Pilotausbildung beim DID in Barsinghausen:

VDRZ packt "Post-Paket" praktisch an

01.06.1979

HANNOVER (gw) - "Einführung in Rechnernetze und Paketvermittlung", unter diesem Titel veranstaltete das Deutsche Institut für Datenservice e. V. (DID) im VDRZ (Verband Deutscher Rechenzentren) Anfang Mai in Barsinghausen bei Hannover (Deister) ein Zwei-Tage-Seminar (siehe COMPUTERWOCHE vom 11. 5. 79). Mehr als 60 Geschäftsführern und meist leitenden Mitarbeitern von Rechenzentren, Vertretern von DV-Herstellern und der Öffentlichen Hand wurden in sieben Fachreferaten die Grundlagen von Rechnernetzen und die wesentlichen Elemente der Paketvermittlung vorgetragen.

Höhepunkt des ersten Tages war das Referat von G. Giller vom Bundespostministerium (Referat 242) über die Einführung des paketvermittelnden Datexdienstes (Datex-P) Tritte 1980 durch die Deutsche Bundepost (DBP). Giller wählte die Plattform des DID, um auch einer breiteren Öffentlichkeit die Planungen der Post zur volumenabhängigen Tarifierung des Hauptanschlusses für Direktruf (HfD) vorzustellen. Zuvor hatte Dr. Peter Schnupp von der Softlab GmbH in München mit dem Referat "Rechnernetze und ihre Benutzerschnittstellen" in die Grundproblematiken von Rechnernetzen Oberhaupt eingeführt.

Feldversuche sind nötig

Heinz Sarbinowski (GMD - Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung, Institut für Datenverarbeitung, Darmstadt) berichtete am 2. Tag über Normungsbemühungen in den höheren Protokollebenen. Er zeigte mit aller Deutlichkeit, daß ohne umfangreiche Feldversuche wie dem des von BMFT (Bundesministerium für Forschung und Technologie) geförderten Gemeinschaftsprojektes "Pilotanwendungen des öffentlichen Datenpaketvermittlungsdienstes für den Verbund zwischen Service-Rechenzentren und RZ-Kunden" keine komplexen Normen zu erreichen sind. Oder doch nur sehr schwierig.

Wirklicher Höhepunkt war zweifelsohne die Panel-Diskussion über "Möglichkeiten der Dialogverarbeitung für den Anwendungspraktiker" im Zusammenhang mit Datenfernverarbeitung und vorgelagerten dialogorientierten Kleinrechnersystemen.

Die Leitung dieses Panels wie insgesamt des Seminars lag in den Händen von VDRZ-Projektleiter D. Steuer, der die Teilnehmer im abgestimmten Wechsel durch Theorie, praxisnahe Ausführungen, Projektinformation und Diskussion führte. Der neue VDRZ-Mann (von der Preussag in Hannover angeheuert) wußte die DID-Seminaristen von Barsinghausen vor allem bei den künftigen Kosten gekonnt zu beruhigen: "Die Preise für das Paket Switching werden sinken, weil auch die Gesamtsysteme hierfür nach Hardware, Software und der Gesamtkonzeption zu betrachten sein werden."

In einem arbeitsintensiven Gebühren-Workshop am Nachmittag des zweiten Schulungstages konnten sich die Teilnehmer selbst davon überzeugen. Bei einer teils komplizierten Gegenüberstellung von Grund-Gebühren für Fernsprechnetze, HfD, Datex-Leitung und Datex-P (= Paketvermittlung) mochten die Zuhörer Steuer (und seinem Co-Referenten Bernd Kistner, Softlab München) nicht so recht folgen. Mußte Kistner abschwächen: "Datex-P ist dreimal so teuer, aber plausibel und doch nicht so sehr hoch."

Dennoch: Bei errechneten 5000 oder 11 000 Mark für monatliche Teilnahme an der DBP-Daten-Paketvermittlung schien da manchem RZ-Mann schon in Barsinghausen der Appetit hieran zu vergehen. Einer davon: "Da ist doch noch keine Mark Umsatz drin. Das können wir doch unseren Kunden gar nicht zumuten."

Von Herstellern abhängig

So zeitlastig tagsüber das Seminar ablief - auch spät am Abend noch mochten die meisten Teilnehmer vom Hören und Informiert-werden nicht lassen: Da traf sich die "Papa"-Gruppe innerhalb der VDRZ-Mitgliedschaft; das sind diejenigen Rechenzentren, die am vereinseigenen Projekt "Pilotanwendung Paketvermittlung" teilnehmen. Es wird mit 12

Millionen Mark vom BWT gefördert. Allgemein übliches "Codewort": X-25.

Vergessen waren Fragen nach der Ländergenehmigung, nach einer "Normung für eine freizügige Kommunikation unter dem Druck der Kompatibilität" (Sarbinowski) und nach den Schnittstellen. Wieder ging es um Kosten - wer also was an Förderung als Pilotanwender bekommt. Und es ging um den oder die Hersteller: "Von einem sind wir eben abhängig", so ein RZ-Vertreter.

Der VDRZ ist auch hier im Gespräch - mit Nixdorf, Hewlett-Packard, IBM, Siemens, NCR und Honeywell-Bull. Die COMPUTERWOCHE fragte einen davon nach seiner Meinung: Walter Seemann, Leiter Marktentwicklung Computer-Systeme bei Hewlett-Packard in Frankfurt, antwortete dann so: "Wir stehen der X-25 positiv gegenüber. Das kommt unserer Philosophie sehr entgegen, und wir fühlen uns bei der Post sehr wohl." Und: ",Papa' kann mit unserer Unterstützung rechnen. Denn aus der Sicht des Anwenders ist bei der X-25 die Auswahl der Hardware größer." Was dem HP-Mann aber am wichtigsten ist: "Die DBP hat die Verantwortung."