Siemens-Tochter Vascom strebt Flächendeckung bei Mehrwertdiensten an:

Value Added Services stützen sich auf OSI

16.06.1989

MÜNCHEN (CW) - Die Vascom GmbH ist offiziell als Privater Anbieter ins Geschäft der Mehrwertnetze und -dienste eingestiegen. Als hundertprozentige Siemens-Tochter bietet sie jetzt nicht mehr nur der Mutter, sondern auch anderen Unternehmen Value Added Services auf der Basis des weltweiten Siemens-Netzes an.

"In die Wiege gelegt", so Geschäftsführer Gerhard Bergmann, wurde der Vascom das weltumspannende Netz der Muttergesellschaft als sie vor einem Jahr ins Leben gerufen wurde. Es reicht in 50 Länder, zählt 400 Standorte und verbindet 80 000 Terminals. Damit will sich das Unternehmen aber keineswegs zufriedengeben. Vielmehr strebe Vascom, so Bergmann, spätestens bis zur Schaffung des EG-Binnenmarktes eine flächendeckende elektronische Daten- und Nachrichtenübertragung in Europa an.

Noch in diesem Jahr 30 Großstädte angeschlossen

Zu diesem Zweck baut der VAN-Anbieter sein Netz auf der Basis des Hochleistungs-Paketvermittlungssystems EWSP von Siemens aus. Noch in diesem Jahr sollen 30 Großstädte in der Bundesrepublik und Nachbarländern über das neue Datennetz verbunden werden. 1990 soll die Zahl verdoppelt und bis in drei Jahren alle deutschen Großstädte angeschlossen werden. In Europa wird sich die Vernetzung laut Bergmann auf 13 Länder erstrecken. Außerdem werde parallel dazu in den USA ein landesweites Netz installiert, das derzeit konzipiert wird. Insgesamt werden sich die Investitionen in den nächsten beiden Jahren laut Geschäftsführung auf rund 23 Millionen Mark belaufen.

Allerdings kann Vascom die Infrastruktur seines Netzes nicht allein stellen. "Wir mieten", so ein Vascom-Mitarbeiter, "die Standleitungen oder Satellitenverbindungen von den öffentlichen Postgesellschaften, bedienen uns aber auch der Transportwege anderer privater Anbieter." Auf den gemieteten Leitungen setzt die Vascom GmbH dann ihre Mehrwertdienste auf. Im Angebot: der system- und unternehmensübergreifende elektronische Datenaustausch "Vasedi"; der Zugriff auf Datenbanken mit "Vasinfo" sowie der weltweite Austausch von Nachrichten über den E-Mail-Dienst "Vasmail". Mit Hilfe der Schnittstelle X.400 können außerdem Telex. und Teletex-Teilnehmer erreicht werden. Als weitere Dienst-Merkmale bietet Vascom für geschlossene Benutzergruppen die Nachrichtensteuerung, Netzüberwachung sowie Fehlerbehebung an.

Zielgruppe des Dienste-Anbieters ist zunächst die Industrie, insbesondere die Automobilhersteller und ihre Zulieferer sowie Banken, Versicherungen und Behörden. Mittel- bis langfristig rechnet das Management aber mit der mittelständisch strukturierten Industrie als Hauptkunden.

Die Aussichten der Vascom im VAN-Markt beurteilt Geschäftsführer Bergmann positiv. Zum einen, weil der Markt, dessen Volumen bis 1992 auf 20 bis 25 Milliarden Dollar geschätzt wird, in Europa mit jährlichen Wachstumsraten zwischen 30 und 40 Prozent rechnen könne, zum anderen weil sich die Vascom von den Wettbewerbern abgrenze. IBM und Geisco seien, so Bergmann, an Herstellern orientiert, Vascom hingegen baue auf OSI-Standards; Infonet bediene nur Großstädte, während Vascom auch Städte ab 50 000 Einwohner anbinden werde und Meganet fehle es an vergleichbaren Netzmanagement-Diensten.

Die Post wird von der SiemensTochter nicht als Konkurrent gesehen. Eine Vascom-Mitarbeiter: "Unser Glück ist, daß die Post keinen Beratungsservice leistet." Der Kunde lege aber gerade auf die Beratung und das Diensteangebot aus einer Hand besonderen Wert. In der individuellen Beratung, dem weltweiten Netz sowie dem Siemens-Know-how verberge sich die große Chance der Vascom am VAN-Markt.