Gutachter sehen Wettbewerb in Gefahr

VATM fordert mehr Regulierung im TK-Markt

09.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) hat zwei Gutachten zur "Marktbeherrschung und Marktabgrenzung auf Telekommunikationsmärkten" vorgestellt. Danach kann ein Wettbewerb auf Dauer nur funktionieren, wenn die bestehende Entgeltregulierung weiterentwickelt wird.

Da die Deutsche Telekom in bestimmten Bereichen des hiesigen Telekommunikationsmarkts nach wie vor eine beherrschende Position innehat, steht der Wettbewerb noch auf sehr wackligen Füßen, so das Fazit der beiden im Auftrag des VATM erstellten Gutachten. Allein im Ortsnetz habe die Telekom einen Marktanteil von 98 Prozent, aber auch in anderen Segmenten - etwa dem DSL-Markt - beständen Möglichkeiten zu Dumping und Quersubventionierung. Hinzu komme, dass sich durch die Zunahme des Innovations- und Marketing-Wettbewerbs die Markteintrittsbarrieren für die Konkurrenten der Telekom erhöht hätten.

In den meisten Marktsegmenten herrsche zwar ein mehr oder weniger lebhafter Wettbewerb. Dieser sei jedoch im Wesentlichen auf die bisherige Regulierung des Telekommunikationsmarkts zurückzuführen, so die Autoren des Doppelgutachtens zur wirtschaftlichen und rechtlichen Situation des deutschen TK-Markts. Der Forderung der Telekom nach weniger Regulierung dürfe man daher auf keinen Fall stattgeben.

Das könne "fatale Folgen" für den Wettbewerb haben. Denn die neuen Konkurrenten gingen bei ihren Investitionen - geplant sind Ausgaben in Höhe von insgesamt 6,5 Milliarden Mark - davon aus, dass der ehemalige Monopolist hinreichend überwacht werde. Laut VATM-Präsident Joachim Dreyer droht ein Rückzug der Unternehmen vom deutschen Markt, wenn die Regulierungsbehörde ihren Aufgaben als Aufsichtsorgan nicht mehr in vollem Umfang nachkomme.

Hintergrund der Diskussion ist ein Antrag, in dem die Telekom ihre Entlassung aus der Entgeltregulierung in bestimmten Teilmärkten fordert. Konkret geht es um Märkte, in denen das Unternehmen seiner Ansicht nach keine beherrschende Stellung mehr besitzt - etwa Ferngespräche in die USA, Dänemark und die Türkei. Im letzten Fall hat die Regulierungsbehörde dem Antrag inzwischen stattgegeben: Die Telekom darf ihre Preise für Ferngespräche in die Türkei ab sofort selbst festlegen.

Der VATM hält diesen Beschluss für eine klare Fehlentscheidung. Laut Dreyer besitzt die Telekom in der Türkei einen Marktanteil von 33 Prozent. Von einem funktionierenden Wettbewerb könne daher keine Rede sein. Dem Gutachten zufolge sollte die Einteilung in regionale Märkte ohnehin keine Basis für die Regulierung sein. Es sei extrem aufwändig, Regionalmärkte wie zum Beispiel die Türkei zu definieren und dann zu entscheiden, ob die Regulierung in dem jeweiligen Teilmarkt erforderlich ist. Die damit verbundenen komplexen Markt- und Kostenanalysen für die einzelnen Segmente seien administrativ kaum zu bewältigen. Dadurch sei die Regulierung nicht im notwendigen Umfang einzuhalten.

Aber auch Bündelprodukte, die regulierungspflichtige und nichtregulierungspflichtige Entgeltkomponenten enthalten, behindern die Regulierungsarbeit, so der VATM. Sie ermöglichten es der Telekom, Expansionsmaßnahmen durch Gewinne auf Teilmärkten quer zu subventionieren und die Konkurrenz mit Dumping-Preisen aus dem Markt zu drängen.

Abb: Tägliche Gesprächsminuten der Telekom-Konkurrenten

Benachteiligt sehen sich die privaten Anbieter vor allem bei der Abrechnung von Call-by-Call-Telefonaten durch die Deutsche Telekom. Die Inkasso-Bedingungen sind entscheidender Faktor für das Fortbestehen der Call-by-Call-Angebote der Telekom-Konkurrenten. (Quelle: Dialog Consult-/VATM-Analysen)