Holländische "Europe Software '83": Internationaler Besucherstrom ließ auf sich warten

Utrechter Messe baut auf solide Programmierkunst

27.05.1983

UTRECHT - Mikrocomputerprogramme waren die Renner der diesjährigen Europe Software 83 in Utrecht. Zwar überwogen nach wie vor MDT - und Mainframe-Lösungen, doch rund ein Drittel aller Exponenten zeigte bereits Produkte für kommerziellen Kleinrechnereinsatz. Konnten sich die Veranstalter trotz sinkender Besucherzahlen über eine internationale Ausstellerbeteiligung nicht beklagen, so erwies sich die holländische Software-Show dennoch einmal mehr als rein nationales Spektakel. Die Exponate erwiesen sich als solide: Sensationelles fehlte.

Beschickt wurde diese dritte Softwarebörse in Utrecht von knapp 300 Unternehmen aus dem In- und Ausland. Großbritannien und die Vereinigten Staaten präsentierten sich als stärkste ausländische Gruppe jeweils mit einem Gemeinschaftsstand. Aus der Bundesrepublik reisten In diesem Jahr zehn Direktaussteller an -vergangenes Mal wagte sich nur einer über die Grenze.

Für diese Unternehmen bot sich die Veranstaltung als willkommene Gelegenheit an, den niederländischen Markt kennenzulernen und zu testen, sofern nicht schon Kontakte zum Nachbarstaat bestehen. Mit unterschiedlichem Erfolg, so war zu hören. Die Aussteller klagten allgemein über einen ruhigen Verlauf dieser drei Messetage. Der internationale Besucherstrom ließ auf sich warten das holländische Publikum war fast unter sich.

Auch von den Produkten her gab es kaum Sensationen. Zu kurz zurück lagen Messen wie die Comtec In Brüssel, die CSS In Rotterdam, die Flanders Technology In Genf und vor allem auch die Hannover-Messe. So präsentierte sich die Palette der Exponate dann als Bild solider holländischer und internationaler Programmierkunst.

Der Rundgang in der knapp 6000 Quadratmeter großen übersichtlichen Margriethal offenbarte zudem einen guten Gesamteindruck über die Trends und Probleme unseres Nachbarmarktes.

Novitäten aus den Bereichen der Standardsoftware, Programmierten Werkzeuge und betriebsnahen Software ließen erkennen, wo In den Niederlanden Marktlücken noch ein Geschäft zu vermuten ist.

Besonders stark umworben wurde der Bereich der Banken und Versicherungen, aber auch die Dienstleistungsunternehmen galten ebensowie der kommunale Sektor mit dem Gesundheitswesen als umworbene Zielgruppe.

Auffallend, insbesondere im Sektor Bankwesen und Devisenwirtschaft, der hohe Anteil britischer und amerikanischer Software. Dies so meint ein niederländischer Manager, hänge auch mit der Sprache zusammen. Die meisten seiner Landsleute seien des Englischen mächtig und so bräuchte diese Software nicht erst übersetzt zu werden.

Rein niederländisch und von gutem Niveau präsentierte sich das Angebot aus Rechnungswesen und Administration. Die gesetzlichen und steuerlichen Vorschriften machen hier den Fremdbezug nahezu unmöglich. Planungshilfen und Statistikprogramme für Industrie und Handel rundeten das Angebot an Standardpaketen für Mikro, MDT und Mainframe ab.

Als unterpräsentiert erwies sich der Bereich der Prozeßautomatisierung und Logistik. Die Produkte, die hier zu sehen waren, stammten In der Regel aus dem Ausland, allen voran den USA und Deutschland. Auf diesem Gebiet gibt es nach Auskunft holländischer Insider nicht nur bei den Softwareherstellern einen großen Nachholbedarf.

So seien auch die niederländischen Unternehmen bislang kaum schon automatisiert - da es der Mentalität des örtlichen Managements entspreche, die Datenverarbeitung abwartend und unter Sicherheitsaspekten einzusetzen. Ähnlich stellt sich die Situation auf dem Gebiet der Tools und des Softwareengineering dar. Zwar waren auch hier gute Produkte zu sehen, aber nach Meinung vor Niederländern aus der Branche zeigte sich hier noch eine Schwachstelle die es zu schließen gelte.

Begrüßt wird deshalb auch die Aktivität der Regierung, junge und innovative Softwareunternehmen intensiv zu fördern. Ähnlich wie In der Bundesrepublik streben diese Unternehmen In dem schnell wachsenden niederländischen Softwaremarkt In Bereiche wie PC- oder CAD/CAM-Software. Als Renner dieser Messe galten wiederum Produkte für den Mikrocomputermarkt.

60 der knapp 200 Direktaussteller präsentierten Anwendungen verschiedenster Couleur.

Parallelen zum deutschen Markt ergaben sich auf dem Gebiet der Bürokommunikation. Als Prototypen schön anzusehen, zeigt sich In der Praxis drüben jedoch vielfach nur eine "aufgebohrte Textverarbeitung" (O-Ton).

Steigerungsraten, so hieß es, erwarten die Beratungsunternehmen In den Niederlanden. Auch diese Branche war In Utrecht mit ihrem Angebot vertreten. Auffallend hierbei der strikte Wunsch nach Unabhängigkeit, der darin Ausdruck findet, daß fast kein Beratungsunternehmen Standardprodukte anbietet oder verkauft.

Einen Wermutstropfen mußten indes deutsche Messegäste verdauen. Wegen zu geringer Teilnehmerzahl wurde die begleitende deutschsprachige Konferenz abgesagt - zum Bedauern der Veranstalter, die sich um ein interessantes Programm bemüht hatten, aber auch zum Bedauern der angemeldeten Teilnehmer.