt es keine aktive Einflussnahme der Beteiligungsgesellschaft. Es empfiehlt sich dennoch, genau festzulegen, welche Informations- beziehungsweise Mitwirkungsrechte die Beteiligungsgesellschaft hat. Diese erwartet in der Regel eine turnusmäßige Berichterstattung zur Entwicklung des Unternehmens. Wenn sie es für notwendig hält, wird die Beteiligungsgesellschaft dem Management eine externe Beratung nahelegen.

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